Votum gegen digitale Übertragung:Mehr ist nicht genug

Zu wenig Stadträte sind für Hybridsitzungen in Moosburg

Von Alexander Kappen, Moosburg

Ein bisschen dürften sich Philipp Fincke (FDP) und die Unterstützer seines Antrags so gefühlt haben wie die Fußballer des FC Bayern nach ihrem 1:0-Rückspielerfolg im Champions-League-Viertelfinale bei Paris Saint-Germain: Gewonnen und trotzdem raus, durch das 2:3 im Hinspiel gescheitert an der Auswärtstorregel. Die Auswärtstorregel am Montagabend im Stadtrat hieß "Zwei-Drittel-Mehrheit". Eine solche wäre erforderlich gewesen, um Hybridsitzungen des Stadtrats einzuführen, es also zu ermöglichen, künftig auch auf digitalem Weg von zu Hause aus teilzunehmen. Die 22 anwesenden Mitglieder des Gremiums stimmten zwar mit 12:10 dafür, aber das reichte nicht.

Somit durften sich Bürgermeister Josef Dollinger (FW) und seine Verwaltung, die sich sehr deutlich gegen den Antrag ausgesprochen hatten, trotz der Abstimmungsniederlage als Sieger fühlen. Die Möglichkeit von Hybridsitzungen besteht aufgrund eines am 4. März beschlossenen Gesetzes zur Änderung der bayerischen Gemeindeordnung, die vor allem der Corona-Pandemie Rechnung tragen soll. In den Augen des Bürgermeisters ist das "wieder einmal im Hauruck-Verfahren von der bayerischen Staatsregierung verabschiedet worden - eine Schnellschussgeschichte, ohne sich Gedanken zu machen, was das für die Kommunen bedeutet". Die längst angekündigten und notwendigen Vollzugsrichtlinien ließen immer noch auf sich warten. Und solange man diese nicht habe, gebe es abgesehen von der hohen finanziellen Belastung noch zu viele Unsicherheiten, Stadtratssitzungen wären "rechtlich angreifbar", sagte der Bürgermeister.

So befürchtet er, dass Sitzungen erst später beginnen könnten, unter- oder gar abgebrochen werden und wichtige Abstimmungen verschoben werden müssten, falls die Leitung zu einem Mitglied nicht rechtzeitig stehe oder abbreche. Hierfür fehlten noch klare Regelungen. Auch wegen Corona bestehe "überhaupt keine Notwendigkeit" für Hybridsitzungen, so Dollinger: "Seit über einem Jahr haben wir unsere Sitzungen hier in der Stadthalle und das ist absolut coronakonform." Außerdem habe man beim derzeitigen Impftempo Corona womöglich bald im Griff, dann sei der ganze Aufwand umsonst gewesen.

Nathalie von Pressentin (Grüne), selbst junge Mutter, verwies jedoch darauf, dass Hybridsitzungen auch nach Corona in Bezug auf Kinderbetreuung, Krankheit oder Urlaub sinnvoll seien und die Teilnahme ermöglichten. Auch ihr Fraktionskollege Johannes Becher betonte, "dass Hybridsitzungen explizit über die Zeit von Corona hinaus möglich sind". Sicher sei das Ganze "ein Experiment" und es erfordere Rücksichtnahme, "wenn bei einem mal die Leitung abbricht, aber dann muss man halt mit der Abstimmung warten". Er habe Kontakt mit einer rheinland-pfälzischen Stadt in der Größe Moosburgs aufgenommen, in der es Hybridsitzungen schon gibt. Fazit: "Es ist ein großer Aufwand und man muss vorher Testsitzungen mit Hilfe der IT-Fachleute machen - aber in der Praxis ist es dann sehr erfolgreich." Julia Neumayr (Fresh) war ebenfalls dafür, "der Modernisierung und dem technischen Fortschritt" eine Chance zu geben: "Ich finde es schwierig, immer gleich davon auszugehen, dass es schiefgeht." Auch Antragsteller Fincke bat darum, einen positiven Beschluss zu fassen und schon mal die Vorbereitungen zu treffen - vorbehaltlich einer möglichen Verschlechterung der finanziellen oder personellen Situation durch die noch ausstehenden Vollzugsbestimmungen des neuen Gesetzes. CSU-Sprecher Rudolf Heinz wollte den Antrag vertagen und die Bestimmung abwarten, doch der Vorschlag wurde knapp abgelehnt.

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