Weihenstephan:Pflanzen, die vom Mittelalter erzählen

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Geschichtsstunden in der Natur: Bei einem Frühlingsspaziergang stellten Inge Steidl und Carolin Plötz (vorne) Pflanzen vor, die etwas über die Besiedelung am Weihenstephaner Südhang verraten. (Foto: Marco Einfeldt)

Botanische Raritäten wie die Waldtulpe und bekannte Sträucher wie die Johannisbeere verraten einiges über die frühen Bewohner und Gärtner des Weihenstephaner Südhangs.

Von Katharina Aurich, Freising

Der Weihenstephaner Südhang ist sowohl für Botaniker als auch für Kulturinteressierte eine wahre Schatzkiste. Denn der Hang hat eine mehr als 1000-jährige Siedlungsgeschichte, und noch heute sind die Gartenflüchtlinge von damals zu finden - Pflanzen, die sich aus den Gärten der Mönche ohne menschliches Zutun in der Wildnis weiter verbreiteten. Davon zeugt die gelb blühende Waldtulpe, die inzwischen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht. Sie war am Sonntag der Höhepunkt eines dreistündigen Frühlingsspaziergangs am Südhang, einer Gemeinschaftsexkursion von Bund Naturschutz und Stadtheimatpflegeverein mit Inge Steidl und Carolin Plötz.

Inge Steidl, die an der Fachhochschule Weihenstephan Landespflege studiert hat, und Biologin Carolin Plötz beschäftigen sich seit mehr als 20 Jahren mit den Pflanzen, die am Südhang wachsen, und luden zu dieser besonderen Führung zu archäologischen Zeigerpflanzen ein. Denn am Südhang, dem Übergang vom tertiären Hügelland in die Münchner Schotterebene, wachsen vielfältige Pflanzengesellschaften, die jetzt, solange das Blätterdach der Laubbäume noch offen und lichtdurchlässig ist, ihre Schönheit entfalten. Sie sind das Ergebnis der langen Siedlungsgeschichte dieses Ortes, bis Anfang des 19. Jahrhunderts lebten und arbeiteten Mönche im Kloster Weihenstephan und kultivierten dort ihre Gärten.

Giftiger Aronstab wächst inmitten von Bärlauch. Wer Bärlauch pflückt, sollte ihn daher genau prüfen

Besonders angetan hatte es den rund 30 Teilnehmern, überwiegend pflanzenkundige Leute, die selbst immer wieder ihre Erfahrungen aus dem heimischen Garten beisteuerten, der große Bärlauchbestand. Vor 20 Jahren habe es diese "kulinarische Entdeckung", wie Steidl den Bärlauch nannte, nur an vereinzelten Stellen gegeben. Sie wies auch auf die Verwechslungsgefahr mit Maiglöckchen hin und Plötz erläuterte den Bestäubungsmechanismus des giftigen Aronstabs, der inmitten des Bärlauchs wächst.

Man sollte die schmackhafte Pflanze also nicht großflächig und schnell pflücken und das Grün dann gleich in den Mixer füllen, sondern genau prüfen, ob sich unter die Ernte nicht auch das giftige Gewächs geschlichen habe, warnte Plötz. Eine typisch archäologische Zeigerpflanze sei auch die Johannisbeere, sagte Steidl, während sie vorsichtig ein Exemplar ausgrub. Sie wurde vermutlich vor Jahrhunderten von den Mönchen kultiviert. Und auch das kleine Immergrün sei ein Hinweis auf frühere Siedlungen an diesem Ort, schilderte Steidl. An der Ruine des ehemaligen Bienenstands der Fachhochschule Weihenstephan zeigten Steidl und Plötz den in früheren Zeiten von Imkern angepflanzten Riesenbärenklau und Japanknöterich, die das Nahrungsangebot für die Bienen erweiterten.

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An der Ruine der Korbinianskapelle wiesen die beiden auf die Mauerraute hin, die sich hier offensichtlich wohl fühle. Steidl und Plötz gingen auch auf die Wegesanierung am Südhang ein. Ihrer Meinung nach werde dabei zu wenig auf die Pflanzengesellschaften, die sich hier jahrhundertelang etabliert hätten, Rücksicht genommen. Es werde des Guten zu viel getan, man könnte es auch behutsamer machen, betonten die beiden Fachfrauen, um diese selten gewordenen Laubwaldgesellschaften zu erhalten.

© SZ vom 17.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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