Weihnachten:Arbeiten, wenn andere feiern

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Während andere am 24. Dezember unterm Christbaum sitzen, sind viele Ärzte, Pfleger und Rettungskräfte an Heiligabend im Dienst. Auch Stadtpfarrer Lederer hat viel zu tun - freut sich aber schon auf die Rituale

Von Clara Lipkowski, Freising

Noch hektisch Geschenke einpacken, vielleicht das eine Mal im Jahr in die Kirche gehen, um in festliche Stimmung zu kommen und dann am Christbaum schlemmen und gemütlich beisammen sitzen - die weihnachtlichen Rituale sind nicht für jeden selbstverständlich. Viele Freisinger arbeiten an Heiligabend, obwohl Weihnachten für viele Menschen geradezu heilig ist. Im Seniorenzentrum Freising etwa wird sogar Personal aufgestockt. "Viele Bewohner feiern im Heim mit ihren Angehörigen", berichtet Pflegedienstleiterin Regina Krostewitz, "da haben wir zum normalen Wochenendpersonal sogar noch mehr Kollegen im Einsatz."

Schließlich wolle man den Bewohnern, die nicht ausgehen können, ein gemütliches Beisammensein ermöglichen. Und auch die Bewohner, die keine Angehörigen haben, werden nicht vergessen: Ehrenamtliche werden in das Pflegeheim kommen und mit ihnen ein paar Stunden verbringen.

Die Freiwillige Feuerwehr Freising hat die gesamte Mannschaft in Bereitschaft. "Für uns ist Heiligabend ein ganz normaler Tag", sagt Pressesprecher Florian Wöhrl. "Alle Freiwilligen haben ihren Piepser dabei und sind in Bereitschaft, um kurzfristig für einen Einsatz zur Wache zu kommen." Ruft jemand die 112 an, wird er wie an jedem anderen Tag auch zur Leitstelle in Erding geleitet, von dort aus wird der Einsatz dann koordiniert. In den vergangenen Jahren sei es aber meist ruhig gewesen, "wir hatten nur sehr selten einen Einsatz an Heiligabend." Brennende Christbäume? Fehlanzeige. Eher an Silvester würden die Feuerwehrleute zu Einsätzen gerufen, weiß Wöhrl.

Wenn sich am Heiligen Abend die Feiertagsruhe über die Stadt legt, gilt das nicht für alle. Viele müssen dennoch arbeiten. (Foto: Marco Einfeldt)

Dienstschieben heißt es auch im Freisinger Krankenhaus, wie an jedem Wochenende wird dort ganz normal gearbeitet. Die Zahl der Patienten aber gehe an Weihnachten von rund 300 auf etwa 200 zurück, sagt Pressesprecher Christoph Wenzel. Etwa 35 stationäre Aufnahmen werde es pro Tag an den Feiertagen geben, schätzt er, "an Heiligabend werden es mit rund 30 die wenigsten sein." Acht bis neun Ärzte werden im Klinikum arbeiten, acht weitere haben Rufbereitschaft. Auch das Rote Kreuz im Landkreis ist wie gewohnt im Einsatz. Die Rettungshelfer arbeiten teils in festen Schichten, teils auf Abruf. Lediglich an Heiligabend wird in Freising anstelle von zwei Krankenwagen nur einer im Einsatz sein. "Erfahrungsgemäß werden an Heiligabend nur sehr selten Patienten entlassen oder benötigen einen Krankentransport", sagt Hubert Böck, Leiter der Rettungswache. Menschen in seelischer Not erreichen den im Dezember eingerichteten psychiatrischen Krisendienst an den Feiertagen unter der Telefonnummer 01 80/65 53 000 von neun bis 24 Uhr.

Auf alles Mögliche einstellen muss sich die Freisinger Polizei. "Wir müssen variabel im Personal sein", sagt Michael Ertl, Polizeivizechef, denn manchmal sei ein Heiligabend ruhig, manchmal müssten die Beamten ständig ausrücken. "Wenn Menschen an Weihnachten allein sind, werden manche melancholisch und kommen auf Suizidgedanken", sagt Ertl. Dann muss die Polizei schnell am Ort sein. "Oder wenn Familien, die sich sonst das ganze Jahr über nicht sehen, meinen, Weihnachten zusammen feiern zu müssen, führt das schon einmal zu Streitigkeiten, zu denen wir dann gerufen werden." Auf den Straßen hingegen sei es gewöhnlich ruhig, Friedhofsbesuche und Kirchgänge an Heiligabend hätten auf die Arbeit der Polizei keine Auswirkung, sagt Ertl.

Bei einigen Busfahrern in der Stadt ist der Weihnachtsdienst nicht unbeliebt. Zwar fahren die Busse nicht so häufig, mancher hat sich aber bewusst zum Dienst gemeldet: "Ein paar freuen sich sogar, dem Weihnachtstrubel zu entfliehen und arbeiten freiwillig", sagt Sonja Ziesack von den Freisinger Stadtwerken. "Der ein oder andere freut sich sicher auch über den Feiertagszuschlag."

Für die Geistlichen in der Domstadt ist Weihnachten neben Ostern eine ganz besondere Zeit im Jahr, aber auch eine besonders anstrengende: Schließlich strömen vor allem zu Heiligabend auch die Menschen in die Kirche, die sonst nicht so viel geistlichen Input suchen. Mehrere Messen am Tag feiern die Pfarrer in den Freisinger Gemeinden, die ersten beginnen schon um kurz vor sieben. Danach nehmen die Geistlichen die Beichte ab, es folgen Kinder- und Jugendgottesdienste und zu später Stunde noch die Mitternachtsmesse.

Stadtpfarrer Peter Lederer feiert dann einfach zwischendurch. "Nach dem ersten Gottesdienst setze ich mich mit dem Kaplan zusammen, dann essen und feiern wir gemeinsam ein wenig, bevor die nächste Messe beginnt." Allzu heftig geht es bei ihm aber nicht zu. "Man sagt ja, ein voller Magen studiert nicht gern. Ein voller Magen arbeitet aber auch nicht gern", sagt Lederer und lacht. Zwar bedeute Weihnachten viel Organisation, aber wenn es dann soweit ist, freue er sich sehr auf die Rituale. "Gottesdienste empfinde ich dann nicht als Arbeit, sondern als Feier. Das macht mich froh."

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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