Süddeutsche Zeitung

Einziger Dorfladen braucht Sponsoren:Ein Leben ab vom Schuss

Lili Fischer (15) und Sophie Kalka (14) wohnen ganz weit draußen, in Sixthaselbach. Einkaufsmöglichkeiten? Fehlanzeige. Nun planen die Schülerinnen einen Laden mit Café, in dem alle Dorfbewohner zusammenkommen können.

Von Tobias Weiskopf, Wang

Lili Fischer, 15, und Sophie Kalka, 14, backen leidenschaftlich gerne - und dadurch haben sie die Schwachstelle ihres Dorfes entdeckt: Wenn die Zutaten ausgingen und spontan Eier oder Mehl benötigt würden, berichten die Schülerinnen aus Sixthaselbach, müsse man entweder sieben Kilometer nach Moosburg fahren oder fünf Kilometer nach Mauern. Das sei schon etwas zu weit, finden die beiden. Zudem wohnen viele ältere Menschen in Sixthaselbach, für die der Weg zur nächstgelegenen Einkaufsgelegenheit ebenfalls zu weit wäre, betont Sophie Kalka.

Deshalb möchten die beiden Schülerinnen nun einen Dorfladen in Sixthaselbach gründen. Bei ihren Nachbarn haben sie schon fleißig Unterschriften gesammelt und bisher mehr 30 zusammenbekommen. Nun suchen sie weiter nach erwachsenen Unterstützern.

Wangs Bürgermeister Eichinger will das Vorhaben "wollwollend begleiten"

Dass Sixthaselbach "doch bissl vom Schuss" ist, weiß auch Wangs Bürgermeister Hans Eichinger. Er hat die Unterschriftenliste entgegengenommen und sich dem Anliegen der Mädchen angenommen. Auch wenn er das Vorhaben sehr positiv aufgefasst hat und es "wollwollend begleiten" werde, stellte der Gemeindechef klar, dass es sich um ein privatwirtschaftliches Vorhaben handeln müsse. Da Sophie Kalka und Lili Fischer noch minderjährig sind, suchen sie nun nach erwachsenen Mitstreitern.

Die Familien wurden schon ins Boot geholt und stehen hinter den beiden Mädchen. Nun wird eifrig auch nach einer Unterkunft für das Vorhaben gesucht. Die Gemeindekanzlei, in der derzeit noch die Feuerwehr beheimatet ist, stehe, bis es einen Neubau für die Retter gebe, nicht zur Verfügung, erklärte Eichinger. Zuversicht haben die Schülerinnen dennoch: Eine Dorfbewohnerin hat sich nach einem lokalen Aufruf bei ihnen gemeldet und bot ihre Unterstützung an. Sie besitze einen Hof und könne sich vorstellen, dort einen Hofladen zu eröffnen, erzählen die beiden Teenager und werfen einen kleinen Blick in die Zukunft: "In so einem Hofladen lassen sich auch sehr gut regionale Produkte vertreiben." Wunsch der Mädchen ist es, in ihrem Dorfladen auch ein kleines Café einzurichten. So entstünde ein Dorfzentrum, indem alle Bewohner zusammenkommen, so die Hoffnung der beiden.

Die Mädchen suchen Sponsoren: Sie müssen mit Kosten von 50 000 Euro rechnen

Dies sei schon ein erster Erfolg, doch es müsse ein konkretes Konzept ausgearbeitet werden, meint Bürgermeister Eichinger. Das wissen auch die beiden Schülerinnen, die nun auch auf der Suche nach Sponsoren sind, da sie mit Kosten von bis zu 50 000 Euro rechnen. Die Ausgaben würden für die Renovierung und Möblierung sowie das Startkapital benötigt, erläutert Lili Fischer. Ob ein gemeinnütziger Verein gegründet werden soll oder eine andere Form der Organisation gewählt wird, steht derzeit noch zur Debatte.

Das Vorhaben hat auch schon in der Umgebung großen Anklang gefunden: Auch die Bewohner der Nachbardörfer würden sich über eine nähere Einkaufsmöglichkeit freuen.

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Quelle:
SZ vom 05.10.2016/zim
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