Vorkämpfer für die Subkultur:"Kapitalismus frisst alles andere"

Lesezeit: 3 min

Norbert Bürger setzt sich für den Erhalt der Kultkneipe "Abseits" ein, die wohl zum Jahresende schließt, wenn kein Wunder geschieht. Ob der Besitzer Graf Guy von Moy das Kaufangebot der Kneipenfreunde annimmt, ist ungewiss.

Interview von Dennis Wenzl, Freising

Der Freisinger Norbert Bürger ist Berufsmusiker, Komponist und Arrangeur. Er macht viel Kabarett, sowohl in Soloshows als auch in Ensembles. Im Oktober hatte er mit der neuen Truppe der traditionsreichen Lach- und Schießgesellschaft in München Premiere. Zurzeit ist es ihm ein großes Anliegen, das Freisinger "Abseits" zu erhalten. Mit der Freisinger SZ sprach er über seine Motivation, die Kultkneipe zu retten und über seine aktuellen Projekte.

SZ: In Freising hat man in letzter Zeit viel über Sie im Zusammenhang mit der Rettung des "Abseits" gehört. Was verbindet Sie mit der Kultkneipe?

Norbert Bürger: Das ist schon seit 20 Jahren meine Stammkneipe, und es ist etwas Außergewöhnliches. Da herrscht noch richtig Kneipenkultur, so eine Spelunke á la Schwabinger Sieben. Die alte Schwabinger Sieben hatte einen ähnlichen Geist. Es ist nicht nur eine geile Kneipe, sondern mittlerweile auch ein angesehenes Kulturzentrum. Da spielen ja Punkbands, Jazzbands, Kabarettisten. Auch überregional hat es mittlerweile einen guten Ruf, einen wichtigen Ruf. Es ist teilweise schon so, dass wenn man überregional sagt, dass man aus Freising ist, hat vor 20 Jahren jeder gesagt: "Ah Freising. Lindenkeller und so. Ja kenn ich" und jetzt ist es oft so "Ah Abseits. Kenn ich". Gerade in Künstlerkreisen kennen viele Freising durch das "Abseits". Es ist immer das Gleiche. Kapitalismus frisst alles andere. Und das, obwohl die ganze Stadt hinter dem "Abseits" steht und stolz darauf ist, ein solches Kulturzentrum zu haben. Man kann nur hoffen, dass der Besitzer, Guy Graf von Moy, sich für die Kultur entscheidet.

Mit dem Bus haben sich die Fans der Kultkneipe Abseits auf den Weg zu Schloss Steppberg im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gemacht, um vor der Haustür des Grafen Guy von Moy für den Erhalt ihrer Kultkneipe zu demonstrieren. (Foto: N/A)

Sie haben Jazzgitarre mit Nebenfach klassische Gitarre und klassisches Klavier studiert. Wie würden Sie ihre musikalische Entwicklung bis heute beschreiben?

Ja mei. Ich wurde immer besser. Ich wusste halt, was ich will. Ich bin nicht am Jazz kleben geblieben, sondern bin in alle Bereiche reingegangen. Ich habe dann auch Komposition weitergemacht, bei einem Lehrer, bei Anton Prestele, dem Komponisten. Ich habe dann auch Theatermusik geschrieben und bin dann selbst auch in die Musikperformance oder Musikkabarett gegangen.

Wer ist der "Bürger from the Hell"?

Das ist meine Bühnenfigur für mein Soloprogramm. Ich hatte die Figur schon ansatzweise im Duo Orchester Bürger Kreitmeier und führe sie jetzt weiter. Das ist ein Typ, der schaut sich auf Youtube an, was die großen Rockhelden so gemacht haben und übt dann jede Gestik, jeden Laut und jede Pose akademisch ein. Dann gibt er sie auf der Bühne wieder, weil es halt cool ist.

Im Oktober hatten Sie mit dem neuen Ensemble der Lach- und Schießgesellschaft Premiere. Wie kommt Qualitätskabarett auf so hohem Niveau zustande?

Ach, das sind Sachen, die kann man nicht erklären. Entweder man hat's drauf oder man hat's nicht drauf. Das ist natürlich immer mit Erfahrung verbunden. Mit diesem Handwerk des Kabaretts ist es genau so wie mit allen anderen Berufen. Das muss man jahrelang machen, um zu kapieren wie es funktioniert. Und vor allem auch, um seinen eigenen Stil zu finden und den dann auch konsequent zu machen. Authentizität zeichnet wahrscheinlich Kabarett auf einem hohen Niveau aus. Alle großen Meister sind authentisch auf der Bühne. Ob das jetzt Helge Schneider ist oder Gerhard Polt. Da hat jeder sein eigenes Ding gefunden.

Die Lach- und Schießgesellschaft hat eine unglaublich alte Tradition. Haben Sie sich bei der Vorbereitung erst einmal mit ihren Vorgängern vertraut gemacht oder haben Sie gleich Ihre eigenen Vorstellungen umgesetzt?

Gleich die eigenen Vorstellungen. Ich habe mir da überhaupt keine Gedanken gemacht was die anderen gemacht haben. Weil diese Großmeister, von denen der Name Lach- und Schieß auch lebt, Dieter Hildebrandt, Sammy Drechsel, Bruno Jonas die haben ihren eigenen Stiefel gemacht und das ist teilweise auch schon 50 Jahre her. Das kann, soll und muss man auch nicht reproduzieren. Wir sind da von vornherein ganz frisch an die Sache herangegangen und haben gar nicht genau gewusst was die gemacht haben. Ich hab kein einziges Programm von denen mir angesehen.

Was ist für das Jahr 2016 alles bei Ihnen geplant?

Ich habe wahrscheinlich nur für meine drei Projekte Zeit. Mit der Lach- und Schießgesellschaft gehen wir noch auf Tour und spielen das ganze Jahr über blockweise in der Lach- und Schieß. Dann spiele ich noch mein Solo mit "Bürger from the Hell". Und dann habe ich noch das Projekt mit dem New Yorker Schlagzeuger, Sean Noonan, mit dem ich in London und Sardinien ein größeres Projekt habe.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: