Aus für Café:„Mit 72 gibt dir keine Bank mehr Geld“

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Das "Fresh Bagels & Muffins" in der Barer Straße muss nach 28 Jahren schließen: Betreiber Francesco Dreyfus zusammen mit seinem Kollegen und Partner Karl Gonzalez (links). (Foto: Robert Haas)

Francesco Dreyfus hat das „Fresh Bagels & Muffins“ im Uni-Viertel über Jahrzehnte zu einer Institution gemacht. Nun steht er vor den Trümmern seiner Existenz – weil eine Immobilienfirma das Haus gekauft hat.

Von Sarah Maderer

Das Café „Fresh Bagels & Muffins“ war eine Institution der Maxvorstadt. Fast 30 Jahre lang bekam man hier in der Barer Straße frisch belegte Bagels wie in New York. Zweimal im Monat fanden Live-Musik-Abende statt, jeden Sonntag lief der Tatort auf einer Leinwand. Wem die Lokale im Uni-Viertel zu hip oder unpersönlich waren, hat hier in Ruhe Kaffee getrunken, Zeitung gelesen oder ein paar Worte mit dem Wirt Francesco Dreyfus gewechselt.

„Am liebsten wäre es mir, wenn sie mich mit den Füßen zuerst raustragen würden“, scherzte der 72-jährige Dreyfus noch im Mai, als er mit der SZ über seinen Bagelshop sprach, damals für eine Café-Kritik. Kurz darauf erhielt er die Nachricht, dass das Haus verkauft werden würde. Die Wohnungen in den oberen Stockwerken sollen umgebaut werden, sein Lokal im Erdgeschoss müsse ausziehen. Monatelang hoffte Dreyfus, mit dem neuen Hauseigentümer, einer deutschen Immobilienfirma, eine Lösung zu finden.

Doch bis zuletzt sei kein persönliches Gespräch zustande gekommen. „Ich habe gedacht, dass ich zumindest noch bis 75 weitermachen könnte, aber dem ist nicht so. Es ist eine Existenz, die kaputtgeht.“ Von der Rente allein kann Dreyfus nicht leben, denn die deckt nicht einmal seine Miete und Versicherung ab. Vom Finanziellen abgesehen war er aber auch Gastronom aus Leidenschaft. „Was soll ich sonst den ganzen Tag machen? Zeitung lesen? Fernseh glotzen? Zu Hause darf ich nicht einmal Löcher in die Wand bohren“, sagt der gelernte Elektrotechniker.

Für Dreyfus und seinen Partner Karl Gonzalez hat alles mit einem deutsch-amerikanischen Lebensmittelladen in der Baaderstraße/Ecke Fraunhoferstraße angefangen. Die Bagels seien dort bei den Kunden so gut angekommen, dass sie mehr daraus machen wollten. So eröffneten sie 1996 das Fresh Bagels & Muffins. Den Lebensmittelladen gibt es heute nicht mehr, das Café haben die beiden aber bis in die Rente weiterbetrieben. Als einzige feste Mitarbeiter haben sie die Schichten zu zweit bestritten, sechs Tage die Woche von elf Uhr vormittags bis mindestens acht Uhr abends.

Selbst für die Notlösung fehlt die richtige Location

An einem neuen Standort von vorn anzufangen, kommt für Dreyfus nicht infrage. Trotz gestiegener Mieten einen geeigneten Ort finden, dann der Umzug und noch dazu neue Kundschaft werben in Zeiten von Inflation, in der Menschen ohnehin weniger ausgeben – all das koste zu viel Zeit und Geld. „Wenn ich 45 wäre, wäre das kein Thema. Aber mit 72 gibt dir keine Bank mehr Geld“, sagt Dreyfus. Außerdem sei seine Klientel in der Maxvorstadt: „Hier kennt man mich. Gerade die Älteren können sonst nirgendwo mehr hingehen. Für die sind wir genauso ein Treff wie für die Studenten.“

Als Notlösung hätte sich Dreyfus noch eine Backstube ohne Café vorstellen können. Seine Bagels hat er bis zuletzt selbst gebacken, 600 Stück pro Woche. Die könnte er für Verkauf und Catering weiter produzieren, denn Anfragen seien da. Aber auch hierfür habe er keine bezahlbare Location finden können. Für die Suche hätte er mehr Zeit gebraucht, aber die ist ihm davongelaufen. Vergangenen Freitagabend fand die letzte „Open Stage“ statt, am Sonntag sperrte Dreyfus endgültig zu. Nun sucht er nach Lagermöglichkeiten und Abnehmern für seine Geräte, bis der Mietvertrag zum Jahresende ausläuft.

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