Vorsicht bei unseriösen Schlüsseldiensten:"Das ist eine echte Mafia"

Draußen vor der Tür - Manche Schlüsseldienste langen richtig zu

Der Schlüssel steckt von innen, hier ist Hilfe nötig - doch bei einigen Schlüsseldiensten ist Vorsicht geboten.

(Foto: Kai Remmers/dpa)

Unter Schlüsseldiensten gibt es schwarze Schafe, die Notsituationen ausnutzen und Fantasiepreise verlangen. Obwohl sie den Behörden bekannt sind, sind sie nur schwer greifbar.

Von Luise Helmstreit

Weihnachtsstress, die Eile ist groß, die Haustür fällt ins Schloss, während der Schlüssel noch von innen steckt. Zwei Studenten in Freising ist genau das passiert. Der Schlüsseldienst, den sie beauftragten, verlangte für das Öffnen der Tür im Anschluss mehr als 1200 Euro. "Viel zu viel", meint Walter Schmitt (Name geändert), der einen in Freising ansässigen Schlüsseldienst betreibt und seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. "Der normale Preis für die Öffnung einer Tür, die nur ins Schloss gefallen ist, liegt bei 60 bis 80 Euro."

Immer wieder fallen Menschen im Landkreis Freising auf Schlüsseldienste herein, die ihre Notsituation ausnutzen und im Anschluss Fantasiepreise in Rechnung stellen. "Egal welchen Städtenamen Sie in Verbindung mit dem Schlagwort Schlüsseldienst bei Google eingeben, die obersten Vorschläge sind immer dieselben vier unseriösen Vermittlungsagenturen", sagt Polizeihauptkommissar Michael Ertl. "Die Rechnungen, die folgen, sind oft Kunstgebilde. Den beiden Studenten, die zuletzt betroffen waren, wurden beispielsweise zwölf Euro pro Millimeter Schließzylinder berechnet."

"Auf alle Fälle erst mal nicht bezahlen, denn dann ist es schwer, das Geld zurück zu bekommen"

Betroffenen rät er dazu, "auf alle Fälle erst mal nicht zu bezahlen, denn dann ist es schwer, das Geld zurück zu bekommen." Schon im Vorfeld solle man darauf achten, bei einem lokalen Anbieter anzurufen, nicht bei einer Agentur in einer anderen Stadt. "Absolut sicher sein kann man aber nie", warnt Ertl.

Unseriöse Anbieter nutzten Telefonumleitungen oder ließen sich unter dem Namen eines reellen, ortsansässigen Schlüsseldienstes in Onlinetelefonbücher eintragen, schildert Schmitt. Oft werde das Schloss vorschnell aufgebohrt und ausgetauscht, obwohl auch ein einfaches Öffnen der Tür möglich wäre - und auf der Rechnung erschienen überhöhte Anfahrts- und Materialkosten.

Die schwarzen Schafe unter den Schlüsseldiensten sind den Behörden bekannt. Trotzdem sind sie nur schwer greifbar. "Gegen eine Vermittlungsagentur in Essen läuft derzeit eine Sammelklage, im Normalfall kommt es aber nur selten zu einer Verurteilung", erklärt Ertl. "Manchmal müssen die unseriösen Anbieter eine Geldstrafe bezahlen, aber danach machen sie einfach weiter", sagt Schmitt. "Ihr Vorgehen rentiert sich trotzdem für sie, so wirklich passiert nichts." Er wünscht sich eine offizielle Zertifizierung, sodass sich nicht jeder Schlüsseldienst nennen darf, und ein Berufsverbot für alle, die schon einmal wegen Wucher oder Betrug vor Gericht verurteilt wurden. "Da wäre der Gesetzgeber gefragt", findet Schmitt. Auch er selbst habe schon geklagt, daraufhin habe er Drohanrufe erhalten. "Das ist eine echte Mafia", meint er. "Man kann kaum etwas gegen sie tun, wir versuchen das schon seit 20 Jahren." Nicht zuletzt seriöse Anbieter litten unter den Tricks ihrer Kollegen.

Vor Telefonnummern, die mit 08 00 beginnen, und vor nicht ortsansässigen Autokennzeichen, warnt ein Freisinger Schlüsseldienstbetreiber

Ertl rät allen, die einen Schlüsseldienst in Anspruch nehmen müssen, die bezahlten Anzeigen in Suchmaschinen zu meiden. Schmitt warnt außerdem vor Telefonnummern, die mit 08 00 beginnen, und vor nicht ortsansässigen Autokennzeichen. "Ein seröser Schlüsseldienst würde auch nicht von Ihnen fordern, größere Summen sofort in bar zu bezahlen."

Um einzuschätzen, ob sich die aufgeführten Gebühren, Fahrtkosten und Nachtzuschläge in einem plausiblen Bereich bewegen, lohnt sich ein Blick in die Tabelle für Schlüsseldienste des Bundesverbands Metall (BVM). Zwar sind diese Angaben nur Richtlinien, an die sich die einzelnen Schlüsseldienste nicht zwingend halten müssen, verlangen sie jedoch mehr als das Doppelte der dort aufgeführten Preise, handele es sich um Wucher, dagegen könne rechtlich vorgegangen werden, sagt Schmitt. Insgesamt sei es ratsam, verschiedene Angebote einzuholen und hellhörig zu werden, wenn die Person auf der anderen Seite der Leitung keinen Preis nennen wolle. Ebenso können die Bewertungen anderer Nutzer im Internet hilfreich sein, bieten aber keine Sicherheit. Unter Umständen ist auch eine Nacht im Hotel billiger als ein 24-Stunden-Schlüsselnotdienst.

Die Richtlinien des Bundesverbands Metall für die Gebühren von Schlüsseldiensten finden sich unter: http://www.cityschluessel.de/files/100216pauschalentrffnung2010-v21.pdf

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