Süddeutsche Zeitung

Weihnachten arbeiten:"Heiligabend - ein Tag wie die anderen 364 im Jahr"

Lesezeit: 3 min

Wer muss arbeiten und wie erleben diese Menschen die Feiertage? Weiße Weihnacht wünscht sich da jedenfalls nicht jeder.

Von Luise Helmstreit, Freising

Bei Kerzenlicht um den Weihnachtsbaum sitzen, besinnliche Lieder anstimmen und Geschenke auspacken: Nicht allen ist so ein klassisch besinnliches Fest vergönnt. Während zum Beispiel fast alle von weißen Weihnachten träumen, sehen das die Mitarbeiter des Winterdienstes oft ein bisschen anders - und auch bei Polizei und Feuerwehr oder im Krankenhaus herrscht natürlich an den Feiertagen Bereitschaft.

"Wenn es schnell und viel schneit, ist auch mal die ganze Mannschaft im Dauereinsatz", sagt Bernhard Knopek. "Ansonsten alarmieren wir meistens nur einen Teil unserer Mitarbeiter, wenn es gut läuft, kann der Großteil also ganz normal feiern." Einer sei aber mindestens im Einsatz, um kritische Stellen auf Glatteis zu prüfen, so Knopek. Der alarmiere dann bei Bedarf seine Kollegen. "So lange es sich in Grenzen hält, haben wir aber eigentlich nichts gegen ein bisschen Schnee an Weihnachten", sagt Knopek. "Die Kinder freuen sich darüber."

An Weihnachten gebe es aber nicht mehr oder weniger Feuerwehreinsätze als an anderen Tagen

"Heiligabend ist genauso ein Tag wie die anderen 364 im Jahr", sagt Florian Wöhrl von der Freisinger Feuerwehr. "Wenn nichts passiert, können unsere Leute ihn mit ihren Familien verbringen, sie haben eben einen Piepser dabei." An Weihnachten gebe es aber nicht mehr oder weniger Einsätze als an anderen Tagen, so Wöhrl. "Brennende Christbäume hatten wir schon lange nicht mehr. Die sind da noch recht frisch und brennen nicht so leicht, so etwas passiert eher in den Wochen danach. Außerdem verwenden die meisten keine echten Kerzen mehr."

"Beschaulich ist es bei uns an Weihnachten nur, wenn die Bevölkerung es zulässt", sagt Polizeihauptkommissar Michael Ertl. "Wenn nicht viel los ist, versuchen wir, uns zusammen zu setzen und ein paar Plätzchen zu essen." Ein Weihnachtsbaum steht schon auf der Polizeiwache. "Manchmal haben wir aber auch sehr viel zu tun während der Feiertage", erzählt Ertl, "Manche haben gerade in der stillen Zeit Probleme, witterungsbedingte Unfälle sind nicht selten und bei manchen Familienfeiern brechen alte Konflikte auf."

Mit Familienkrisen hat auch Pfarrer Thomas Prusseit in der Weihnachtszeit regelmäßig zu tun. Nicht selten laufe es ein bisschen schief mit dem Fest der Liebe, sagt er. Abgesehen von ihrer Rolle als Seelsorger haben Pfarrer in der Weihnachtszeit aber ohnehin viel zu tun. "Oft muss ich während der Feiertage jeden Tag mehrere Gottesdienste halten. Die sind aufwendiger in der Vorbereitung, weil sie ja etwas besonderes sein sollen und mehr Leute kommen. Oft spielen wir etwa kleine Theaterstücke. Kurz darauf folgt Silvester und wenn dazwischen noch ein Sonntag liegt, wird es wirklich stressig. Dieses Jahr ist es zum Glück etwas entspannter, wir sind gut besetzt. Heiligabend kann ich mit meiner Familie verbringen."

Die Welt dreht sich auch am Flughafen nicht langsamer als sonst - das spüren vor allem die, die arbeiten müssen

Auch am Flughafen dreht sich die Welt nicht langsamer als sonst. "Flugzeuge müssen abgefertigt werden, die Flughafenfeuerwehr muss bereit stehen, die Informationsübermittlung funktionieren, sonst läuft hier nichts", sagt Edgar Engert, Chef vom Dienst am Flughafen München. "Wir haben 24 Stunden geöffnet, 365 Tage im Jahr, viele müssen an Weihnachten ganz normal arbeiten." Manche, sagt Engert, übernähmen die Schichten während der Feiertage sogar gerne.

Ein bisschen besinnlicher geht es in Seniorenheimen zu: "Es gibt eine kleine Weihnachtsfeier für Bewohner und Mitarbeiter. Viele Angehörige kommen zu Besuch oder holen Familienmitglieder über die Feiertage ab. Natürlich läuft der Pflegebetrieb normal weiter, aber es gibt keine Arztvisiten und wir feiern gemeinsam", erzählt eine Mitarbeiterin des Seniorenzentrums Neufahrn. Ebenso bemüht, den Patienten zumindest ein bisschen Feiertagsstimmung zu bieten, ist das Klinikum Freising. An Heiligabend steht Entenbrust in Orangensauce auf dem Speiseplan, außerdem gibt es für alle Lebkuchen oder Tee. Das Seelsorgeteam organisiert eine kleine Weihnachtsandacht. Schon jetzt sind die Stationen weihnachtlich dekoriert - "wo es Hygiene- und Brandschutzvorschriften zulassen", sagt Kliniksprecher Christoph Wenzel. Während der Feiertage sei es im Klinikum meistens ein bisschen ruhiger, es gebe nur ungefähr halb so viele stationäre Aufnahmen wie an normalen Tagen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3803287
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.12.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.