Zwischenbilanz auf der MitgliederversammlungEs tut sich nichts

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Der Freisinger Bürgerverein misst weiter erschreckend hohe Ultrafeinstaub-Werte. Konsequenzen hat das bisher aber keine. Im Landtag scheitert derweil Johannes Becher von den Grünen mit einem Antrag, offiziell zu messen

Von Johann Kirchberger, Freising

Man sieht ihn nicht, man riecht ihn nicht, trotzdem ist er da: der extrem gesundheitsschädliche Ultrafeinstaub, wie Reinhard Kendlbacher, der Vorsitzende des Freisinger Bürgervereins in der Mitgliederversammlung am Mittwoch sagte. Und diese Ultrafeinstaubpartikel (UFP) stammten fast ausschließlich von Flugzeugen, wie nun sogar die Bundesregierung bestätigt habe. Trotzdem werde nicht reagiert, die Flughafen GmbH messe weiterhin nur Feinstaub (PM10 und PM2,5), der am Flughafen gar nicht entstehe und keineswegs Ultrafeinstaub. Die Grenzwerte für Feinstaub aber würden weitgehend eingehalten und die FMG behaupte deshalb weiterhin ungeniert, die Luft am und um den Flughafen sei rein.

Der Bürgerverein aber misst die UFP-Belastung, zusammen mit den Gemeinden Hallbergmoos, Neufahrn und Wartenberg, und kommt dabei immer wieder zu erschreckenden Ergebnissen. Bisher sei an 43 Orten, meist an Schulen, Kindergärten und Sportplätzen, gemessen worden, berichtete Wolfgang Herrmann, es lägen inzwischen 65 000 Einzelwerte vor. Noch in zehn Kilometern Entfernung sei die UFP-Konzentration, wenn der Wind vom Flughafen komme, sechsmal so hoch wie die Grundbelastung. Bei den Airporthopsern, dem Kindergarten der FMG, habe man bis zu 108 000 Partikel pro Kubikzentimeter gemessen. Am Flughafen, so Herrmann, würden täglich 500 000 Liter Kerosin verbrannt, bereits ein Gramm Kerosin erzeuge 100 Milliarden UFP.

Johannes Becher, Abgeordneter der Grünen, berichtete über seine Arbeit im Landtag. Sein erster Antrag, die UFP-Belastung zu messen, sei mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern abgelehnt worden. Dabei hätten die Freien Wähler vor einem Jahr noch einen fast gleichlautenden Antrag gestellt. Man werde demnächst einen eigenen, besseren Antrag stellen, habe die Regierungsmehrheit erklärt. Nun sei er gespannt darauf, so Becher, wie dieser Antrag aussehe und wann er komme. Er habe außerdem schon mehrere schriftliche Anfragen gestellt, berichtete Becher. Einmal zum bayerischen Flughafenkonzept, das im Koalitionsvertrag versprochen wurde. Dazu gebe es bisher lediglich Vorüberlegungen, habe er als Antwort erhalten. Oder zu den an Fluggesellschaften gezahlten Subventionen. 24 Millionen Euro seien allein im vergangenen Jahr gezahlt und damit 15 000 Flugbewegungen erkauft worden. So etwas sei an allen Flughäfen üblich, habe man ihm erklärt, sagte der Abgeordnete. Oder zu den ständig steigenden Nachtflügen. Im Schnitt gebe es derzeit 72 Flüge pro Nacht. Auch die Zahl der Ausnahmegenehmigungen sei sprunghaft gestiegen. Als Hauptgründe seien das Wetter, Probleme der Flugsicherung und technische Probleme der Flugzeuge angegeben worden. "Ausnahmen dürfen aber nicht zur Regel werden", sagte Becher, "auch wir haben hier einen Anspruch auf Lebensqualität".

Becher rügte außerdem, dass noch immer Kurzstreckenflüge, etwa nach Nürnberg, angeboten würden. "Wenn Fliegen einen realistischen Preis hätte . . .", sagte der Abgeordnete seufzend, und man Kerosin besteuern würde, dann gäbe es so etwas nicht mehr. Kendlbacher bekräftigte erneut, dass er und sein Verein dazu beitragen wollten, dass die Bereitschaft, weniger zu fliegen, zunimmt. "Unser Ziel ist: vermeiden, vermeiden, vermeiden", rief er. Subventionen von Fluggesellschaften nannte er unverantwortlich. Hier werde mit Steuermitteln die Schadstoff- und Lärmbelastung erhöht.

Dass die Zahl der Flugbewegungen weiterhin um knapp100 000 unter den Prognosen liege, zeige deutlich, dass es keinen Bedarf für eine dritte Startbahn gebe. Leider lasse sich Ministerpräsident Söder von solchen Zahlen nicht beeindrucken. Der Flughafen sei Bayerns Tor zur Welt, behaupte der, und das bleibe angeblich nur mit einer dritten Startbahn so. Von einem Gespräch bei Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) brachte Kendlbacher interessante Erkenntnisse mit. Zum einen, dass Aiwanger keine Ahnung habe und nicht einmal den Unterschied zwischen Feinstaub und Ultrafeinstaub kenne, zum anderen, dass Benno Zierer (FW) innerhalb der Regierungsparteien ganz allein kämpfe. Der Freisinger CSU-Abgeordnete Florian Herrmann, so Kendlbacher, "hat überhaupt kein Interesse daran, sich mit der dritten Startbahn zu beschäftigen".

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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