Vortrag in der Innenstadt:Den Menschen soll es gut gehen

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Ernst Hörmann hat am Freitagnachmittag wieder eine Mahnwache in der Freisinger Innenstadt organisiert. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Gemeinwohlökonomie. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Moosburger Unternehmer und Zukunftsgestalter Stefan Meier erläutert bei der Freisinger Mahnwache "Klimagerechtigkeit" sein Konzept der Gemeinwohlökonomie

Von Donato Nicolaidi, Freising

"Lasst uns gemeinsam zum Bürgermeister gehen!" Mit diesen Worten hat der aus Moosburg stammende Unternehmer und Zukunftsgestalter Stefan Maier am Freitag seine Rede bei der Mahnwache "Klimagerechtigkeit" beendet. Am Ende seines Vortrags zur Gemeinwohlökonomie (GWÖ) rief er dazu auf, den Oberbürgermeister zu überreden, Freising künftig nach der Gemeinwohlökonomie bilanzieren zu lassen. Das könnte sich positiv auf die Löhne in der Stadtverwaltung auswirken. Eine weitere Folge könnte die Umstellung des Fuhrparks auf Ökostrom sein.

Das große Ziel der Gemeinwohlökonomie ist laut Maier die Umgestaltung der Wirtschaft, damit sie noch mehr Rücksicht auf Ökologie und sozialen Umgang nehme. Unternehmen, die nachhaltig und sozial produzieren, sollen in einer GWÖ im Vorteil sein. Wie der Moosburger Unternehmer erklärte, müsse die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit gemäß Artikel 51 der bayerischen Verfassung dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Zweck eines Unternehmens müsse sein, dass es den Menschen gut gehe. Maier - Geschäftsführer der Prior1 GmbH - ist in seiner 13-jährigen Unternehmertätigkeit bewusst geworden, wie wichtig ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ist. Auf der Suche nach einem Management, um Ökologie im eigenen Unternehmen verankern zu können, hat er schließlich die GWÖ entdeckt, wie er sagt. Maiers Unternehmen Prior1 GmbH baut Rechenzentren und ist auf die Gebäudetechnik, Elektroversorgung, Klimatisierung und Sicherheitstechnik spezialisiert.

Den Sinn der GWÖ sieht Maier darin, alle Unternehmen zu noch mehr Solidarität, Gerechtigkeit und Transparenz im Umgang mit Kunden, Mitarbeitern und der Gesellschaft und zu mehr Ökologie zu bewegen. Eine Gemeinwohlbilanz hilft laut Maier jedem Unternehmen, Schwachstellen zu erkennen und einen Umbau einzuleiten. Die Maßnahmen sind vielfältig. Beispielsweise hat sein Unternehmen bereits die Pflanzung von mehr als 13 000 Bäumen weltweit finanziert. Außerdem ist Maier persönlich ehrenamtlich bei Greenpeace tätig und überweist jedes Jahr zu Weihnachten einen größeren Betrag an das Kinderhospiz Sternenbrücke in Hamburg. Die Ökologie fördert Maier, indem er auf seinen Dienstwagen verzichtet und seit gut einem Jahr nicht mehr Auto fährt. Deshalb fährt er immer mit der Bahn, wenn er zwischen Moosburg und Sankt Augustin (Nordrhein-Westfalen) - dem Sitz der Zentrale - hin und her pendelt. Darüber hinaus verschenkt er jedes Jahr zehn Fahrräder an seine Mitarbeiter. Wenn Maier auf einem Grundstück ein neues Gebäude errichten lässt, kauft er auch ein weiteres gleich großes Grundstück dazu, auf dem eine Blumenwiese entstehen soll.

Maier erklärte, wie ein Unternehmen eine Gemeinwohlbilanz erstellt. Das Unternehmen überlege sich Maßnahmen, um mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und Finanzpartnern sozialer und gerechter umzugehen. Außerdem sammle das Unternehmen Ideen, um ökologischer und nachhaltiger zu werden. All diese Projekte werden in einer Gemeinwohlbilanz festgehalten. Anschließend begutachten unabhängige Zertifizierer die Gemeinwohlbilanz und vergeben eine bestimmte Zahl an Punkten. Erreichbar sind maximal 1000 Punkte. Die Nulllinie entspricht dem Gesetzesanspruch. Die Untergrenze sind minus 3000 Punkte. Alle zwei Jahre stellt das Unternehmen eine neue Gemeinwohlbilanz auf. Die aktuelle Gemeinwohlbilanz der Prior1 GmbH ist auf der Homepage des Unternehmens offen einsehbar.

Auf die Frage, welche Auswirkungen die Bilanzierung nach der Gemeinwohlökonomie auf seine Unternehmertätigkeit habe, entgegnete Maier, dass er mit mehr Menschen zusammenarbeite und seine jährlichen Ausgaben für Ökologie und Gemeinwohl inzwischen sechsstellig seien.

Ein weiterer Teilnehmer der Mahnwache erkundigte sich nach dem Zertifizierungsverfahren. Maier hob hervor, wie penibel und genau die Zertifizierer seine Gemeinwohlbilanz geprüft hätten. Er fügte hinzu, dass die Zertifizierer ein internes Ausbildungsverfahren in der Organisation der GWÖ durchlaufen hätten und von Unternehmensberatern und Wirtschaftsprüfern ausgebildet wurden. Schließlich wurde gefragt, welche konkreten Folgen die Gemeinwohlbilanzierung für die Belegschaft seines Unternehmens habe. Maier wies darauf hin, dass er alle drei Monate die Lohnlisten seiner Mitarbeiter durchgehe. Es komme sehr häufig zu Lohnerhöhungen.

Die Gemeinwohlmatrix kann man unter der folgenden Internetadresse herunterladen: www.ecogood.org/de/gemeinwohl-bilanz Die Internetadresse der Gemeinwohlbilanz der Prior1 GmbH lautet: www.prior1.com/nachhaltigkeit/gemeinwohl-oekonomie/.

© SZ vom 07.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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