Zum Welttag des Buches:Lesen ist wie atmen

Freisinger Politiker, Geistliche und eine Bibliothekarin zeigen zum Welttag des Buches ihre Bücherregale.

Von Birgit Goormann-Prugger, Gudrun Regelein, Thilo Schröder und Alexandra Vettori

Am 23. April 2019 ist Welttag des Buches. Was steht bei Freisinger Persönlichkeiten im Bücherregal und wie wichtig ist ihnen lesen? Wir haben nachgefragt.

Der Freisinger Domrektor Marc-Aeilko Aris besitzt an die 40 000 Bücher

Atmen und Lesen: Das sind für den Freisinger Domrektor Marc-Aeilko Aris zwei gleichermaßen natürliche Vorgänge. Aris, Professor für Lateinische Philologie des Mittelalters, lebt auf dem Freisinger Domberg in einem Haus aus dem Jahr 1632. Hinter den dicken Wänden hört man kaum etwas vom Lärm der nahen Baustelle des Diözesanmuseums. Für Ruhe sorgen auch wandhohe Bücherregale in fast jedem Zimmer des Hauses, auch im Gang. Sogar auf den Tischen stapeln sich die Bücher, der Blick des Besuchers fällt etwa auf ein Werk des Verhaltensforschers Konrad Lorenz: "So kam der Mensch auf den Hund." An die 40 000 Bände seien es wohl mittlerweile, schätzt Aris. "Ich lese alles", erzählt er, "und vor allem im Urlaub das, worauf ich Lust und Laune habe".

Zum Welttag des Buches: Freisings Domrektor Marc-Aeilko Aris hat richtig viele Bücher. Als er vor 13 Jahren nach Freising kam, waren es um die 20 000, inzwischen dürfte sich der Bestand verdoppelt haben.

Freisings Domrektor Marc-Aeilko Aris hat richtig viele Bücher. Als er vor 13 Jahren nach Freising kam, waren es um die 20 000, inzwischen dürfte sich der Bestand verdoppelt haben.

(Foto: Marco Einfeldt)

Als er vor 13 Jahren nach Freising kam, reiste er mit 600 Bücherkisten an, damals waren es wohl 20 000 Bände. Zwei Nachlässe aus dem Besitz seines früheren Doktorvaters und seines Philosophielehrers an der Universität sind mittlerweile dazugekommen. Und die Bücher seines Großvaters, selbst ein Gelehrter, der ihn zum Lesen gebracht habe. "Er gab mir Sherlock Holmes, um mein logisches Denken zu fördern. Das habe ich dann brav gelesen", so Aris. Werke von Autoren aus seinem Fachgebiet, von der Frühzeit bis zur Neuzeit geordnet nach Geburtsdatum des Autors, gehören natürlich zu seiner Büchersammlung, ebenso wie theologische Abhandlungen, aber auch die erbauliche Literatur, wie zum Beispiel eine Agatha Christie-Sammlung.

Ein Buch, das Marc-Aeilko Aris immer wieder in die Hand nimmt, ist von Berufs wegen die Bibel. "Die lese ich immer wieder und ich entdecke immer wieder Neues in den Texten", sagt er. Die Bibel biete Anregungen für verschiedenste Lebenssituationen. Überhaupt blättert der Freisinger Domrektor gerne in Büchern, wenn er etwas nachschlagen will. "Ich google nur, wenn ich etwas gezielt suche", sagt er. Das Nachschlagen in Büchern biete viel mehr Möglichkeiten. "Dann findet man hier was und liest da etwas, was einen auch interessiert, was man vorher gar nicht gesucht hat, beim Googlen ist das nicht so", beschreibt Aris sein Leseverhalten.

Irgendwann wird der Freisinger Domrektor aus dem Haus auf dem Domberg auch mal wieder ausziehen, natürlich mit seinen vielen Büchern. Mit einer so großen Bibliothek brauche man vor allem Stauraum, sagt Aris. Eine Scheune neben einem kleinen Haus im Bayerischen Wald, das ihm gehöre, habe er da für später schon im Auge. Domrektor Aris, der demnächst seinen 60. Geburtstag feiern kann, hat auch seinen Nachlass bereits geregelt. Den Bücherschatz will er dann einem Kloster hinterlassen.

Für SPD-Stadtrat Peter Warlimont sind E-Books keine Option

Ob Klassiker wie Otfried Preußlers Krabat oder Robert Louis Stevensons Schatzinsel, ob Roman oder Jugendbuch ("Ist ja für einen Erwachsenen genauso lesbar"), ob auf deutsch oder auf englisch: Peter Warlimont liest viele unterschiedliche Bücher. Auf jeden Fall über 100 habe er im Bücherregal stehen - "und da hab ich auch schon mal ausgemistet". Im Jahr lese er vielleicht fünf bis zehn Bücher. Dass es nicht mehr sind, hat einen einfachen Grund: "Ich lese oft abends noch was, werde dann aber nach einer Seite müde, da dauert das."

Zum Welttag des Buches: Peter Warlimont liest deutsche und englische Bücher, darunter sind Klassiker, aber auch mal ein Jugendbuch.

Peter Warlimont liest deutsche und englische Bücher, darunter sind Klassiker, aber auch mal ein Jugendbuch.

(Foto: Marco Einfeldt)

Ob er ein Lieblingsbuch habe? Warlimont überlegt lange. "Nicht wirklich." Später im Gespräch wird der SPD-Stadtrat sagen: Einen Lieblingsautor, den habe er, zumindest für die englischsprachige Literatur: Nick Hornby, der Romane wie About a boy verfasst hat. Sind E-Books eine Option für ihn? Nein, er lese nur gedruckte Bücher, sagt Warlimont. Über elektronische Bücher sagt der Lehrer: "Dieses Seiten weiterschieben, ich sehe das bei meinen Schülern, aber für mich ist das nichts."

Und dann fällt ihm doch noch ein potenzielles Lieblingsbuch ein: Teacher Man,die Memoiren des irisch-amerikanischen Lehrers und Pulitzer-Preisträgers Frank McCourt. "Das ist mir sehr in Erinnerung geblieben, weil es auf humorvolle, aber auch ernste Weise mit dem Beruf des Lehrers zu tun hat."

Pfarrerin Juliane Fischer hat ihre Bücher nach Autoren sortiert

"Mein Bücherregal ist groß, weil ich sehr gerne lese." Genau deshalb hat sich Juliane Fischer, evangelische Pfarrerin von Hallbergmoos, auch bereit erklärt, der Öffentlichkeit ihr Bücherregal zu zeigen. "Ich bin Thomas Bernhard-Fan und habe mir nach dem ersten Examen die Werkausgabe geschenkt", erzählt sie, außerdem steht da einiges von Robert Gernhard, "der hat einen richtig guten Humor". Daneben mag Juliane Fischer Wilhelm-Genazino-Romane, "der hat eine wunderbare Beobachtungsgabe und was er für eine Muße hat, Introspektion zu betreiben!" Auch die Bücher von Wolf Haas nehmen einigen Raum ein.

Nach der Ordnung in ihrem Bücherregal gefragt, muss Juliane Fischer lachen: "Ich ordne, wie in jeder Uni-Bibliothek, nach den Nachnamen, A bis Z. So weiß ich immer, wo ich suchen muss." Die Freude am Lesen habe einst ihr Deutschlehrer bei ihr geweckt, erzählt die Pfarrerin weiter. Er habe seinen Schülern auch beigebracht: "Lest nicht nur, malt in den Büchern herum". Mit allen Sinnen habe er auch die Pflichtlektüre so vermittelt, "dass die aktuelle existenzielle Problematik klar wurde. So haben auch Woyzeck und Faust richtig Spaß gemacht." Derzeit, Pfarrerin Fischer absolviert gerade eine Fortbildung, ist die Belletristik aber weniger gefragt bei ihr. Und so ist das Bücherregal der Wahl momentan eher das in ihrem Büro. Dort stehen die Sachbücher, sechs Etagen Regal, auf einer Länge von 1,80 Metern. Auch hier sind viele Lieblingsbücher dabei, "die kirchliche Dogmatik" von Karl Barth zum Beispiel, 38 Bände, "das war der Widerstands-Pfarrer im Dritten Reich", erklärt Fischer.

Zum Welttag des Buches: Pfarrerin Juliane Fischer hat viel Freude am Lesen. Geweckt hat diese ein Deutschlehrer, der auch Pflichtlektüre gut vermitteln konnte.

Pfarrerin Juliane Fischer hat viel Freude am Lesen. Geweckt hat diese ein Deutschlehrer, der auch Pflichtlektüre gut vermitteln konnte.

(Foto: Marco Einfeldt)

Susanne Beck, Leiterin der Stadtbibliothek, kauft sich ganz selten selber ein Buch

Als Leiterin der Stadtbibliothek Freising ist Susanne Beck Herrin über etwa 64 000 Bücher. Bei ihr zu Hause aber, so erzählt sie, gibt es kein Bücherregal. "Natürlich haben wir Bücher, aber nicht viele. Und die sind in verschiedenen Regalen verteilt." Kinderbücher beispielsweise, von denen sich die Familie nicht trennen konnte, uralte Reiseführer oder auch Kochbücher. Ganz vereinzelt dazwischen finde sich ein Roman, den sie unbedingt lesen wollte. "Meistens Urlaubsbücher, die sich dann manchmal als leicht schräg beziehungsweise als schwierige Kost erwiesen haben", berichtet Beck. "Frühstück einer Langschläferin" von Tor Age Brindsvaerd ist eines dieser Bücher.

Zum Welttag des Buches: Susanne Beck leitet die Freisinger Stadtbibliothek. Zuhause hat sie deshalb gar kein echtes Bücherregal.

Susanne Beck leitet die Freisinger Stadtbibliothek. Zuhause hat sie deshalb gar kein echtes Bücherregal.

(Foto: Marco Einfeldt)

Seitdem sie in der Bibliothek arbeite, habe sie sich aber nur noch ganz selten ein Buch gekauft. "Das ist nicht mehr notwendig, ich finde ja hier einen reichen Schatz", sagt sie. Besonders gerne mag sie Krimis, vor allem die der spanischen Autorin Alicia Gimenez-Bartlett, oder Psychothriller, die allerdings nicht zu blutrünstig sein dürfen. Auch als Kind habe sie schon viele Krimis gelesen, "meistens während ich Hausaufgaben gemacht habe", erzählt Beck.

Inzwischen aber fehle ihr die Zeit zum intensiven Lesen, die Arbeit als Leiterin der Stadtbibliothek bedeute viel Verwaltung. "Während der Arbeit lese ich nur unsere Buchbesprechungen, ganze Bücher aber nicht." Abends oder im Urlaub greife sie dann aber schon zum Buch, zuletzt waren es Erzählungen von Stefan Zweig.

Den heutigen "Welttag des Buches" finde sie natürlich gut, sagt Beck. Alleine schon, weil er eine Möglichkeit biete, auf die Stadtbibliothek aufmerksam zu machen. Für die jungen Leser gebe es an diesem Tag die Aktion "Ich schenke dir eine Geschichte", bei der Leseratten ein Buch geschenkt bekommen.

Jürgen Mieskes liest historische Romane

Vielleicht ein Buch im Jahr lese er, sagt der CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes. Mehr sei für ihn zeitlich einfach nicht möglich. "Zu einem Buch gehört ja auch die Zeit, um das aufzusaugen." Die habe er nur im Urlaub, etwa 14 Tage im Jahr. Dann lese er aber gerne historische Romane, zum Beispiel sein Lieblingsbuch Die Pfeiler der Macht des britischen Autors Ken Follett, so Mieskes.

Vielleicht 20 oder 30 Bücher habe er daheim im Regal stehen, sagt der Freisinger Immobilienmakler. Denn: "Ich lese viele Bücher aus der Bücherei." Außerdem "die Tagespresse und Fachliteratur". Und natürlich die Kinderbücher, die er seiner Tochter regelmäßig vorlese. Auch E-Books? Nein, sagt Mieskes, "wenn, dann sind es schon analoge Bücher".

Zum Welttag des Buches: Der CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes hat - beruflich bedingt - nicht allzu viel Zeit zum Lesen.

Der CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes hat - beruflich bedingt - nicht allzu viel Zeit zum Lesen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Rezepte, Reisen, Revolution: Bei Susanne Günther spielen Bücher eine große Rolle

Fragt man Susanne Günther, welche Rolle Bücher in ihrem Leben spielen, dann erzählt sie zwei Anekdoten: Ihren Mann habe sie einst im Gespräch über die zehnbändige Buchreihe "Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens" kennengelernt; das Werk stehe heute in einem Regal ihrer Freisinger Wohnung, sie hätten es später zur Hochzeit geschenkt bekommen. Und: Ihre Tochter habe sie nach der Romanfigur Malena des gleichnamigen Romans der spanischen Bestsellerautorin Almudena Grandes benannt.

Günther liebt Bücher. Mindestens 300 Stück hätten sie und ihr Mann in den Regalen stehen, schätzt die Pressereferentin der Grünen-Landtagsfraktion. Genau könne sie das aber gar nicht sagen. Allein 70 Kochbücher seien jedenfalls darunter. Politische Bücher lese sie gerne, zur Zeit vor allem zur Revolution 1918, aber auch Reiseberichte in Romanform oder feministische Bücher, zum Beispiel von Deborah Feldman oder Doris Lessing. Ein Lieblingsbuch habe sie in dem Sinne nicht, das ändere sich von Jahr zu Jahr.

Zum Welttag des Buches: Susanne Günther liebt Bücher und hat geschätzt 300 Exemplare in den Regalen der Familie stehen.

Susanne Günther liebt Bücher und hat geschätzt 300 Exemplare in den Regalen der Familie stehen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Für 2018 sei es der Roman 4 3 2 1 von Paul Auster. Den amerikanischen Autor nennt sie einen "Favoriten, von ihm hab ich alles". "Bücher spielen bei uns eine große Rolle", sagt Günther, auch bei den Kindern. Sie selbst lese "locker 20 im Jahr", allein sechs Stück zuletzt in einem Kroatienurlaub. Und: "Ich lese nur gedruckte Bücher", sagt Susanne Günther. "Trump hat mal gesagt, er hasse Bücher, weil sie stinken. Ich finde, Bücher duften."

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