Wohnungsnot in Freising:Beitrag zu einer sozialen Stadtgesellschaft in stabilen Quartieren

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Genossenschaftliches Wohnen, das geht auch in Freising. Das sagt Christian Stupka von der Stattbau München. (Foto: Marco Einfeldt)

Christian Stupka von der Stattbau München erläutert bei einer Informationsveranstaltung im Lindenkeller die Vorteile von Baugenossenschaften

Von Johann Kirchberger, Freising

Genossenschaftliches Wohnen in Freising. Geht das überhaupt und wenn ja wie? Im Prinzip ja, sagte Christian Stupka von der Stattbau München bei einer Informationsveranstaltung der Stadt Freising am Donnerstagabend im Lindenkeller. Man müsse das nur wollen. Die Stadt will, wie Heiko Huppenberger vom Stadtplanungsamt deutlich machte, und es gibt auch schon ein konkretes Projekt. Ein etwa 6000 Quadratmeter großes Grundstück am Nordrand des Steinparks in Richtung der Wieskirche gelegen. Etwa 80 genossenschaftliche Wohnungen könnten hier entstehen.

In den städtischen Gremien wird derzeit noch beraten, wie man das Projekt anpackt. Noch zu beschließende Vorgaben sind die Höhe des Mietpreises, das Raumkonzept mit seinen unterschiedlichen Wohnungsgrößen, die Wohnformen und die Belegungsquote. Noch nicht geklärt sei auch, wie Stadträtin Charlotte Reitsam sagte, ob das Grundstück an eine Genossenschaft verkauft oder in Erbpacht vergeben werden soll. Die Stadt München beispielsweise vergebe nur noch in Erbpacht, sagte Stupka. Sie habe auch beschlossen, von allen städtischen Grundstücken, die zur Wohnbebauung freigegeben werden, mindestens 30 Prozent Genossenschaften zu überlassen.

Welche Genossenschaft in Freising tätig werden könnte, müsse im Zuge einer Ausschreibung ermittelt werden. Das könne eine ortsansässige Baugenossenschaft sein, eine bestehende Genossenschaft aus München oder Umgebung oder eine Neugründung durch eine lokale Initiative Freisinger Bürger.

Bisher gibt es in Freising erst eine einzige Baugenossenschaft und das schon sehr lange: die Goldberg-Genossenschaft, die erst kürzlich ihr 100-jähriges Bestehen feierte und insgesamt 152 Wohnungen verwaltet. Und die habe durchaus Interesse, auch am Steinpark in das Projekt einzusteigen, wie ein anwesendes Aufsichtsratsmitglied sagte.

"Wir stehen relativ am Anfang", dämpfte Huppenberger allzu euphorische Erwartungen. Trotzdem stellte Stupka einen gewagten Zeitplan auf. Ein Jahr zur Klärung der städtischen Vorgaben und zur Ausschreibung, ein Jahr Planungsphase unter Einbeziehung der künftigen Nutzer, zwei Jahre Bauzeit. "Wenn sich alle anstrengen, könnte das klappen", sagte Stupka.

Als Grund, warum die Stadt überhaupt an die Vergabe eines Grundstücks an eine Genossenschaft denke, nannte Huppenberger den großen Druck auf dem umkämpften Wohnungsmarkt in Freising. "Wir sind eine flächenknappe Stadt", sagte er. Es müsse urban und dicht gebaut werden. Durch die Einbeziehung der späteren Nutzer in die Planung könne bezahlbarer Wohnraum mit hoher Qualität geschaffen werden. Bei einer Genossenschaft sei man nicht Besitzer der Wohnung, aber auch nicht nur Mieter, "man hängt da irgendwo dazwischen", erläuterte Stupka. Aber man bekomme zufriedene Bewohner in stabilen Quartieren, versprach er. Und er zitierte den Genossenschaftsgründer Raiffeisen: "Was man allein nicht schafft, schafft die Gemeinschaft."

Genossenschaftswohnungen wirkten dämpfend und entspannend auf den Mietmarkt, so Stupka. In München gebe es derzeit 55 Genossenschaften, die 40 000 Wohnungen verwalteten. Das sei dauerhaft bezahlbarer Wohnraum mit einem lebenslangen Wohnrecht. Die Mieten könnten deshalb so stabil gehalten werden, weil Grund und Boden der Spekulation entzogen würden. Einnahmen brauche man nur, um den Aufwand zu bestreiten, "eine Genossenschaft brauche keinen Gewinn machen". Finanziert werden die Wohnungen durch Anteile, die von den Nutzern gezeichnet werden und bei Auszug oder Tod zurückgezahlt werden. Dazu kommen ein geringer Pflichtanteil für die Verwaltung, Fördergelder, Kredite und die Mieteinnahmen. Es sei ein Weg zwischen Miete und Eigentum, sagte Stupka, "allen gehört alles gemeinsam".

Deshalb könnten auch Gemeinschaftsräume gebaut werden, möglich sei ebenfalls eine kleine gewerbliche Nutzung für Einzelhandel oder Handwerk. Ein späterer Wohnungstausch sei meist unproblematisch, sagte der Experte. Aus seiner Erfahrung könne er versprechen, dass in einem Genossenschaftsbau lebendige Nachbarschaften entstünden, hier helfe man sich gegenseitig. "Genossenschaftswohnungen sind ein Beitrag zu einer sozialen Stadtgesellschaft in stabilen Quartieren", warb Stupka für diese Idee des Wohnungsbaus.

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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