Adventskalender für gute Werke:Vier Wände für ein neues Leben

Mit Unterstützung des SZ-Hilfswerks hat der Verein Sprint drei Wohnungen eingerichtet, in denen Menschen lernen, den Alltag selbständig zu meistern

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Adventskalender-Rückblick

Schrank, Teppich, Tisch und Sofa. Die Einzimmerwohnungen sind mit allem ausgestattet, was es braucht.

(Foto: Günther Reger)

Jahr für Jahr unterstützt der SZ-Adventskalender bedürfte Menschen im Landkreis dabei, sich längst notwendige Anschaffungen leisten oder sich einmal einen kleinen Wunsch erfüllen zu können. Aber auch soziale Einrichtungen erhalten Geld, um Aufgaben zu stemmen, die sie sich sonst nicht oder nur schwerlich leisten könnten. In den kommenden Wochen werden die Lokalredaktionen der Süddeutschen Zeitung wieder über Einzelschicksale und soziale Projekte berichten. Zum Auftakt folgt ein Blick zurück - und zwar auf das, was das Spendenhilfswerk der SZ im vergangenen Jahr Dank der großzügigen Unterstützung und Spendenbereitschaft der Leser alles im Landkreis Fürstenfeldbruck bewirken konnte.

So hat der SZ-Adventskalender dem Verein "Sprint" die Einrichtung von drei Ein-Zimmer-Wohnungen ermöglicht. Seit Januar können dort drei Erwachsene betreut werden, die Hilfe auf dem Weg in ein eigenständiges Leben benötigen, weil sie alleine den Alltag nicht bewältigen können. "Die Klienten besitzen oft kaum etwas. Deshalb haben wir die Wohnungen mit allem Nötigen eingerichtet: Schränke, Teppiche, Betten, Waschmaschine, einem Tisch. Eben allem, was man braucht", sagt Birgit Sauter, die bei Sprint für das betreute Einzelwohnen zuständig ist. Ziel des Projekts ist es, dass die Klientel nach einer gewissen Zeit in eine eigene Wohnung ziehen können. Wie lange das dauert, könne man schwer voraussagen, so Sauter. Von ein bis zwei Jahren könne man jedoch schon ausgehen. Aktuell sind alle drei Wohnungen vergeben, die laufenden Kosten werden vom Bezirk getragen. Probleme, die Wohnungen zu vergeben, gibt es freilich nicht. Vielmehr ist der Bedarf höher als das Angebot.

Die optimale Nutzung begrenzter Ressourcen gehört für den Verein Sprint zum Alltag. Seit mehr als 20 Jahren hilft die Einrichtung, deren Name für "Sozialpädagogische Resozialisierungs- und Integrationsangebote" steht, Menschen in Ausnahmesituationen. Begonnen hat es mit jugendlichen Straftätern, inzwischen aber ist das Angebot breit gefächert und auf alle Altersgruppen ausgedehnt.

Die Betreuung, die Sozialpädagogin Sauter in dem Wohnprojekt leistet, ist engmaschig. "Ich besuche die Klienten normalerweise zwei Mal pro Woche in der Wohnung und schaue, wie sie zurecht kommen. Ich helfe ihnen bei der Wäsche, beim Ordnung halten, erstelle mit ihnen Finanz- und Haushaltspläne, gehe mit ihnen einkaufen." Denn all diese Dinge, die für viele Menschen so selbstverständlich scheinen, stellen die Bewohner vor unlösbare Herausforderungen. Oft sind es Depressionen, Zwänge, Ängste oder andere psychische oder körperliche Probleme, die dafür verantwortlich sind. Deshalb kommt zur Alltagshilfe durch Sauter noch eine engmaschige medizinische und gegebenenfalls psychologische Betreuung hinzu. Die Bereitschaft, sich darauf einzulassen gehört genauso zu den Aufnahme-Voraussetzungen wie die aktive Teilnahme an der Betreuung. "Es gibt auch Menschen, die in einer komplett betreuten Wohngemeinschaft besser betreut werden können", sagt Sauter.

Momentan begleitet sie drei ganz unterschiedliche Menschen. Der erste Klient ist ein 25-Jähriger der aus einer betreuten Wohngemeinschaft zu Sprint gekommen ist. Nachdem er einen Ausbildungsvertrag im kaufmännischen Bereich bekommen hat, konnte er in eine der Wohnungen ziehen. "Zuerst habe ich ihm gezeigt, wohin er fahren muss und welche Karte er braucht", erzählt Sauter. Es ist ein Beispiel dafür, dass Betroffene oft Angst vor neuen Umgebungen haben. "Mit ihnen muss man dann in ihrer neuen Umgebung beispielsweise erst einmal in die Supermärkte gehen, mit ihnen alle Gänge anschauen und ihnen genau zeigen, wo sie das, wonach sie suchen, auch finden." Nur so könne man ihre Ängste langsam abbauen, damit sie die Aufgaben irgendwann alleine übernehmen können. Mit dem 25-Jährigen hat Sauter auch geübt, Wäsche zu waschen, sie richtig zu sortieren. Auch ein Einkaufsplan gehört zum Programm. "Das ist ein junger Bursche, da achtet man natürlich nicht immer unbedingt auf gesunde Ernährung." Sauters Hoffnung ist, dass der junge Mann nach dem Abschuss seiner Ausbildung dann auch selbständig eine eigene Wohnung beziehen kann.

Auch für den zweiten Klienten hat Sauter mittlerweile eine kleine berufliche Beschäftigung gefunden. Ein wichtiger Schritt, hatte er zuvor Probleme eine geregelte Tagesstruktur zu schaffen. Ein Problem, das Sauter gut kennt. "Gerade bei Depressionen kann es vorkommen, dass die Menschen keinen richtiger Tag-Nacht-Rhythmus mehr haben." Die Betroffenen bleiben dann oft nachts lange wach und stehen entsprechend spät auf. Erst wenn das in den Griff bekommen wird, kann der nächste Schritt - eine Beschäftigung - angegangen werden.

Bereits seit vielen Jahren leidet der dritte Klient an einer schweren psychischen Erkrankung, aufgrund derer er Berufsunfähigkeitsrente bezieht. Das Leben in der Wohnung wird deshalb gerade durch einen Klinikaufenthalt unterbrochen. Sauters Ziel ist es zu versuchen, ihn danach langsam wieder an eine Arbeit heranzuführen. Davor allerdings muss sie sich erst einmal darum kümmern, dass er nach der Rückkehr nicht wieder in ein Loch fällt, sondern direkt weiter gut versorgt ist. "Ich besuche ihn regelmäßig, schaue nach der Wohnung und kümmere mich darum, dass alle Termine für die Zeit nach dem Aufenthalt ausgemacht sind.

Viele der Schritte, die Sauter gemeinsam mit ihren drei Klienten geht, haben nichts mit Sozialpädagogik im engeren Sinn zu tun. Vielmehr beschreibt sie ihre Aufgabe mit dem geradezu poetischen Satz: "Ich zeige ihnen eben das Leben".

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