Minderjährige Flüchtlinge:Wiedersehen nach zwei Jahren

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Zu Musik von Appollon's Smile feiern ehemalige Bewohner der Turnhalle an der Wippenhauser Straße im Buchcafé Etappe ihr Wiedersehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Junge Asylbewerber, die einst an der Wippenhauser Straße untergebracht waren, erzählen beim Treffen mit ehemaligen Helfern aus ihrem Leben.

Von Katharina Aurich, Freising

Drei Jahre ist es her, dass 75 unbegleitete, männliche jugendliche Flüchtlinge in die Turnhalle an der Wippenhauser Straße eingezogen sind. Inzwischen sind sie junge Männer, wohnen in ganz Oberbayern verteilt, haben Schulabschlüsse bestanden und Lehrstellen gefunden. Am vergangenen Samstag haben sie sich auf Einladung der vier Ehrenamtlichen, die den jungen Männer damals unter die Arme griffen, im Buchcafé Etappe der Caritas wieder getroffen. Viele der Schützlinge kamen. Auch diejenigen, die jetzt in Rosenheim oder Landshut leben, scheuten den Weg nicht, und alle freuten sich sehr darüber, sich nach dem Auszug aus der Halle im April 2016 einmal wiederzusehen und zu erzählen, wie es ihnen so ergangen ist.

"Man muss hier kämpfen und sich durchbeißen"

Einer von ihnen ist Sharafuddin aus Afghanistan, der jetzt fast 20 Jahre alt ist. Er ging wie alle anderen jungen Geflüchteten sofort nach seiner Ankunft zur Schule und lernte schnell Deutsch. Und er lernte noch etwas anderes. "Man muss kämpfen und sich hier durchbeißen", sagt der junge Mann, der inzwischen mit 17 anderen Geflüchteten in einer Wohnung und zu dritt in einem Zimmer in Freising lebt. Nächste Woche wird er wieder einmal zum Ausländeramt im Landratsamt gehen, gemeinsam mit dem Landschaftsbauunternehmer David Lehmann aus Garching. Denn Sharafuddin könnte in dem Betrieb eine Ausbildung machen, es fehle ihm jedoch noch die Erlaubnis dafür. Er sei sehr froh, dass er nach seinem Schulabschluss diese Chance bekomme, aber er besitze keinen Reisepass, sondern nur das übliche afghanische Identitätsdokument, eine Tazkira, erklärte der junge Mann. Dies genüge der Behörde offensichtlich nicht, es sei sehr schwierig, eine Ausbildungserlaubnis zu erhalten. Jetzt hoffe er auf den Einfluss seines zukünftigen Chefs.

Abdulghafar, 20, aus Afghanistan kam zum Treffen in das Buchcafé direkt vom Frühdienst aus dem Erdinger Krankenhaus. Dort arbeitet er inzwischen als Krankenpflegehelfer. Nach seiner Ankunft in Bayern absolvierte er an der Volkshochschule einen Deutschkurs, ging anschließend zur Berufsschule und machte seine Mittlere Reife. Nach seiner einjährigen Ausbildung zum Krankenpflegehelfer wird er im Oktober seine dreijährige Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger beginnen, den Vertrag habe er bereits unterschrieben. Wohnen könne er im "Schwesternwohnheim" des Erdinger Krankenhauses und habe dort endlich nach drei Jahren in Gemeinschaftsunterkünften und Mehrbettzimmern ein eigenes, kleines Reich für sich, erzählte er und freute sich. Abdulghafars Familie lebt in Afghanistan, er hat neun Geschwister, seine Brüder studieren dort. Sie wollten alle in Afghanistan bleiben, berichtet der junge Mann. Er vermisse seine Familie zwar, fühle sich aber hier in Bayern fast wie zu Hause. Bald werde er nach Pakistan fliegen und einen Teil seiner großen Familie treffen. Afghanischen Boden dürfe er nicht mehr betreten, da ihm dort die Verhaftung drohe.

Einige Helfer haben immer noch Kontakt zu den "Buben"

Solche Gedanken verscheuchten die jungen Männer jedoch, die sich an diesem fröhlichen Nachmittag trafen, zu dessen Gelingen nicht nur das leckere Essen, das die Ehrenamtlichen zubereitet hatten, beitrug, sondern auch Marc Hanow und Julian Hobmeier, die als Appolon's Smile unter anderem Songs von Simon and Garfunkel spielten. Die Mitglieder der kleinen, losen Unterstützergruppe, die den "Buben" damals unter die Arme griffen, sind immer noch mit einigen von ihnen in Kontakt. Sie freuen sich über jeden Schritt, den die jungen Männer in ihrem neuen Leben in Bayern bewältigen.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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