Wahlnachlese, Teil 2:Jetzt erst recht

Wahlnachlese, Teil 2: Enttäuschte Gesichter: Das schlechte Abschneiden der eigenen Partei und die Stärke der AfD hat die Sozialdemokraten um Direktkandidat Andreas Mehltretter (Mitte) und Kreisvorsitzenden Peter Warlimont (rechts) geschockt.

Enttäuschte Gesichter: Das schlechte Abschneiden der eigenen Partei und die Stärke der AfD hat die Sozialdemokraten um Direktkandidat Andreas Mehltretter (Mitte) und Kreisvorsitzenden Peter Warlimont (rechts) geschockt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Sozialdemokraten im Landkreis machen die Bundespolitik für ihr Abschneiden verantwortlich und begrüßen das Ende der großen Koalition. Bei der Landtagswahl 2018 werden die Karten neu gemischt, dort zählen andere Themen

Von Petra Schnirch, Freising

Die Zahlen für die Sozialdemokraten im Landkreis lesen sich ernüchternd. Auch in ihren "Hochburgen" wie Moosburg (15,01 Prozent) oder Eching (14,92) bleiben sie deutlich unter 20 Prozent. Nur in diesen beiden Kommunen kommt Direktkandidat Andreas Mehltretter auf über 17 Prozent, außerdem in Marzling, wo er früher gewohnt hat. In zehn Landkreisgemeinden ist das Resultat der Partei gar nur einstellig. "Das ist ein sehr trauriges Ergebnis", sagt der Freisinger SPD-Geschäftsführer und Stadtverbandsvorsitzende Markus Grill. Wirkliche Katerstimmung verspürt man einen Tag nach der Wahl bei den Genossen dennoch nicht. "Für die regionale SPD war das einer der besten Wahlkämpfe der vergangenen 15 bis 20 Jahre", bilanziert Grill. Trotz der Verluste seien etwa 35 Leute abends zur Wahlparty in den "Heurigen" gekommen. Dieses junge, engagierte Team um den Direktkandidaten und Juso-Vorsitzenden Andreas Mehltretter "lindert den Schmerz", darauf lasse sich aufbauen. Unruhig geschlafen habe er daher nicht.

Das schlechte Abschneiden der Partei im Landkreis führt Grill vor allem auf Bundeseffekte zurück - dazu müsse man nur in die Nachbarschaft nach Erding, Pfaffenhofen oder Landshut schauen, dort sei die Entwicklung ähnlich. Im Landkreis Freising verlor die SPD im Vergleich zu 2013 vier Prozentpunkte. Betrachtet man die reine Stimmenzahl bedeutet dies, dass 2059 Wähler weniger ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten gemacht haben, trotz höherer Wahlbeteiligung.

Ein Selbstläufer ist eine Wahl für die Genossen im Landkreis Freising in den vergangenen zwölf Jahren selten genug. Fuhr die Partei in den Neunzigerjahren bei Bundestagswahlen regelmäßig über 20 Prozent ein, 1998 sogar 29, brach sie 2009 auf 13,2 Prozent ein, im Gegenzug legten die Grünen stark zu. Hauptursache dafür dürfte die Debatte um eine dritte Startbahn sein - in dieser Frage halten die Gegner des Großprojekts die Grünen offensichtlich für glaubwürdiger, obwohl die örtlichen SPD-Vertreter immer und immer wieder betonen, dass auch sie den Ausbau des Flughafens ablehnen und selbst die Landes-SPD weitgehend auf Kurs gebracht haben. Im nördlichen Landkreis Freising bekommen die Sozialdemokraten ohnehin keinen Fuß auf den Boden. Doch nicht nur dort, sondern selbst im rasch wachsenden Hallbergmoos landeten sie lediglich auf Rang vier, hinter CSU, AfD und FDP, in Kranzberg mussten sie sich an fünfter Stelle einreihen.

Dass die SPD im Gesamtergebnis für den Landkreis die AfD knapp an sich vorbeiziehen lassen musste, habe ihn "ziemlich schockiert", gesteht Andreas Mehltretter. Damit habe er nicht gerechnet, obwohl er realistisch genug war und kein allzu gutes Ergebnis aufgrund der bundesweiten Prognosen erwartet hatte.

Wie geht es nun weiter für die Freisinger Sozialdemokraten? Mehltretter glaubt nicht, dass das schlechte Abschneiden seiner Partei für die Landtagswahl im kommenden Jahr große Aussagekraft habe. Auf Landesebene gehe es um andere Themen, ein Schwerpunkt sei beispielsweise die Bildungspolitik. Auf positive Effekte für die SPD hoffen Mehltretter und Grill auch durch das Ende der großen Koalition in Berlin. Die hohen Verluste für Union und SPD wertet Mehltretter als klares Zeichen dafür, dass dieses Bündnis bei den Wählern nicht mehr erwünscht sei. Deshalb könne man dieses auch nicht einfach fortführen. "Das wäre schädlich für die Demokratie."

Hatte der Freisinger SPD-Direktkandidat am Wahlabend noch befürchtet, dass das Ergebnis den Parteinachwuchs, der sich im Wahlkampf stark engagiert hatte, entmutigen könnte, war er am Montag wieder guter Dinge. "Wir sind noch lange zusammengesessen", erzählt er. Was alle umtreibe, sei die Sorge, wie es angesichts der Gewinne für die Rechtspopulisten nun allgemein weitergehe mit der Demokratie. Gerade das aber sei für ihn und viele andere eine Triebfeder weiterzumachen. "Das hat uns eher mehr motiviert", sagt der 25-Jährige.

Die örtliche SPD müsse ihren Schwerpunkt weiter beharrlich auf die Probleme in der Region legen wie "Infrastruktur, Mieten, Bauen, Wohnen", sagt Grill. Die Stimmung im Wahlkampf sei sehr positiv gewesen, die SPD habe allein zehn Infostände aufgebaut, mehr als andere Parteien. Diese gute Arbeit werde sich einmal niederschlagen, meint Grill: "Langfristig werden wir daraus Honig saugen".

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