Süddeutsche Zeitung

Vorsätze für die Fastenzeit:Bewusster leben

Fasten aus religiösen Gründen tritt bei vielen Menschen zunehmend in den Hintergrund. Manche üben Verzicht aus gesundheitlichen Gründen, andere versuchen, eine andere Sicht auf den Alltag zu gewinnen.

Schluss, Aus, Ende: Es ist vorbei mit Überschwang und Völlerei. Narren und auch alle anderen müssen jetzt Buße tun und Einkehr halten. 40 Tage dauert die Fastenzeit bis Ostern, und mit diesem Thema kann man auf verschiedene Art und Weise umgehen. Die SZ hat bei einigen Freisingern nachgefragt, wie sie es mit dem Fasten halten. Und es geht nicht immer nur um Schokolade.

Tobias Eschenbacher, Freisinger Oberbürgermeister: Die Fastenzeit ist ja eine Zeit, in der man sich besinnen sollte, um darüber nachzudenken, was einem fehlt oder was man besser machen könnte. Ich könnte jetzt sagen, etwas weniger Stress wäre gut. Aber das kommt ja meistens von außen. Was die Ernährung und die Genussmittel betrifft, da muss ich kaum auf etwas verzichten. Rauchen tue ich kaum, höchstens mal nach einer schwierigen Sitzung, Fleisch esse ich auch wenig und auch beim Alkohol ist alles in Maßen. Was ich mir vorgenommen habe, ist, dass ich mir trotz der vielen Termine Freiräume schaffen will, um ein bisschen mehr Sport zu treiben. Das würde mir wirklich gut tun und ich merke auch, dass mir das fehlt.

Michi Kasper, Veranstalter: Ich verzichte in der Fastenzeit auf nichts Spezielles, da ich bereits seit Oktober faste. Beispielsweise verzichte ich unter der Woche auf Alkohol. Seit Anfang Oktober habe ich dadurch 25 Kilogramm abgenommen. Weiter habe ich vor, die 40 Kilo, die ich in letzter Zeit zugenommen habe, innerhalb eines Jahres auch wieder abzunehmen. Ich halte auch nichts von religiösen Geschichten, welche der eigentliche Hintergrund der Fastenzeit sind. Im Prinzip macht das Ganze aber schon Sinn, wenn man sich auf das persönliche Wohlbefinden in dieser Zeit bezieht. Es geht ja nicht nur darum, auf Essen zu verzichten, sonder allgemein auf Konsum. Ich sollte eigentlich mal meinen Handy- und Computerkonsum reduzieren, aber das wäre unmöglich, da ich damit so viel auf der Arbeit zu tun habe.

Pfarrer Peter Lederer: Ich führe generell ein sehr diszipliniertes Leben, was das Essen betrifft. Morgens und abends nur eine Kleinigkeit. So esse ich in der Fastenzeit nicht mehr oder weniger bewusster. Der Fleischkonsum wird ein wenig reduziert und vermehrt bereite ich auch typische Fastengerichte zu. Die Fastenzeit ist für mich eher Vorbereitung auf das Osterfest. In diesen 40 Tagen gehe ich in mich, erlebe eine Zeit der Vertiefung, die ich oftmals mit einem guten Buch verbringe. Auch in unserer Kirche steht die Fastenzeit dafür, den Lebensalltag bewusster zu gestalten. Während diesen 40 Tagen bieten wir einige Aktionen an. So gibt es am 15. März in der Pfarrgemeinde ein Fastenessen. Auch achte ich darauf, dass in dieser Zeit keine Ausflüge veranstaltet werden.

Andreas Muschler, Konditor: Ich faste seit zwei Wochen in einigen Punkten. Das Fasten praktiziere ich zweimal im Jahr für Körper und Geist. Allerdings führe ich dies unabhängig von der eigentlichen Fastenzeit durch. In den 40 Tagen vor Ostern denke ich, dass die Fastenzeit keine unmittelbaren Auswirkungen auf mein Geschäft haben wird. Denn meine Ware wird bei den meisten als besonderes Schmankerl betrachtet, welches sich man in der Ruhepause gönnt. Auch in der Fastenzeit gibt es ja Tage, an denen dies erlaubt ist, und so erwarte ich keine Einbußen. Ich kann nur Vermutungen anstellen, weil ich erst am 1. Mai die Eröffnung meines Geschäfts hatte und so eine Fastenzeit noch nicht erlebt habe. Bei meinem Eltern im Betrieb war auch kein Rückgang zu verzeichnen.

Andreas Hörger, Gastwirt des Hörger Biohotels Tafernwirtschaft: Auf unseren täglichen Betrieb hat die Fastenzeit keine Auswirkungen. Wir sind aber auch vielleicht eine Ausnahme im Vergleich zu anderen Gastwirtschaften, denn unsere Speisekarte hat ohnehin schon einen hohen Fischanteil und vegetarische Gerichte. Das Gemüse dafür kommt aus der eigenen Gärtnerei. Wir sind also für Gäste prädestiniert, die Wert auf eine bewusste Ernährung legen und müssen so zur Fastenzeit nichts ändern. Ich selber würde von mir nicht sagen, dass ich faste. Ich versuche lediglich auf Wein zu verzichten, denn das ist das einzige, was wirklich weh tut. Für mich steht da aber eher der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund. Vier mal erlaube ich mir eine Ausnahme, sonst werde ich mich aber wirklich bemühen, auf den Alkohol zu verzichten. Mal sehen, wie mir das gelingt, denn als Wirt komme ich oft in Versuchung, mit einem Gast ein Gläschen Wein zu trinken.

Jochen Hauer, Dekan der evangelischen Kirche: Das Motto der evangelischen Fastenaktion "Du bist schön" ist die Einladung, eine neue Perspektive einzunehmen, das Unverwechselbare an meinem Mitmenschen und an mir selber zu entdecken und wert zu schätzen. Auch wenn mein Körper nicht den Maßstäben einer Traumfigur entspricht, der Nachwuchs auf exotische Frisuren steht oder der Nachbar seine Schuhe im Gang stehen lässt. Ich selbst habe mir nichts Konkretes vorgenommen, wie etwa auf Schokolade oder Fleisch zu verzichten. Was ich mir aber vorgenommen habe, ist, bewusster zu leben. Dazu gehört auch, dass ich versuche, ganz bewusst Ruhe und Stille in meinen Tagesablauf zu integrieren. Wenn man so will, ein Fasten im Kopf, um alltägliche Routine zu hinterfragen und vielleicht so neue Perspektiven zu gewinnen. Keine Leistung, die ich in dieser Zeit erbringen muss, sondern eine Haltung: Ich besinne mich auf mein Leben.

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Quelle:
SZ vom 19.02.2015 / bt, rse, slau
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