Nachruf auf Friedrich SchreiberEr hielt die Erinnerung an die Todesmärsche wach

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Friedrich Schreiber, im Jahr 2001.
Friedrich Schreiber, im Jahr 2001. (Foto: Imago/Sven Simon)

Der ehemalige Nahost-Fernsehkorrespondent, von Anfang an aktiv in der Initiative „Gedenken im Würmtal“, ist 92-jährig gestorben.

Von Walter Gierlich

Als Fernsehkorrespondent in Israel von 1988 bis 1996 war Friedrich Schreiber sehr vertraut mit dem Thema Holocaust und dem Trauma, unter dem viele der Überlebenden und ihre Angehörigen leiden. So muss es nicht erstaunen, dass der im Würmtal bei München lebende Journalist sich im Ruhestand begeistert an der Initiative beteiligte, mit Mahnmalen an den Todesmarsch vom Konzentrationslager Dachau in Richtung Alpen zu erinnern. Am Dienstag ist Schreiber „im Alter von 92 Jahren im Kreis seiner Familie friedlich eingeschlafen“, wie der im Jahr 2007 von ihm gegründete Verein „Gedenken im Würmtal“, dessen Vorsitzender er bis 2018 war, mitteilt.

Initiiert wurde dieses Gedenken von der Gemeinde Gauting, wo bereits 1989 auf Betreiben von Bürgermeister Ekkehard Knobloch das erste Todesmarsch-Denkmal des Bildhauers Hubertus von Pilgrim errichtet worden war. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland engagierte sich Schreiber von 1997 an im Umfeld seines Wohnorts Lochham intensiv für das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus. „Unter dem Motto ,Denkmale lebendig machen‘ mobilisierte er 1998 uns und viele andere Bürgerinnen und Bürger zu einem ersten Gedenkzug entlang eines Teilstücks der Strecke des Todesmarsches, um an die Leiden und Opfer dieser Tortur aktiv zu erinnern“, teilt Hans-Joachim Stumpf vom Vorstand des Vereins „Gedenken im Würmtal“ mit.

Mit dabei waren bei diesem ersten Gedenkzug auch die Holocaust-Überlebenden Zwi Katz, Max Mannheimer und Abba Naor. In den folgenden Jahren gelang es Schreiber immer wieder, KZ-Überlebende aus Israel, die er in seinen Korrespondentenjahren dort kennengelernt hatte, mit ihren Familien zur Teilnahme an den Fußmärschen durch das Würmtal vom Gräfelfinger Ortsteil Lochham bis Gauting zu bewegen. „So ehrten jährlich einige Hundert engagierte Bürgerinnen und Bürger des Würmtals, darunter auch viele junge Menschen, immer am Vortag der Befreiungsfeier von Dachau gemeinsam mit ihren – inzwischen befreundeten – israelischen Mitmarschierern die Opfer und Überlebenden des Todesmarsches“, so Vereinsvorstand Stumpf.

Friedrich Schreiber (links) 2011 beim Mahnmal in Lochham, wo der Gedenkzug startet, mit seinem Freund Zwi Katz (Mitte) und Christoph Göbel, damals Bürgermeister von Gräfelfing.
Friedrich Schreiber (links) 2011 beim Mahnmal in Lochham, wo der Gedenkzug startet, mit seinem Freund Zwi Katz (Mitte) und Christoph Göbel, damals Bürgermeister von Gräfelfing. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der 1932 in München geborene Schreiber hatte in den Fünfzigerjahren Volkswirtschaft und Politische Wissenschaft in München und den USA studiert und zunächst bei der EWG-Kommission in Brüssel gearbeitet, ehe er 1964 als Fernsehjournalist zum Bayerischen Rundfunk ging. Nach dem Wechsel in den Ruhestand hat er über die Gräuel in den Außenlagern des KZ Dachau und bei den Todesmärschen recherchiert. „Als authentische Quelle dienten ihm dabei auch die Berichte seines engen Freundes Zwi Katz über dessen persönliche Leidensgeschichte im KZ-Außenlagerkomplex Kaufering“, schreibt Stumpf. Für Friedrich Schreiber war es besonders wichtig, „den Stab der Erinnerung an die Jugend zu übergeben“, wie er sein gemeinsames Wirken vor Schülern und Jugendlichen mit dem in diesem Juni in Israel verstorbenen Katz charakterisierte.

Er machte sich erfolgreich dafür stark, an weiteren Orten Bronzeabgüsse von Pilgrims Mahnmalen zur Erinnerung an die Todesmärsche aufzustellen. Für sein Engagement wurde Schreiber 2015 mit der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber ausgezeichnet. Die Beerdigung findet am Freitag, 20. September, um 14 Uhr auf dem Friedhof Gräfelfing statt.

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