Zwischen den Fronten:Rettungsdienst im Dschungel

Michael Schmidt aus Sünzhausen arbeitet im Kongo als Logistiker für die Organisation "Ärzte ohne Grenzen".

Regina Bluhme

FreisingWenn Michael Schmidt demnächst ins Flugzeug steigt, tritt er eine lange Reise an. 18 Stunden ist er unterwegs, sein Ziel ist die Dschungelwelt des Kongo. Der 27-Jährige aus Sünzhausen arbeitet als Logistiker für die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen". Es ist sein zweiter Einsatz in dem notleidenden Land. Im vergangenen Jahr hat der diplomierte Katastrophenmanager bereits neun Monate lang die medizinische Versorgung organisiert - immer wieder unter den Augen von schwer bewaffneten Kämpfern. Das Wort ,Wahnsinn' trifft die Situation in Kongo ganz gut", berichtet Michael Schmidt. In seinem Einsatzgebiet, die Region Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo, bekämpfen sich Regierungssoldaten und mehrere bewaffnete Rebellentruppen. "Die Frontlinien ändern sich ständig", berichtet Schmidt. Immer wieder passiere es, dass eine Rebellengruppe ein Dorf angreife, "dann fliehen die Leute in den Wald". Dort müssen sie dann oft wochenlang leben - abgeschnitten von jeglicher medizinischer Hilfe. Für diese Menschen organisiert "Ärzte ohne Grenzen" sogenannte "Mobile Kliniken": Von der Basisstation in der Stadt Pinga fahren die Helfer mit Motorrädern und bis zu 20 Kilo Gepäck mitten in den Dschungel. "Mit Autos haben Sie da keine Chance, es gibt nur so Fußpfade", berichtet Michael Schmidt. Zum Teil müssen Flüsse mit Flößen überquert werden. Dazu kommt die Präsenz der Rebellen. "Ein komisches Gefühl hatte ich anfangs schon, als wir auf eine Frontlinie zugefahren sind", gibt er zu. "Aber mit der Zeit kennen uns die Rebellen und sie akzeptieren unsere Arbeit. Denn sie wissen, es ist wichtig, was wir tun". Gegen Krankheiten wie Malaria oder Lungenentzündung werden Medikamente verteilt, für Cholerapatienten werden Isolier-Zelte aufgebaut. Michael Schmidt packt da fest mit an. Außerdem sorgt er dafür, dass Fahrzeuge und Motorräder immer einsatzbereit sind, dass die Funk- und Satellitenausrüstung funktioniert und die Computer laufen. Zehn bis zwölf Stunden hat sein Arbeitstag. Mit drei weiteren Helfern aus Kanada und der Schweiz und wohnte er in einem einfachen Ziegelhaus in der Basisstation. Das gefällt ihm an seiner Arbeit besonders: "Wenn man gemeinsam aus dem Team heraus mit einfachen Mitteln für die Menschen hier etwas erreichen kann". Mit dem Zivildienst beim Johanniter-Rettungsdienst in Allershausen hat es begonnen, gleich nachdem er am Josef-Hofmiller-Gymnasium im Jahr 2003 das Abitur gemacht hat. Seitdem war er ehrenamtlich im Rettungsdienst im Einsatz. In Köln hat er Rettungsingenieurwesen studiert und anschließend in Kopenhagen im Studiengang "Disaster Management" gelernt, wie internationale Hilfseinsätze am besten organisiert werden. Mit dem Master-Diplom in der Tasche hat er sich dann bei "Ärzte ohne Grenzen" beworben. Gereist sei er ja schon immer gern, erzählt der Sünzhausener Michael Schmidt. "Jetzt komme ich in der Welt herum und kann gleichzeitig im Rettungsdienst tätig sein". Die Rückkehr nach neun Monaten im afrikanischen Dschungel ins beschauliche Sünzhausen im Landkreis Freising "war dann erst mal ein Kulturschock", berichtet der 27-Jährige. "Und dann hab ich gemerkt, dass ich bis auf ein paar Partys eigentlich gar nichts verpasst habe, es hat sich kaum was verändert hier". Nach gut drei Monaten Heimaturlaub, geht es in den nächsten Tagen wieder in den Kongo, diesmal für ein Vierteljahr. Er freut sich auf seine neue Aufgabe. Die verschlungenen Dschungelwege fürchtet er nicht, in manchen Häusern könne man sich leichter verirren, sagt er schmunzelnd beim Abschied.

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