Staatsbibliothek erwirbt seltene FarbholzschnitteWie Hundertwasser nach München kam

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„Spectacles in the small face“ heißt dieser Farbholzschnitt aus der Serie „Nana Hyaku Mizu“. Entstanden ist das Blatt im Jahr 1968.
„Spectacles in the small face“ heißt dieser Farbholzschnitt aus der Serie „Nana Hyaku Mizu“. Entstanden ist das Blatt im Jahr 1968. (Foto: © 2025 NAMIDA AG, Glarus/Schweiz; Bayerische Staatsbibliothek)

Die Bayerische Staatsbibliothek in München ersteigert eine Mappe mit Farbholzschnitten von Friedensreich Hundertwasser und erweitert ihre Künstlerbuch-Sammlung um ein zentrales Werk des Österreichers.

Von Evelyn Vogel

Man muss nur den Namen Friedensreich Hundertwasser nennen, und die meisten Menschen denken an Bilder mit leuchtend bunten und unregelmäßig spiralförmigen Farbstrukturen oder an Häuser ohne rechte Ecken und gerade Kanten, dafür mit schrägen Wänden, bunt eingefassten Fenstern und goldigen bis goldenen Kuppelchen. Was nicht so vielen bekannt ist: Hundertwasser hat sich intensiv mit japanischen Farbholzschnitten beschäftigt und eng mit japanischen Holzschneidern und Druckern zusammengearbeitet. Er war überhaupt der erste europäische Künstler, dessen Werke von japanischen Meistern geschnitten und gedruckt wurden. Großen Anteil daran hatte seine zweite Ehefrau, eine Japanerin, mit der er von 1961 bis 1966 verheiratet war.

Von 1966 an entstanden auch drei Serien mit japanischen Farbholzschnitten, die er in aufwendig gestalteten Mappen in Form von Holzkassetten zusammenfasste: „Nana Hyaku Mizu“, „Midori No Namida“ und „Joy of Man“. Und die erste, „Nana Hyaku Mizu“ mit sieben Blättern, die zwischen 1966 und 1972 entstanden sind, hat die Bayerische Staatsbibliothek in München (BSB) nun erworben.

Organische, spiralförmige Linien statt strenger Geraden und Kanten, so kennt man Friedensreich Hundertwasser. Hier „waiting houses“ von 1969 aus der Serie „Nana Hyaku Mizu“.
Organische, spiralförmige Linien statt strenger Geraden und Kanten, so kennt man Friedensreich Hundertwasser. Hier „waiting houses“ von 1969 aus der Serie „Nana Hyaku Mizu“. (Foto: © 2025 NAMIDA AG, Glarus/Schweiz; Bayerische Staatsbibliothek)

Erstaunlicherweise nicht mit Hilfe von Stiftungen oder Förderern, sondern „mit regulären Mitteln des Hauses“, wie Lilian Landes, Kuratorin der Abteilung Handschriften und Alte Drucke und zuständig für die Sammlung Künstlerbücher in der BSB, auf Nachfrage erzählt. Das ist insofern bemerkenswert, als das Mappenwerk versteigert wurde – wodurch die Preise meist jenseits des Ankaufsetats öffentlicher Institutionen liegen. Den genauen Zuschlagspreis will Landes denn auch nicht verraten. Nur so viel: Es sei ein fünfstelliger Betrag gewesen. Und „den Rest des Jahres können wir keine großen Sprünge mehr machen“, setzt sie hinzu.

„Nana Hyaku Mizu“ wurde bei Kiefer in Pforzheim versteigert. Aus München angereist, um mitzubieten, ist niemand. Lilian Landes erklärt das Verfahren so: Unter den Bibliotheken sei es üblich, dass man sein Interesse der entsprechenden Institution vor Ort mitteile, ein Limit setze, bis wie weit man mitgehe, und die Kolleginnen und Kollegen der Bibliothek vor Ort würden dann bei der Auktion stellvertretend mitbieten. So spare man Reisekosten. „Schließlich handelt es sich ja um Steuergelder“, sagt Landes verantwortungsbewusst.

Die Mappe hat sich nach Auskunft des Auktionshauses seit den frühen 1980er-Jahren in norddeutschem Privatbesitz befunden. Und dort müssen die Holzschnitte sehr pfleglich behandelt worden sein. Denn selbst die Holzkassette, in der die Blätter aufbewahrt werden und die Hundertwasser ebenfalls recht aufwendig gearbeitet hat, ist wunderbar erhalten.

Selbst die Holzkassette von „Nana Hyaku Mizu“ ist aufwendig gestaltet.
Selbst die Holzkassette von „Nana Hyaku Mizu“ ist aufwendig gestaltet. (Foto: © 2025 NAMIDA AG, Glarus/Schweiz; Bayerische Staatsbibliothek)

Die Mappe, die in einer Auflage von 200 Exemplaren erschien, war bislang in keiner deutschen Institution nachweisbar, betont Landes. Der Titel „Nana Hyaku Mizu“ der sieben Farbholzschnitte, der so viel wie „Sieben Hundert Wasser“ bedeutet, nimmt Bezug auf den Namen des Künstlers, der für ihn immer eine wichtige Rolle spielte. Geboren 1928 als Friedrich Stowasser in Wien (gestorben 2000 auf der Überfahrt von Neuseeland nach Österreich an Bord der Queen Elizabeth 2 vor Brisbane), nannte er sich von Ende der 40er-Jahre an Hundertwasser. Den Friedrich verwandelte er erst 20 Jahre später in Friedensreich.

Der Verweis auf seinen Namen macht nach Überzeugung von Hundertwasser-Kennern die zentrale Stellung der Mappe in seinem Gesamtwerk deutlich. Die Blätter sind ausgesprochen farbintensiv und weisen die typischen organischen und spiralförmigen Linien auf. Besonders ist aber beispielsweise, dass Hundertwasser ein eigenes Symbolsystem entwickelte, das – angelehnt an den japanischen Farbholzschnitt – Maler, Holzschneider und Drucker gleichrangig direkt auf dem Blatt nennt.

So dürfte „Nana Hyaku Mizu“ selbst in der umfangreichen Künstlerbuch-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek, die etwa 14 000 Titel enthält und damit eine der größten und bedeutendsten weltweit ist, etwas Besonderes darstellen. Generaldirektorin Dorothea Sommer betont denn auch: „Das Mappenwerk von Friedensreich Hundertwasser stellt eine wunderbare Bereicherung dieser besonderen, international angelegten Sammlung dar.“

Wer die Farbholzschnitte von Friedensreich Hundertwasser in der Bayerischen Staatsbibliothek sehen will, muss sich leider noch gedulden. Einen Termin für eine Ausstellung gibt es bisher nicht.

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