Wasser ist lebenswichtig:Zu kostbar für Spekulanten

Politiker im Landkreis und auch der Stadtwerke-Chef Andreas Voigt warnen vor einer Privatisierung der Wasserversorgung. Noch bekommen die Freisinger ein "Naturprodukt mit Traumqualität" - dies ist nicht überall in der EU so.

Gudrun Regelein

Sauberes Wasser aus dem Hahn mit Trinkwasserqualität ist für den deutschen Verbraucher eine Selbstverständlichkeit - noch. Denn geht es nach dem Willen der Europäischen Kommission, könnte sich das bald ändern. Diese plant, die europaweite Wasserversorgung zu liberalisieren. Politiker aus dem Landkreis und auch Stadtwerke-Chef Andreas Voigt warnen jedoch vor einer Öffnung des Markts für private, gewinnorientierte Versorgungsunternehmen.

Der CSU-Landtagsabgeordnete Florian Herrmann reagiert "mit Unmut auf die Einmischung aus Brüssel": Die Wasserversorgung sei durch Ortsnähe gekennzeichnet und somit eine klassische kommunale Aufgabe. Städte und Gemeinden wüssten am besten, was zu tun sei, heißt es in der Pressemitteilung. Die Versorgung der Bürger mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser sei ein so hohes Gut, dass betriebswirtschaftliche oder gar spekulative Interessen damit nicht vereinbar seien, so Herrmann weiter. Zudem habe die Versorgung mit Trinkwasser durch die Kommunen, im Vergleich mit anderen Bereichen, für eine beispielhafte Preisstabilität gesorgt.

Eine Privatisierung hätte "dramatische Folgen für den Verbraucher hier bei uns", befürchtet Franz Rauch, Geschäftsleiter des Zweckverbands Wasserversorgungsgruppe Freising-Süd. Denn speziell in Bayern gebe es Wasser nicht nur in ausreichender Menge, sondern auch als "Naturprodukt mit Traumqualität". Würde die Versorgung tatsächlich privatisiert und käme beispielsweise ein spanischer Unternehmer zum Zuge, so könnte statt des gewohnt sauberen Wassers auf einmal "gelbliches, gechlortes Wasser" zuhause aus dem Hahn laufen, warnt Rauch. Und das bei eventuell steigenden Preisen. Denn ein privater Investor wirtschafte gewinnorientiert - "wir dagegen dürfen gar keine Gewinne machen". Die Überschüsse würden wieder investiert - beispielsweise in die Sanierung der Rohrnetze.

Neu ist die Diskussion nicht, aber sie ist wieder sehr aktuell: Am kommenden Donnerstag wird sich der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (EP) mit dem Entwurf zur EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie befassen. Darin versteckt sich die Forderung, dass im Bereich der Wasserversorgung eine Marktöffnung erfolgen solle. Die Privatisierung stelle ein "schwerwiegendes Problem" dar, auch wenn er als regionaler Wasserversorger keine Angst vor Konkurrenz habe, sagt Rauch. "Unsere Wasserqualität ist sehr hoch, der Preis niedrig." In Bayern - und auch im Landkreis - sei die Wasserversorgung "extrem kleinteilig", erklärt der Geschäftsleiter des Zweckverbands. Bayernweit gebe es etwa 2300 Anbieter. Die fünf großen Wasserversorger im Landkreis haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, daneben gibt es aber weitere, kleine Anbieter. Im Gegensatz dazu teilten sich in den meisten anderen EU-Ländern ein oder zwei große Unternehmen den Markt. Dort sei eine Privatisierung üblich. Teilweise mit erschreckenden Konsequenzen, wie Rauch am Beispiel Londons erläutert. Nachdem dort vor etwa zehn Jahren ein privates Unternehmen die Wasserversorgung übernommen habe, sei das Wassernetz zunehmend maroder und die Wasserqualität immer schlechter geworden. "Bis die Londoner schließlich für viel Geld alles wieder zurückkauften und viele Millionen in die Sanierung stecken mussten", schildert Rauch.

Die Gemeinde Kranzberg bezieht ihr Wasser vom Zweckverband Freising-Süd. Bürgermeister Robert Scholz (FWG) ist strikt gegen eine Privatisierung: "Das darf nicht passieren. Ich persönlich sehe das fast als Frechheit an", sagt er und verweist auf negative Erfahrungen, die man beispielsweise bei der Privatisierung der Bahn gesammelt habe. Bei Wasser handle es sich um ein "hohes Gut", das "wir uns nicht durch Spekulanten verderben lassen dürfen". Die Wasserversorgung sei eine öffentliche Aufgabe - und die solle und müsse bei den Kommunen bleiben.

"Wasser ist ein Grundrecht", sagt Andreas Voigt, der Leiter der Stadtwerke Freising. Bemühungen zur Liberalisierung der Trinkwasserversorgung beobachtet er mit Sorge: "Wasser ist zu kostbar, um es dem freien Markt zu überlassen." Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser sei für den Menschen existenziell und sollte keinen Experimenten unterworfen werden. In Freising sind die Stadtwerke, ein kommunaler Eigenbetrieb, für die Trinkwasserversorgung zuständig - sie liegt somit zu 100 Prozent in öffentlicher Hand. Voigt: "Damit unterliegen wir keinen Gewinnerzielungsabsichten."

Eine Privatisierung durch vorgeschriebene öffentliche Ausschreibungen aber hätte zur Folge, dass mit der Abgabe von Wasser ein Gewinn erzielt werden müsste. "Dies würde zwangsläufig dazu führen, dass entweder an der Qualität gespart würde oder aber das Preisniveau nicht mehr gehalten werden könnte", sagt er. Das zeigten Beispiele aus europäischen Regionen wie in Portugal. Eine Privatisierung der Wasserversorgung würde "über das Ziel hinaus schießen", warnt Voigt, das würde zu einer Ausbeute der lebensnotwendigen Ressource Wasser führen.

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