Naturschutz:Wasserbüffel mit besonderer Mission

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Vier Wasserbüffel übernehmen die Landschaftspflege auf einer 5,3 Hektar großen Fläche bei Tünzhausen. Sie sollen dabei helfen, die Artenvielfalt zu erhalten (Foto: Marco Einfeldt)

Die Heinz-Sielmann-Stiftung startet bei Tünzhausen ein Beweidungsprojekt, wissenschaftlich begleitet wird es von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Ziel ist, die Artenvielfalt in der Amperaue zu erhalten und Neophyten wie das Indische Springkraut zurückzudrängen.

Von Petra Schnirch, Allershausen

Das Timing könnte nicht besser sein: Gerade als die Gruppe an der Weide ankommt, schieben sich die vier Wasserbüffel aus ihrer Schlammkuhle und dem Gestrüpp nach vorn. Sie beäugen die Zaungäste fast ebenso neugierig wie diese die eindrucksvollen, schwarzen Tiere mit ihren gebogenen Hörnern, die eine wichtige Mission erfüllen sollen. Sie sind ein Baustein, um die Artenvielfalt im Ampertal zu erhöhen. Am Freitag ist das Naturschutzprojekt bei Tünzhausen offiziell vorgestellt worden. Auch eine Infotafel wurde aufgestellt.

Ins Leben gerufen hat es die Heinz-Sielmann-Stiftung gemeinsam mit lokalen Behörden und der Gemeinde Allershausen, der die 5,3 Hektar große Fläche gehört. Landwirt Martin Vogt aus Langenbach beweidet das Areal extensiv mit Wasserbüffeln. Wissenschaftlich begleitet wird das Beweidungsprojekt durch die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Ein Fokus liegt darauf, ob sich damit das Wasserangebot in der Fläche erhöhen lässt. Denn auch wenn das Hochwasser von Amper und Glonn Anfang Juni Teile der Region überflutete, gehen Experten davon aus, dass der Wasserpegel im Ampertal langfristig sinken wird.

Spaziergänger können sich über das Beweidungsprojekt informieren. Die Tafel enthüllten (v. l.) Reinhard Menzel (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten), Heiko Schumacher (kniend, Heinz-Sielmann-Stiftung), Bürgermeister Martin Vaas, Volker Zahner (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) und Landwirt Martin Vogt. (Foto: Marco Einfeldt)

Mehrere Wochen sind die vier Wasserbüffel – zwei trächtige Kühe, die im Herbst kalben werden, und zwei Jungrinder – nun bereits auf der Weide, mit einer kurzen Pause während des Hochwassers. In diesen Tagen startet auch ein weiteres Wasserbüffel-Projekt der Heinz-Sielmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Freising im Wieserbrütergebiet bei Thonstetten.

Die ersten Effekte werden schnell sichtbar. Für die Naturschutzarbeit prädestiniert sind die Wasserbüffel durch ihren „ungewöhnlichen Geschmack“, wie Landwirt Martin Vogt es nennt. Im Gegensatz zu anderen Rindern fressen sie gern Schilf und das Indische oder Drüsige Springkraut, ein Neophyt, der sich an Wasserläufen immer stärker ausbreitet und heimische Arten überwuchert und verdrängt. Initiativen, die Pflanzen per Hand auszureißen oder abzumähen, sind aufwendig und teuer.

An feuchte Standorte sind Wasserbüffel gut angepasst. Dank ihrer Spreizklauen sinken sie in sumpfigen Böden kaum ein, wie Volker Zahner, Professor für Zoologie, Wildtierökologie und Entomologie an der HSWT, erklärt – obwohl die Tiere bis zu einer Tonne auf die Waage bringen. Und sie sind sehr robust. Die Biodiversität profitiert gleich in mehrfacher Hinsicht, nicht nur, weil die Wasserbüffel das Springkraut eindämmen, sondern auch, weil sie halb offene Strukturen und somit Biotope für Amphibien schaffen, etwa die selten gewordene Gelbbauchunke. Zudem produzieren sie Kuhfladen. 1000 Kilogramm Dung – das sind in der Folge 100 Kilo Insekten wie Mistkäfer und zehn Kilo Vögel, wie Zahner vorrechnete.

Die Fläche in Tünzhausen liegt in einem Natura-2000-Gebiet und ist schon jetzt sehr artenreich. Dort gibt es laut Zahner Sumpfrohrsänger, Blaukehlchen, Neuntöter und Bienenfresser sowie jede Menge Fledermäuse. Die HSWT hat im Frühjahr eine Bestandsaufnahme der Flora und Fauna vorgenommen und wird dies in regelmäßigen Abständen wiederholen. Der Wissenschaftler bezeichnet das Gebiet als „Juwel“, es gehe nun darum, wie man es am besten erhalten könne.

Die Gemeinde habe überlegt, was sie mit der Fläche machen wolle, sagt Bürgermeister Martin Vaas. Vor zwei Jahren sei dann ein erster Kontakt mit der Sielmann-Stiftung entstanden. Für die Umsetzung des Projekts hätten viele Räder ineinander greifen müssen. Die Tatsache, dass ein Teil des Gebiets im Wald liegt, hat dies nicht vereinfacht. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding fand sich dann doch ein Weg. Auch Behördenleiter Reinhard Menzel ist begeistert. Wasserbüffel seien „ideale Landschaftspfleger“. Sowohl auf dem Feld als auch im Wald könnten sie Gutes für den Biotopschutz leisten.

Auch die seltene Schmale Windelschnecke lebt in den Amperauen

Für den Erhalt des Erlenwalds sei ein funktionierender Wasserhaushalt notwendig, erklärt Zahner. „Die feuchten Wälder binden CO₂ und speichern Wasser – wichtige Qualitäten in Hinblick auf die laufenden Veränderungen durch den Klimawandel.“ Die Gemeinde stellt der Sielmann-Stiftung die Projektfläche langfristig zur Nutzung und Pflege als Nießbrauch zur Verfügung. Diese Altaue mit ihren feuchten Erlen- und Laub-Nadel-Mischwäldern sei „ökologisch äußerst wertvoll“, sagt Heiko Schumacher, Bereichsleiter Biodiversität der Heinz-Sielmann-Stiftung. Vor Jahren wurde hier die winzige und sehr seltene Schmale Windelschnecke entdeckt. Auch ihr Lebensraum soll durch die Beweidung geschützt werden.

Auch Landwirt Martin Vogt ist froh über diese Lösung. Er arbeitet schon länger mit Wasserbüffeln, bisher auf eigenen Betriebsflächen. Als Privatperson im Naturschutz Fuß zu fassen, sei sehr schwierig, schildert er. Als Landwirt werde man da „eher belächelt“.

Wer die Tiere am Ortsausgang von Tünzhausen aus der Nähe beobachten will, hat in den kommenden Tagen womöglich schlechte Karten. Demnächst werden sie in das Waldstück gegenüber der Weide getrieben – und werden dort dann nicht zu sehen sein. An Gerüchten, dass Wasserbüffel Leberegel verbreiten, sei übrigens nichts dran, versichert Zahner. Die Tiere würden von den Parasiten nicht befallen. Im Winter sind die Wasserbüffel dann wieder im heimischen Stall.

Heinz-Sielmann-Stiftung

Die Heinz-Sielmann-Stiftung engagiert sich seit 30 Jahren für Naturschutzprojekte. 1994 von Naturfilmer Heinz Sielmann und seiner Frau Inge gegründet, setzt sie sich durch den Erwerb unzerschnittener Landschaften und die Bildung von Biotopverbünden für den Erhalt gefährdeter Lebensräume ein. In Bayern unterstützt sie die Entwicklung des Biotopverbunds Bayern-Netz-Natur. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.sielmann-stiftung.de/biotope-verbinden. Allershausen gehört zum Biotopverbund Ampertal.

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