Wie es früher war:55 Mark pro Kind

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Die 80-jährige Anna Brückl hat mehr als 4300 Müttern geholfen

Am 1. Februar 1959, daran erinnert sich die heute 80-jährige Anna Brückl noch genau, war ihr erster Arbeitstag - beziehungsweise der Tag, an dem die Hebamme ihre erste Geburt begleitete und einem Kind auf die Welt half. Viele andere folgten, in den nächsten 36 Jahren unterstützte sie bei über 4300 Geburten werdende Mütter.

Anna Brückl wurde 1935 in München geboren, ihre Kindheit verbrachte sie in Osseltshausen. Als 21-Jährige begann sie ihre Hebammenausbildung in München, zog danach mit ihrem Ehemann nach Au in der Hallertau. Dort habe sie zunächst als freiberufliche Hebamme gearbeitet, überwiegend Hausgeburten betreut, erzählt Brückl. Die Frauen seien damals nur selten zur Entbindung in ein Krankenhaus gegangen, denn die Geburt wurde zwar gezahlt, aber nicht der Aufenthalt im Krankenhaus - und das Geld dafür hätten die meisten Frauen nicht gehabt.

Sie selber habe damals 55 Mark pro Geburt bekommen, erinnert sich Brückl. Ende der Sechzigerjahre ging sie dann als Hebamme in das Krankenhaus nach Mainburg, "das machte mir die Arbeit leichter, denn bei Komplikationen war ein Arzt in der Nähe", erzählt die 80-Jährige. Bis 1972 arbeitete Brückl als Freiberuflerin, bekam damals für einen Vor- oder Nachsorgetermin beispielsweise sieben Mark. "Reich wurde man damit nicht", sagt sie. Erst als sie als Hebamme im Freisinger Krankenhaus eine Anstellung bekam, habe sie ein festes Gehalt bekommen. Bis zu ihrer Pensionierung 1995 arbeitete sie dort im Schichtdienst.

"Ich bin sehr gerne Hebamme gewesen, trotz der vielen Nachtdienste", sagt Anna Brückl. Hebamme zu sein, sei mehr als nur ein Beruf, der Moment der Geburt sei ein ganz besonderer. Auch ihre eigenen Enkel habe sie auf die Welt gebracht und teilweise sogar die Urenkel. "Die Hebamme ist auch immer eine Vertrauensperson", erzählt Brückl. Dass sich heute viele Hebammen beklagen oder sogar ihren Beruf aufgeben, könne sie bei den hohen Prämien verstehen. Sie selber habe früher nur eine sehr geringe Summe an die Versicherung zahlen müssen: "Ein paar Mark im Monat waren das, denke ich", sagt sie. Wie die Hebammen heute zurechtkommen sollen, wisse sie nicht, "eigentlich muss sich da doch der Staat einsetzen", findet Brückl. Schließlich habe ja auch der Gesetzgeber vorgeschrieben, dass eine Hebamme bei einer Geburt dabei sein müsse.

© SZ vom 13.07.2015 / regu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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