Süddeutsche Zeitung

Fünf für München:Räume, Rohre und andere Botschaften

Jiréh Emanuel sorgt sich um People of Color, die aus der Ukraine flüchten, Benedikt Hartl hat eine Idee für die Nord-Stream-2-Rohre und Horst Rückert forscht über das Luisengymnasium - die Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Michael Bremmer, Sabine Buchwald, Ornella Cosenza, Korbinian Eisenberger und Sonja Niesmann

Sichere Räume für Geflüchtete

Unter den Ukrainern, die in diesen Tagen vor dem Krieg fliehen, sind auch schwarze Menschen und People of Color. In den sozialen Netzwerken berichteten Betroffene, dass sie Rassismus und Diskriminierung in den Grenzgebieten erfahren haben. "Diese Menschen wurden in der Ukraine davon abgehalten, in Züge zu steigen, sie wurden an Bahnhöfen in der Kälte zurückgelassen. Das darf nicht sein", sagt Aktivist Jiréh Emanuel. Jeder habe das Recht auf Sicherheit. Um die Schutzsuchenden zu unterstützen, hat er mit der Initiative Noirsociety und dem Arbeitskreis Panafrikanismus einen Spendenaufruf gestartet. "Wir organisieren Abholung, sichere Unterkünfte und Zugang zu medizinischer Versorgung. Es sind vorwiegend junge Menschen aus afrikanischen Ländern, die zum Studieren in der Ukraine waren. Wir wollen ihnen auch helfen, die Ausbildung in München fortzusetzen." Am 19. März findet in der Glockenbachwerkstatt ein Fundraising-Event dazu statt. Über Noirsociety erhält man Informationen.

Schlafkojen in Pipelinerohren

Er wollte den Buckingham Palace in Sozialwohnungen verwandeln und den Berliner Flughafen BER als Corona-Klinik nutzen. Nun stellt der Münchner Architekt Benedikt Hartl sein drittes Konzept vor, bei dem es weniger um die Verwirklichung geht, als um eine politische Botschaft. Anlässlich des russischen Kriegs in der Ukraine schlägt der 35-Jährige diesmal vor, Teile der Pipeline Nord Stream 2 abzubauen und in Schlafkojen für internationale Gäste zu verwandeln. Die Kojen sollen aus im Meer verlegten Pipelinerohren gefertigt werden. Der Durchmesser von 115 Zentimetern "ist grade so groß, dass man angenehm darin liegen kann", sagt Hartl. Aus 582 Metern Rohren der 1234 Kilometer langen Erdgaspipeline von Russland nach Deutschland sollen dem Plan Hartls zufolge 194 Kojen entstehen. Diese Kojen sollen auf dem Gelände der deutschen Anlandestation in Lubmin bei Greifswald zu einem "Zentrum für Völkerverständigung" umgebaut werden. Per Zufallsgenerator soll jeden Monat an je einen Menschen pro Staat auf der Erde eine Koje verlost werden. Gewinn: Ein kostenloser einmonatiger Aufenthalt zum Ziel, Menschen verschiedener Klassen, Kulturen, Religionen und Nationen zusammenzubringen", sagt Hartl, der für das Münchner Opposite Office arbeitet. Auf dem - dann - ungenutzten Gelände der Erdgas-Anlandestation sollen Gebäude zu etwa einer Versammlungshalle, einer Fremdsprachenschule, Werkstätten und Galerien umgebaut werden. Hartl: "Statt einer Versammlung von Top-Diplomaten und Staatenlenkern erwächst eine Vollversammlung der kleinen Leute, der Bürgerinnen und Bürger dieser Welt."

Krimi im Landtag

Ein Student der ehrwürdigen, einst von König Max II. gegründeten Studienstiftung Maximilianeum verschwindet. So beginnt der Krimi "Maximilianeum", der am 17. März erscheint. Die Auflösung des Falles führt tief in die Katakomben des traditionsreichen Gebäudekomplexes, in dem der Bayerische Landtag seinen Sitz hat, verspricht Autor Gerhard Hopp. Am Schauplatz sollte er sich auskennen: Seit 2013 sitzt Hopp, Jahrgang 1981, für die CSU im Landtag. Er studierte Politikwissenschaften, Amerikanistik, Geschichte sowie Ost-West-Studien; "Maximilianeum" ist bereits sein zweiter Krimi.

Forschung im Keller

Das Münchner Luisengymnasium kann in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiern. Das Gymnasium wurde 1822 gegründet, es ist die älteste kommunale Schule der Stadt. Das Gründungsjubiläum war Anlass, zurückzublicken auf die bewegten Zeiten dieser Institution und ihre Geschichte aufschreiben zu lassen. Mit Horst Rückert, 71, fand man einen kompetenten Autor, der die Schule selbst als Lehrer kennengelernt hat und große Lust verspürt hat, die Vergangenheit seiner ehemaligen Wirkungsstätte zu recherchieren. Der promovierte Historiker unterrichtete von 1979 bis 1990 die Fächer Geschichte, Deutsch, Sozialkunde und Ethik. Von 2009 an war Rückert noch einmal drei Jahre als Mitarbeiter im Direktorat tätig. Vor Kurzem ist nun seine mehr als 430 Seiten starke Chronik erschienen. Sie zeichnet wohlwollend, aber nicht unkritisch den Weg dieser traditionsreichen, ehemals elitären Bildungseinrichtung nach - von den Anfängen als Höhere-Töchterschule über die Anpassung in der NS-Zeit bis hin zum modernen musisch-neusprachlichen Gymnasium, das seit 1969 auch Jungen offensteht. Grundlage der Recherche waren für Rückert Dokumente aus dem Münchner Stadtarchiv. "Eine unerschöpfliche Fundgrube", wie er in seinem Vorwort schreibt. Er sprach mit ehemaligen Kollegen und verwertete die vielfältigen Erinnerungen von Alumni. Viele Stunden verbrachte Rückert im Keller des Neubaus der Schule, wo er in Schülerakten, Schüler- und Abiturzeitungen blättern durfte. Zudem erhielt er viele private Dokumente für sein Buch. Erhältlich ist es für 20 Euro über die Initiatoren und Herausgeber: info@studiengenossenverband.de.

Musik für die WG

Jordan Prince hat die Filmmusik für die Serie "Wrong - unzensiert" geschrieben. Zu sehen ist die Comedy-Mockumentary über eine Hamburger WG seit vergangener Woche auf RTL+. Prince studierte in New Orleans Film. Seit 2016 lebt er in München, dreht Kurzfilme und schreibt Musik für Werbespots. Seine eigene Musik brachte ihm nun den Auftrag für die Serie. David Helmut, Regisseur von "Wrong", hörte Princes Album "Simple Swimmer" und unterbreitete ihm ein Angebot. Geholfen hat Prince seine WG-Erfahrung. Seine Erkenntnis: "Jemand wird immer dein Bier stehlen."

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