Kirchbergers Woche:Maske runter und rein in die Amtsstube

Wenn nicht genügend Menschen ins Krankenhaus müssen, gerät der Haushalt des Landkreises in Schieflage. Da muss man gegensteuern.

Kommentar von Johann Kirchberger

Jetzt einmal angenommen, die Pandemie ist vorüber, der Krebs ist besiegt und wegen des Klimawandels rutscht keiner mehr auf eisigen Straßen aus und bricht sich etwas. Eine Katastrophe wäre das. Dann gerät unser Kreiskrankenhaus nämlich noch weiter in die roten Zahlen. In der Folge kommt der gesamte Haushalt des Landkreises in Schieflage, keine neuen Straßen können mehr gebaut und keine Schulen mehr saniert werden.

Soweit darf es nicht kommen, es darf nicht sein, dass der Landkreisbürger und seine Frau, die Bürgerin, vollständig gesunden und unser Krankenhaus leer steht. Deshalb muss die Leitung des Klinikums dringend für eine bessere Auslastung des Krankenhauses sorgen. Die lag im Jahr 2020 nur noch bei mageren 57 Prozent, ist aber zum Glück im Vorjahr schon wieder auf 66 Prozent gestiegen. Allerdings betrug sie schon einmal 75 Prozent und da müssen wir wieder hin, hieß es, als jüngst Bilanz gezogen wurde und 4,3 Millionen Defizit herauskamen. Heißt also im Umkehrschluss, der Landkreis, allen voran natürlich der Kreistag, muss dafür sorgen, dass wieder mehr Menschen krank werden. Also auch in den Amtsstuben keine Masken mehr, keine weiteren Impfungen, kein Salz auf die Straßen und keine geschützten Radwege. So etwas können wir uns einfach nicht leisten.

Bald werden wir locker über den Casemix diskutieren

Aber es Land in Sicht. Die Fallzahlen sind zuletzt ebenso gestiegen wie der Casemix Index. Noch nie gehört von Casemix? Das ist ein Indikator zur Ermittlung der durchschnittlichen Fallschwere. Er wird ermittelt aus der additiven Gesamtsumme aller Relativgewichte, dividiert durch die additive Gesamtsumme angefallener Behandlungsfälle. So einfach ist das. Vermutlich werden wir schon bald ebenso locker über den Casemix diskutieren wie über die vielen anderen medizinischen Begriffe, die uns seit Ausbruch der Pandemie täglich um die Ohren geschlagen werden. So wissen wir längst Bescheid über den Unterschied von FFP2-Masken und medizinischen Masken, können unterscheiden zwischen PoC-Antigentests und PCR-Tests, wissen was der R-Wert bedeutet und die Hospitalisierungsinzidenz und natürlich sind uns auch Begriffe wie SARS-CoV2 und Omikron BA.5 geläufig.

Wann wer eine Booster-Impfung braucht, wissen wir auch, nur warum manche Menschen sich einen Aluhut aufsetzen und Freiheit rufen, das hat sich uns bisher nicht erschlossen. Nicht kapiert haben wir auch, warum fast alle im Bundestag für eine allgemeine Impfpflicht sind und trotzdem keine zustande kommt. Weil wir von einer Koalition regiert werden, betont Karl Lauterbach bei jeder Gelegenheit. Aber der hält ja sogar das Oktoberfest für gefährlich und würde vermutlich auch das Freisinger Volksfest verbieten, wenn er wüsste, dass da 6000 Menschen in einem Zelt sitzen und unmaskiert Maßkrüge zusammenschlagen und leeren.

Die Gesundheit ist uns Freisingern eben nicht ganz so wichtig wie unser neuer Bär im Stadtwappen, der jetzt nach Meinung der Stadträte endlich in einem "souveränen Look" daherkommt, "zeitgemäß und historisch schlüssig". Mit einer "subtilen Krümmung und mehr Raute" sei der Bär jetzt nicht mehr so kuschelig, heißt es, er sei erwachsener geworden und strahle "Aufbruch, Leichtigkeit und Erfolg" aus. So wie die Stadt Freising sonst eben auch, oder? Wir müssen nur aufpassen, dass unser neuer Bär die rechte Vorderpfote nicht verliert, die hängt nur noch an einem seidenen Faden.

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