PorträtWeiter Blick auf die Bauernhöfe

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Sabine Weindl leitet das Landwirtschaftsamt und die dazugehörige Schule.
Sabine Weindl leitet das Landwirtschaftsamt und die dazugehörige Schule. (Foto: Johannes Simon)

Man dürfe nicht alle Umweltprobleme der Landwirtschaft zuschreiben, sagt die neue AELF-Abteilungsleiterin Sabine Weindl.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Tiermedizin, das wäre es eigentlich gewesen für Sabine Weindl. „Aber ich habe den NC nicht geschafft“, sagt die 57-Jährige ohne Bedauern. Vermutlich ein Glücksfall. Denn ohnehin habe es sie eher zu den größeren Tieren gezogen. „Die Großtierpraxis war zu der Zeit aber noch männlich.“ Kleintiere hätten sie nicht so sehr interessiert, auch wegen der Halter, die ihre Tiere zu sehr vermenschlichen. Mit Landwirten komme sie besser zurecht, „und die Liebe zur Landwirtschaft war immer da“.

Ihr Vater hatte in der Oberpfalz nebenbei einen kleinen Hof mit Rindern, Schweinen, Schafen und Hühnern. Beim Nachbarn durfte sie auf dem Traktor mitfahren. Also wurde Weindl Agraringenieurin – ein Studium, das ihr vielfältige Tätigkeiten ermöglichte. Nun leitet sie seit mehr als einem Jahr die Abteilung Landwirtschaft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürstenfeldbruck (AELF). Drei Funktionen erfüllt sie dort: Weindl ist Schulleiterin, Bereichsleiterin der Landwirtschaft und als Vize-Behördenleiterin hat sie zudem hoheitliche Aufgaben, muss etwa die Einhaltung von Vorschriften kontrollieren. Im Gespräch berichtet sie von ihren Leidenschaften ebenso wie von den Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft steht.

Spannend erzählt sie, etwa aus ihrer Zeit in Kanada. 1991 verbrachte sie während des Studiums erstmals ein halbes Jahr im Frazier Valley in der Provinz British Columbia, und seither ist sie immer wieder dort gewesen. Der Milchviehbetrieb mit 160 Kühen arbeitete im Drei-Schicht-Betrieb. Ein großer Kontrast zu den Familienbetrieben in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg am Lech, für die das AELF zuständig ist. Mit ihrer Familie lebt sie in Freising.

„Das macht den Blick weit“, sagt Weindl über die Auslandserfahrungen. Im vorigen Jahr, bei einem Kongress in Calgary, „habe ich wieder neue Sachen gelernt über Kühe“. Die lebten dort bei minus 30 Grad draußen, ohne Stall und ohne Winterfutter, nur mit einem Zaun als Windschutz, und bekämen dort auch ihre Kälber. Rinder kämen mit Kälte viel besser zurecht, als wir Menschen glauben. „Das ist das Paradies auf Erden für die Tiere. Da würde ich gerne mal unsere Veterinäre hinschicken“, sagt sie und fügt hinzu: „Schrecklich, dass bei uns alles geregelt ist.“

Die hohe Regelungsdichte in Europa nennt Weindl eine der größten Herausforderungen Landwirtschaft. Eine andere: „Die kritische Sicht auf die Landwirtschaft.“ Man dürfe nicht alle Umweltprobleme der Landwirtschaft zuschreiben. Durch Straßen und Bahntrassen etwa würden Lebensräume zerschnitten, zehntausende Wildtiere beim Überqueren getötet, der Austausch zwischen den Populationen verhindert.

„Riesenfortschritte“ in der Tierhaltung

Gleichzeitig passiere schon viel. Pflanzenschutzmittel und Dünger würden gezielter eingesetzt als früher, das bewirke massive Einsparungen. Ackerwildkräuter würden wieder geduldet. In der Rinderhaltung gebe es Riesenfortschritte, sie orientiere sich am Tierwohl, und selbst bei den Schweinen gehe es weg von der Rationalisierung und ebenfalls hin zum Tierwohl.

Für die Betriebe gebe es jedoch viele Unwägbarkeiten, etwa, wenn sie einen neuen Stall bauen müssen. Denn dafür müssten sie sich auf 20, 30 Jahre hoch verschulden – ein hohes Risiko, falls der Stall nach einigen Jahren den dann geltenden Tierwohlstandards nicht mehr entspricht. Sie empfehle deshalb, nach Bio-Richtlinien zu bauen.

Weindl Folgerung: „Es gibt nicht den allein seligmachenden Weg für die Betriebe.“ Und immer gelte: Die Landwirte müssen von ihrer Arbeit leben können, gerade auch, wenn sie Leistungen für den Schutz der Umwelt erbringen. „Jemand muss für die Biodiversität bezahlen. Am Ende des Tages muss es sich rentieren, wenn ich eine Familie ernähren will.“

Die Starkregen, die der Klimawandel mit sich bringt, schädigen die Aussaat und schwemmen fruchtbaren Boden weg. Hier ein Maisfeld bei Waltenhofen im Juni dieses Jahres.
Die Starkregen, die der Klimawandel mit sich bringt, schädigen die Aussaat und schwemmen fruchtbaren Boden weg. Hier ein Maisfeld bei Waltenhofen im Juni dieses Jahres. (Foto: Johannes Simon)

Natürlich sei der Klimawandel eine große Herausforderung. „Wir sind hoch betroffen“, sagt die Agraringenieurin, von Dürren wie auch von Starkregen und Überschwemmungen, die zu Erosion führten. Weindl kennt natürlich auch dafür Lösungsansätze, die in Praxistagen den Landwirten vermittelt werden, wie das Mulchen von Kartoffeläckern, das viele Vorteile habe. Es fördert das Bodenleben, kühlt die Erde und hält sie feucht und wirkt als Dünger.

Ihre vielfältige Expertise brachte sie nun ans AELF, nach Stationen als Betriebshelferin schon während des Studiums, an Ämtern in Oberbayern und der Oberpfalz, als Redenschreiberin im bayerischen Landwirtschaftsministerium. Zwischendurch absolvierte Weindl eine pädagogische Ausbildung, weshalb sie auch unterrichten darf. Die längste Zeit ihres Berufslebens, fast 20 Jahre, war sie an der Landesanstalt für Landwirtschaft tätig.

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