Wahlnachlese:Ein Signal, das nicht alle hören

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Die Startbahn-Protestwähler können das Ergebnis der Landtagswahl zwar beeinflussen, aber sie können es nicht entscheidend verändern. Christian Magerl (Grüne) dominiert nur in Freising und Marzling. Er hätte sich mehr erwartet.

Vom Petra Schnirch und Josef Saller

Eigentlich hätte Christian Magerl Grund zum Feiern. Wieder einmal hat er als Grünen-Direktkandidat das beste Ergebnis seiner Partei im Freistaat eingefahren. Zufrieden ist er dennoch nicht. "Ich hätte mir mehr erwartet ", gibt er unumwunden zu. Im Vergleich zur Landtagswahl 2008 wollte er noch einmal deutlich zulegen. Die Startbahngegner im Aktionsbündnis Aufgemuckt hatten gar gehofft, dass Magerl den Stimmkreis diesmal für sich entscheiden würde, sagt Sprecher Hartmut Binner. Doch wie schon 2008 setzte sich der CSU-Bewerber Florian Herrmann durch. Im besonders betroffenen Freising sowie in Marzling und Kranzberg war aber auch die Landtagswahl 2013 ein klares Votum gegen die Ausbaupläne der Staatsregierung am Flughafen.

40,7 Prozent der Wähler stimmten in Freising für Magerl, im benachbarten Marzling waren es 40,3 - dort ließ der Grüne den CSU-Mann Herrmann jeweils deutlich hinter sich. Im gesamten Landkreis erhielt Magerl 25,2 Prozent. Im Vergleich zu 2008 verzeichnet der Grünen-Abgeordnete sogar leichte Zuwächse: 19 898 Wähler gaben ihm ihre Erststimme, vor fünf Jahren waren es 18 403. Doch lag er damals nur knapp hinter Florian Herrmann, ging der Stimmkreis diesmal mit 38,8 Prozent klar an die CSU. Herrmann erhielt fast 10 000 Stimmen mehr als 2008 - trotzdem musste er im schwierigen Stimmkreis Freising eines der schlechteren Ergebnisse unter den CSU-Kandidaten hinnehmen.

Eine gewisse Rolle - wenn auch keine entscheidende - spielt das Thema Startbahn selbst in der wenig fluglärmgeplagten Holledau: In Nandlstadt beispielsweise kam Magerl auf 14,4 Prozent, die Grünen insgesamt erhielten nur 6,6. Dass die Ausbaugegner im Landkreis bei dieser Wahl keinen zusätzlichen Schub erhalten haben, führt Magerl auf den erfolgreichen Bürgerentscheid in München zurück: Dadurch sei der Bau einer weiteren Startbahn erst einmal gestoppt worden, viele sähen derzeit keine "aktuelle Bedrohung". Vor fünf Jahren sei dies noch anders gewesen. Dennoch ist für Binner auch die Landtagswahl 2013 ein Signal gegen die dritte Startbahn - wenngleich es "nicht so deutlich ist, wie ich erhofft hatte": Wäre es Magerl, der sich seit vielen Jahren im Flughafenwiderstand engagiert, gelungen, das Direktmandat zu holen, hätte man dieses "starke Zeichen" bei aller Euphorie über den Ausgang der Bayernwahl im Maximilianeum nicht übersehen können. Nun sei es Aufgabe von Aufgemuckt, dafür Sorge zu tragen, dass das Votum in den betroffenen Gemeinden auch wahrgenommen werde, sagt Binner.

Deutliche Einbußen müssen die Grünen im Landkreis bei den Zweitstimmen hinnehmen. Waren sie 2008 mit 20,3 Prozent noch die Nummer zwei, bleibt ihnen diesmal mit 12,5 Prozent nur Rang vier hinter CSU, SPD und Freien Wählern. Magerl macht dafür vor allem negative bundespolitische Effekte verantwortlich: Es sei den Grünen nicht gelungen, ihre Themen zu kommunizieren, beispielsweise dass die Steuerpläne der Partei lediglich zehn Prozent der Bürger, die besonders gut verdienen, schlechter stellen würde. Ministerpräsident Horst Seehofer habe es verstanden, das Heimatgefühl, das "Mia san mia", am besten zu vermitteln, sagt Binner. Dazu "muss man ihm gratulieren". Einige Stimmen könnte die CSU im Landkreis aber die Plakataffäre gekostet haben, glaubt der Aufgemuckt-Sprecher. Nachdem Unbekannte Büro und CSU-Ständer beschmiert hatten, hatte die Polizei auch Binner vernommen. "Jeder, der mich kennt, und das sind viele in Freising", wisse, dass er so etwas nie tun würde, empört er sich noch immer. Er spricht von einer Verleumdungskampagne.

Andere Prioritäten setzen die Wähler im Nachbarlandkreis Erding: Grünen-Kandidatin Helga Stieglmeier hat ihr schlechtes Ergebnis auch einen Tag nach der Wahl noch nicht verdaut. Sie kam nur auf 9,8 Prozent der Stimmen, obwohl sie seit Jahren eines der Gesichter von Aufgemuckt ist und leidenschaftlich gegen den Bau der Startbahn kämpft. Sie überlegt laut, ihre politischen Ämter aufzugeben: "Im Moment sehe ich einfach keine Motivation, wie bisher weiterzumachen." Startbahnbefürworter hätten sie am Montag in E-Mails sogar beschimpft. Bei Aufgemuckt wolle sie nicht aufhören: "Am Ergebnis in Freising sieht man immerhin, dass die dritte Startbahn schon noch ein Thema ist."

© SZ vom 17.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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