Geschlossene Gesellschaft:AfD im Wahlkampfmodus

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"Für Spannung ist gesorgt", sagen die AfD-Kandidaten Peter Banholzer (links) und Tassilo Erhardt angesichts der angekündigten Gegendemos. (Foto: Gerhard Eisenkolb)

Klimawandel, Einwanderung, Ukraine-Krieg: Beim Neujahrsempfang geht es um alle Themen, die die Partei bewegen. Mit teilweise radikalen Thesen.

Von Gerhard Eisenkolb, Emmering

Der AfD-Neujahrsempfang am Freitagabend unterscheidet sich von denen anderer Parteien. Die etwa 75 AfDler bleiben unter sich. Deshalb eröffnet eine Olchingerin das Tischgespräch mit dem ihr unbekannten Journalisten im Bürgerhaus Emmering offenherzig mit der Frage, "Wie schaffen wir es, die 30 Prozent Nichtwähler für die AfD zu gewinnen?" Als sie erfährt, an wen sie geraten ist, ergänzt sie reflexartig: "Wir sind keine Nazis". Während ein Mann relativierend einwirft, die meisten Nichtwähler seien nicht so "national-liberal" wie AfD-Anhänger und daher nicht zu mobilisieren. Was Faschisten betrifft, sind dies, wie später einer der Redner sagt, die anderen, zum Beispiel die pauschal als "Ökofaschisten" abqualifizierten Grünen.

Schon bevor der Kreisvorsitzende Florian Jäger ans Pult tritt, ist beim Tischgespräch im Saal, zu dem nur Einlass findet, wer auf der Gästeliste steht, das Thema gesetzt: Die 50 Mitglieder zählende Landkreis-AfD ist im Wahlkampfmodus. Man präsentiert sich bei steigenden Mitgliederzahlen als Gewinner der Corona- und Energiekrise und als Profiteur der Zumutungen durch den Krieg in der Ukraine. Bei der Landtagswahl 2018 stimmten 10,2 Prozent für die AfD, im Stimmkreis Fürstenfeldbruck waren es 8,2 Prozent. Nun euphorisiert den Saal ein aktuelles Umfragehoch von 13 Prozent im BR 24-Bayern-Trend. Man hofft in diesem Herbst sogar auf 15 Prozent und darauf, dass die FDP aus dem Landtag fliegt und die SPD unter neun Prozent bleibt. "Wir müssen nur noch die Ernte einfahren", heißt es.

Peter Banholzer gibt sein Debüt als Direktkandidat im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost. Er nennt zwei Gründe für den Rückenwind: die Sehnsucht nach Normalität und die konservative Mehrheit. Erfolge seien jedoch nur zu erzielen, wenn man Einigkeit zeige. Laut dem Landtagsabgeordneten Ingo Hahn, der in Starnberg Kreisvorsitzender ist, gehöre es zur AfD-Normalität, den Klimawandel nicht zu verdammen. Ja, er bricht sogar eine Lanze für die Erderwärmung. In Zukunft Temperaturen wie in Italien zu haben, wäre angenehm.

Unter Deutschland-Absurdistan subsumiert der Münchner Abgeordnete Uli Henkel und Putin-Versteher, als den er sich selbst tituliert, alles, was die AfD ablehnt. Er warnt vor der Einwanderung von Afrikanern mit einem "Ziegenhirten-Diplom" aus archaischen Gesellschaften, spitzt ohne Tabus aber unter Beifall zu, wenn er gegen das Gendern hetzt und unter Gelächter von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) als Mann und von Toni Hofreiter (Grüne) als Frau spricht. Henkel gehörte zu den drei Abgeordneten, die schon mal unter Beobachtung durch den bayerischen Verfassungsschutz standen. Einer der Vorwürfe lautete, er motiviere zum Hass. Der AfD-Kreisvorsitzende, der durch den Abend führt, wurde 2022 wegen Volksverhetzung verurteilt.

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