Süddeutsche Zeitung

Vorliebe für individuelle Reisen:Mit dem Pferd um die Welt

Der Wanger Herbert Kollmannsberger ist ein echter Abenteurer. Mit seinem Araber "Meran" war er schon in Paris und Venedig. Im Sommer geht es nach Kasachstan

Von Clara Lipkowski, Wang

Von vielen lässt sich behaupten, sie hätten die Welt gesehen, von den wenigsten aber, dass sie das per Pferd oder Mountainbike getan haben. Der Wahl-Wanger Herbert Kollmannsberger ist so einer. Mit seinem Fahrrad und dem russischen Araber "Meran" ist er quer durch Europa gereist. Seine jüngste Tour führte ihn mit dem Pferd nach Paris, dann nach Wien und über Meran nach Venedig. 2013, kurz nach der Rückkehr, hat er darüber das Buch "Auf Abwegen" geschrieben. Inzwischen ist Kollmannsberger für seine unterhaltsamen Multimediavorträge bekannt, in denen er von seinen Reiseerlebnissen berichtet und anderen Abenteurern Ratschläge gibt.

Darauf, dass alle Einnahmen einem guten Zweck zugute kommen, legt er großen Wert, zuletzt hat er an die Moosburger Tafel gespendet. Frühere Reisen hatten Kollmannsberger mit dem Pferd durch Masuren, Dänemark, Portugal und den Osten Deutschlands geführt. Außerdem hat er schon etliche Touren mit anderen Pferden, beispielsweise durch Marokko und Norwegen, unternommen.

Der gelernte Handwerksmeister ist schon lange sportbegeistert. Vor allem Extremsportarten haben es dem heute 74-Jährigen angetan. Wildwasserexkursionen, Extrem-Skifahrten und Hochtouren als Bergführer gehörten lange Zeit zu seinen Hobbys. Erst spät, mit 46 Jahren, begann er mit dem Reiten. "Dressurreiten war nie etwas für mich", sagt Kollmannsberger, "ich wollte lieber Distanzreiten machen." Zahlreiche gewonnene Wettkämpfe und 17 Jahre später entschied er sich, es etwas ruhiger angehen zu lassen. "Da dachte ich, Schluss jetzt, das ist zu schnell und zu gefährlich, denn jünger werde ich ja nicht." Zur gleichen Zeit verkaufte er seinen Handwerksbetrieb in Moosburg und ging mit 63 in Rente. Da kam ihm die Idee, mit dem Pferd in alle Himmelsrichtungen zu reiten. Also begann er, längere Reisen zu planen, die Zeit dazu hatte er ja jetzt.

Die fast 2000 Kilometer lange Strecke nach Paris über die Alpen, entlang von Feldern und durch große Wälder, ist er zu diesem Zweck mit dem Mountainbike abgefahren, denn mit dem Pferd zu reisen, bedürfe einer genauen Vorbereitung, sagt der Abenteurer. "Das Pferd steht immer an erster Stelle", und das bedeute, Umwege in Kauf zu nehmen, denn "das Pferd soll und will nicht an stark befahrenen Straßen und auf Teer laufen". Außerdem müsse er sich um lebensnotwendige Dinge kümmern: Wo kann das Pferd schlafen und Futter bekommen? Ebenso wichtig ist die genaue Wegplanung. "Reite ich stundenlang durch einen Wald, muss ich wissen, wo ich nachher rauskomme." Also müssen exakte topografische Karten her, zusätzlich ein GPS-Gerät und Kontakte zu Reiterhöfen, die die Reisenden beherbergen.

Vor der Reise freundete sich der gebürtige Moosburger mit dem Pferd an. "Nach einem Jahr hatten wir uns aneinander gewöhnt, dann konnte ich ihn ohne Trense reiten." Wenn er von Dressurreitern hört, dass sie ihrem Pferd so etwas nicht zutrauen, sage er immer: "Dann haben sie das Pferd nicht verstanden." Die enge Bindung zu seinem heute 24 Jahre alten, dunkelbraunen Weggefährten ist ihm wichtig. Viele Menschen muss er auf Reisen aber nicht um sich haben. Am liebsten reist er allein oder in kleinen Gruppen. Früher begleitete ihn seine Frau, doch die habe nun andere Interessen, sagt Kollmannsberger. Die Reisen organisiert er auf seine Weise. Zwar müsse er sich für den Ritt durch fremdes Gelände bei Forstämtern, Bauern oder in Nationalparks anmelden, zu professionell solle es aber auch nicht sein, "ständig irgendwo Genehmigungen einzuholen, ist wirklich aufwendig. Besonders Klosterbrüder sind da ganz genau." Da ändere er lieber die Route, als zu viel Arbeit mit anstrengender Bürokratie zu haben.

Im Nachhinein sei er froh, dass auf Reisen immer alles gut gegangen ist, sagt Kollmannsberger, denn neben der perfekten Organisation gehört auch Glück dazu. Er habe schon so allerhand erlebt. "Einmal hat sich der Meran ganz heftig in eine Stute verliebt, da ist er plötzlich über Zäune weg und hat sich verletzt." Bei Paris hat sich Kollmannsberger einmal mit dem Pferd überschlagen, das sei nicht besonders angenehm gewesen. Da zeige sich, wie wichtig es ist, dass das Pferd durchhält - im Gegensatz zu seinen Mitreisenden. Die begleiten ihn meist nur etappenweise. "Nach Wien waren sechs Frauen dabei", erzählt er und lacht, "angekommen sind aber nur vier." Und obwohl das Reiten auf dem Pferd anstrengender sei als das Radfahren, wolle er keine Reise missen.

Nun könnte man meinen, dass Kollmannsberger mit 74 Jahren den Ruhestand in Wang genießt. Dorthin ist er vor eineinhalb Jahren gezogen, weil er eine Stellfläche und Auslaufweide für sein Pferd und Platz für den Hund wollte. Doch die nächste Tour ist längst in Planung. Noch im Sommer reist der Abenteurer nach Zentralasien. Dann geht es mit Packpferd und Pferd durch Kasachstan und Kirgisien. Diesmal ohne Meran. "Das wäre transporttechnisch gar nicht machbar", sagt Kollmannsberger. Wenn er so darüber nachdenkt, findet er: "Bisschen'n Vogel haben muss man schon, wenn man so was macht" - aber es sei ja doch immer wieder schön.

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SZ vom 25.06.2016
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