Freizeit:Was vom Münchner Sommer bleibt

Zehn Erkenntnisse aus der langen, heißen Zeit in der Stadt - und viele Gründe, sich schon jetzt auf nächstes Jahr zu freuen.

Von SZ-Autoren

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Pendlerglück

Sonnenuntergang am Tegernsee

Quelle: dpa

Die Hitzetage haben die Menschen zu manchem gezwungen: auch dazu, wohlsortierte Schubladen im Kopf mal auszumisten. In einer dieser Schubladen war fest einsortiert, dass Autofahren bei 38 Grad ein Graus und 120 statt acht Kilometer am Tag zu pendeln furchtbar anstrengend ist. Umsortieren! Welch ein Genuss, dieser kühle Luftzug aus der Klimaanlage. Dann der glückliche Umstand, dass die Landwohnung zwischen zwei kühlenden Bächen liegt, die trotz Dürre noch Restwasser führen. Durch das Fenster kommt nachts ein kühler Luftzug, dazu bimmeln leise die Kuhglocken, während im Münchner Glutofen schlaflose Schwitznächte drohen. Vor und nach dem Schlafen ein Sprung in den See. Pendeln ist verdammt erholsam.

Katja Riedel

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Schwimmer im Haifischbecken

-

Quelle: Robert Haas

Der Nachteil des Wahnsinnssommers: Alle wollen abends zum Schwimmen. Für einen Ausflug zum See ist es nach dem Büro zu knapp, außerdem ist der sportliche Ehrgeiz im Freibad größer als im Weiher. Stichwort: Wettkampf. Zwei Bahnen sind im 50-Meter-Becken für Schwimmer reserviert, außenrum dümpeln ratschende Freundinnen, planschende Kinder. Tagsüber klappt die Aufteilung recht gut. Auf den Bahnen sortiert sich das Feld schnell in zügige und sehr zügige Schwimmer. Es geht gesittet zu. Zug um Zug, von Beckenrand zu Beckenrand. Bis auf jenen Abend, an dem eine der beiden Bahnen für die Dümpler freigegeben wird. Was bleibt, ist ein Haifischbecken. Schwimmer liefern sich Überholmanöver, drängeln, weichen nicht aus, schlagen dafür aus. Nach einigen Bahnen in der Nahkampfzone die Kapitulation und ein Vorsatz: Einfach so zeitig aus der Arbeit gehen, dass es noch für den See reicht.

Ingrid Fuchs

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Verbrannte Erde

rasenmäher neumaier

Quelle: oh

Wer einen Garten zu bewirtschaften hat, auch wenn er kaum größer ist als ein Badetuch, braucht einen verlässlichen Rasenmäher wie diesen gelben Elektro-Helden, Baujahr 2002. Er ächzt schon gewaltig, und seine Messer sind von Scharten harter Arbeit gezeichnet, aber dieser gelbe Rasenmäher ist ein guter Freund, der immer für einen da ist, wenn man ihn braucht. Wahrscheinlich gibt es auf dieser Welt keinen besseren Freund als ihn. Steht in der Garage und sollte auf seine alten Tage eigentlich längst einen Ehrenplatz im Wohnzimmer bekommen, aber der Fernsehapparat lehnt das ab. In den letzten Wochen freute sich der Rasenmäher über ein Sabbatical, denn es gab keinen Rasen zum Mähen. Die Sonne brannte alles nieder. Und der Rasenmäher summte "Here Comes the Sun" von den Beatles und lachte sich kaputt über die Nacktschnecken, denen auf der verbrannten Erde der Saft ausging. Naja, fast kaputt - nächstes Jahr mäht er wieder in alter Frische.

Rudolf Neumaier

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Sanft geschaukelt

Sommer an der Isar

Quelle: Stephan Jansen/dpa

Da wohnt man schon seit Jahren in München - doch es musste erst ein Sommer wie dieser kommen, damit man einen der ganz besonderen Orte dieser Stadt mal richtig kennen lernt: die Isar. Und zwar im Schlauchboot. Das leiht man sich bei Unternehmern mit lustigen Namen wie Isarpiraten oder Doktor Boot. Dann treibt man oder paddelt oder lässt sich paddeln, die Sonne über sich, das kühle Wasser unter sich, das Bier im Beutel hinten am Boot festgebunden. Ab und zu springt man in die Isar und staunt, wie sauber das Wasser ist und wie nahtlos braun die Badenden am FKK-Ufer sind. Booteln macht müde und hungrig, genug Proviant und ein anschließender Biergartenbesuch sind also zwingend notwendig. Am Abend liegt man im Bett und es schaukelt noch immer. Und man weiß, dass man nächstes Jahr wieder so einen Sommer will.

Elisa Britzelmeier

5 / 10

Guter Platz

Bordeauxplatz in Haidhausen, 2005

Quelle: Robert Haas

Einer der prächtigsten Plätze in München ist der Bordeauxplatz in Haidhausen (Archivbild) sowieso. Aber er ist auch der beste Platz, um einen urbanen Sommerabend zu verbringen. Er hat alles, was es braucht: viel Rasenfläche, auf der sich die Grüppchen locker verteilen. Eine ausgezeichnete Infrastruktur direkt am Platz mit gut sortiertem Getränkemarkt und mehreren Lokalen für die Versorgung danach. In denen fällt es auch gar nicht auf, wenn man kurz aufs Klo geht. Der Brunnen ist so groß, dass Kinder darin planschen können. Und wenn man dann da so sitzt, fragt man sich, warum sich all die Menschen auf dem Gärtnerplatz um einen Stehplatz balgen.

Sebastian Krass

6 / 10

Empfindliches Treibgut

Eisbach Tram

Quelle: Florian Peljak

Am liebsten hätte sich der Münchner in diesem unfassbar schönen Sommer ja jeden Tag in die Badehosenschlange an der Tram-Haltestelle Tivolistraße eingereiht. Wäre gemeinsam mit anderen nassen Verrückten hoch zum Haus der Kunst gereist und dann von der Brücke gesprungen. Hätte sich vom Eisbach treiben lassen, zur Tivolistraße. Und wieder. Und wieder. Ohne Angst und Scham und Fahrkarte. Ja, das hätt' er am liebsten gemacht - wenn er denn noch 20 wär'. Aber so ist er mit seinen Kindern halt in den Englischen Garten gefahren, das war auch sehr schön. Und dort, wo der weniger wilde Schwabinger Bach fließt, kann man sich ja auch treiben lassen. Das hat der Münchner einen ganzen Vormittag lang gemacht. Um den Sommer zu genießen. Herrlich! Aber am Ende ist ihm ein ganz blöder Schmerz in den Rücken gefahren. Vermutlich war das Wasser zu kalt für seine bürolädierten Bandscheiben. Danach konnte er sich zwei Wochen nicht mehr bewegen. Jetzt freut sich der Münchner auf den Herbst.

Martin Zips

7 / 10

Schwalbe am Kieberg

Simson Schwalbe

Quelle: Thierry Backes

Es war ein wagemutiger Plan. 40 Kilometer zum Starnberger See, bei 36 Grad, zu dritt. Die Schwalbe fährt sonst nur Fünf-Kilometer-Strecken in der Stadt, wo sie an jeder zweiten Ampel ruhen kann. Das DDR-Moped, Baujahr 1977, hat so seine Macken, mal springt es nicht an, mal will es nicht hupen. Dennoch tuckerten wir los, die Schwalbe, die Frau und ich, durch Pullach, Schäftlarn, Icking. Alles kein Problem, doch dann kam der Berg, den die Einheimischen in Dorfen ehrfürchtig Kieberg nennen, 13 Prozent Steigung, mindestens. Die Schwalbe ächzte, soff ab, keine Chance. Wir schoben sie hoch, streichelten sie. Sie dankte es und brachte uns am Abend sicher nach Hause. Als wollte sie sagen: Hach, war das ein Spaß. Nächster Stopp: Tegernsee.

Thierry Backes

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Im Gleichgewicht

Stand-up-Paddeln (SUP) im Olympiapark im Olympiasee

Quelle: Florian Peljak

Am letzten Urlaubstag dann diese Skype-Nachricht: "Und wenn Du Lust hast, laden wir Dich gleich zum Stehpaddeln ein!?" Erster Gedanke: Stehpaddeln? Das ist doch peinlich! Zweiter Gedanke: Peinlich ist eigentlich bestimmt vor allem, was für eine Figur man auf dem wackligen Ding machen wird. Für einen dritten Gedanken ist es zu spät, denn Nichte und Neffe mitsamt den Eltern (allesamt mit Stehpaddelerfahrung) stehen schon vor der Tür. Also los. Erste Erkenntnis: Das Ding wackelt gar nicht, sondern liegt ganz ruhig im Wasser. Zweite Erkenntnis: Das ist ja sogar ganz lustig. Für eine dritte Erkenntnis ist es zu spät, denn in diesem Moment bringt der Neffe das Brett zum Kentern. Bei der Aktion versinkt das laut Verleiher unsinkbare Paddel im See. Schade. Wo es doch gerade anfing, Spaß zu machen. (im Bild: Stehpaddler im Olympiapark)

Nina Bovensiepen

9 / 10

Siesta hinterm Rollladen

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Ein Luxus, den jeder Bewohner eines von Natur aus heißen Landes kennt, ist der, die Sonne einfach zu ignorieren. Während man hierzulande sofort in Hyperaktivität verfällt, den Grill rausholt, in den Biergarten radelt, schwimmen geht, macht man in südlichen Ländern: nichts. Es ist zu heiß. Nach den ersten Wochen Euphorie und ab 35 Grad habe ich mir das auch gegönnt. SMS wie "Heute am Flaucher grillen?" habe ich mit Notlügen abgebogen und mich einfach auf den Liegestuhl auf dem Balkon fallen lassen - natürlich erst, als es ein wenig kühler war. An freien Tagen waren mittägliche Siesta und geschlossene Rollläden bis 18 Uhr selbstverständlich, erst dann kam der Sprung in die Isar. Die schönste Neuheit dieses Sommers: mal eine richtige Südländerin sein und einfach nix tun!

Claudia Wessel

10 / 10

Segeln auf dem Bauernsee

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Quelle: STA

Wer denkt, es sei völlig egal, ob man auf dem Chiemsee, dem Starnberger oder dem Ammersee segelt (Archivbild), täuscht sich gewaltig. Wer als Starnberger-See-Segler einer Einladung zur maritimen Erkundung des Ammersees folgt, staunt schon, bevor er noch einen Fuß auf die Lucky gesetzt hat, eine kleine, hübsche Yacht am alten Steg von Schondorf. Die Leute grüßen freundlich, ein kurzes Plauschen über Wind und Wetter mit dem Bootsnachbarn, dessen Hund schnuppert am Lucky-Hund, man versteht sich. Dann Segel rauf, wunderbar. Man muss da nicht immer rauf und runterdüsen, sondern kann eine richtige Runde drehen. Die Schiffe hier sind kleiner, putziger, älter, bequemer vielleicht sogar; und sie werden nicht von Hoppla-jetzt-segle-ich-Skippern geführt. Das also ist der Bauernseebruder vom Bonzensee! Schön ist es hier. Ein bisschen ruhiger. Und auf dem Steg spricht man Bairisch.

Karl Forster

© SZ.de/sekr
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