Zolling:Für die Freiheit vor der Ehe

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Der Burschenverein Zolling feiert im Juni sein 90-jähriges Bestehen mit einem viertägigen Fest. Die Intention der Burschen ist heute die gleiche wie damals: Werte hoch halten, Festivitäten besuchen und veranstalten

Von Katharina Aurich, Zolling

Mindestens 16 Jahre alt, männlich und nicht kirchlich verheiratet, das sind die Voraussetzungen, um Mitglied im katholischen Burschenverein Zolling zu werden. Daran hat sich seit der Gründung im Jahr 1927 nichts geändert. Auch die Werte des Vereins "Glaube, Treue, Brüderlichkeit" haben neun Jahrzehnte unbeschadet überdauert. Sie sind offensichtlich immer noch attraktiv, 125 Mitglieder zähle der Verein heute, Tendenz steigend, berichtet der erste Vorsitzende Florian Höfinger.

Vom 8. bis 11. Juni feiert der Zollinger Burschenverein heuer seinen 90. Geburtstag, 2800 Gäste erwartet er dazu aus nah und fern. Der wichtigste Tag des Festes ist der Sonntag mit dem Festgottesdienst und der Segnung der Fahne. "Die Fahne ist unser Aushängeschild, schafft Identität und wird bei den zahlreichen Festen, zu denen die Burschen eingeladen sind, getragen," beschreibt Höfinger. Der junge Mann stammt aus Zolling, wo er immer noch wohnt, lernte Mechatroniker und studiert jetzt Wirtschaftsingenieurwesen. Einen großen Teil seiner Freizeit verbringt er mit den Vereinsmitgliedern bei Ausflügen, Festen oder dem Maibaumaufstellen. Der katholische Burschenverein sei unpolitisch, betont Höfinger. Im Verein genössen die jungen Männer mit Gleichgesinnten die Freiheit vor der Ehe, das Gemeinschaftsgefühl und sie führten die Tradition des Vereins fort. Als Junggeselle habe man keine Verpflichtungen, nach einer kirchlichen Hochzeit aber schon. Dann erwarteten die Ehefrauen, dass man mehr Zeit zu Hause verbringe, viele junge Männer bauten sich zum Beispiel ein Haus, sagt Höfinger und der Schriftführer des Vereins, Simon Goletz, stimmt ihm zu. Deshalb müssten die Burschen nach dem "Ja-Wort" vor dem Altar aus dem Verein ausscheiden. Aber wer nur standesamtlich heirate, dürfe bleiben und unverheiratete Männer sowieso. Außerdem gebe es einige Ehrenmitglieder, sodass sich der Burschenverein aus Herren aller Altersgruppen zusammensetzt. Ehrenmitglied ist zum Beispiel der ehemalige Bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, der ebenfalls in Zolling wohnt.

Was macht die Attraktivität des Vereins für junge Männer aus? Früher, zur Zeit seiner Gründung, sei der Burschenverein ein wichtiger Treffpunkt gewesen, denn es gab nicht viel Ablenkung auf dem Dorf, schildert Goletz. Bis in die Neunzigerjahre spielten die Mitglieder Theater und bereicherten das kulturelle Leben. Das habe dann der Theaterverein übernommen. Heutzutage, wo es eine Fülle an Möglichkeiten gebe, seine Freizeit zu verbringen, besinne man sich auf die Heimat, die Herkunft oder die Tradition, das verbinde und schaffe ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Dies sei vielen jungen Menschen wichtig und nicht nur die Burschenvereine, sondern auch die Landjugend sowie die Mädchengruppen verzeichneten steigende Mitgliederzahlen, schildern die beiden. Viele männliche Jugendliche fieberten ihrem 16. Geburtstag entgegen, um eintreten zu können, berichtet Goletz, der Ingenieur für Konstruktion studierte, in der Roboterindustrie arbeitet, aus Zolling stammt und hier immer noch lebt. Natürlich wohnten einige Mitglieder inzwischen auswärts, das sei kein Ausschlusskriterium, sagen Goletz und Höfinger.

Zu ihrem Gründungsfest haben sich bereits 120 Gruppierungen angemeldet, man pflegt die Beziehungen zu anderen Vereinen und feiert gemeinsam. Aber auch der Glaube ist den Burschen wichtig, nehmen sie doch in der Gemeinde an allen kirchlichen Festen im Jahresverlauf mit ihrer Fahne teil und ihr Präses und Ehrenvorsitzender ist der Pfarrer, Pater Ignatius Kullu. Inzwischen dürfen evangelische junge Männer eintreten, die Burschen sind offen für alle Konfessionen. Für ihr Gründungsfest haben sie bereits vor zwei Jahren einen elfköpfigen Festausschuss gegründet, gefeiert wird in einem großen Bierzelt am Rande von Zolling, wo die Musik nur wenig stören werde, hoffen Goletz und Höfinger.

Mit ihrem Fest-Programm wollen die Zollinger Burschen für jeden Geschmack und jedes Alter etwas bieten. Das Fest, bei dem natürlich Tracht getragen wird, beginnt am Donnerstag mit dem Bieranstich und einem "politischen Abend". Leider habe Finanzminister Markus Söder wieder abgesagt, sodass jetzt ein Ersatz für ihn gesucht werde, erzählen die Organisatoren. Am Samstagabend heißt das Motto "Schware Party" mit DJ Enargy, für die älteren Besucher spielt die Rockcoverband "United Crash". Am Samstag tritt Wolfgang Krebs mit den Bayerischen Löwen auf und der Sonntag gehört ab 6 Uhr in der Früh dem kirchlichen Fest. Außerdem bauen die Burschen ein Barzelt auf, das rund um die Uhr geöffnet haben wird. Sie empfehlen allen trinkfreudigen Gästen: "wenns gor nimmer hoam kemmts, dann bleibts glei do!" Infos: www.burschenverein-zolling.de.

© SZ vom 26.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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