Von Nazis inhaftiert:Die rote Oppositionsgruppe aus Hohenkammer

Ausstellung

Diese Miniaturstube hat Anton Held während seiner Gefangenschaft im Dachauer Konzentrationslager geschnitzt.

(Foto: Lukas Barth)

Sie wollten sich 1933 nicht den Nazis unterwerfen und mussten dafür ins KZ nach Dachau: Jetzt wird Korbinian Geisenhofer, Thomas und Anton Held sowie Thomas Groß aus Hohenkammer eine Ausstellung gewidmet.

Von Peter Becker, Hohenkammer

"Die Burschen sollen fühlen, wer im heutigen Deutschland anschafft!" Die Drohung, die Stützpunktleiter Josef Münsterer in mehreren Schreiben des Jahres 1933 schriftlich ausstieß, galt Korbinian Geisenhofer, Thomas und Anton Held sowie Thomas Groß. Die vier wollten sich nicht dem Regime der Nationalsozialisten unterwerfen, die in Hohenkammer ein straffes Regiment führten. Dies mussten sie mit mehreren Monaten Haft im Dachauer Konzentrationslager büßen. Den vier Hohenkammerer Burschen ist eine Ausstellung gewidmet, die vom 27. Oktober bis zum 8. November in der Alten Gaststube auf dem Gelände des Schlosses zu sehen ist. Sie trägt den Titel "Hohenkammer in der NS-Zeit, Namen statt Nummern - Lebensgeschichten aus dem dörflichen Widerstand".

Der Einfluss der Nationalsozialisten auf die Bewohner des knapp 500-Seelen-Dorfes war seinerzeit ziemlich groß. NSDAP und SA waren in das mit der Hakenkreuzfahne beflaggte Schloss eingezogen, das der wichtigste Arbeitgeber im Dorf war. Wer nicht zur Partei ging, der musste um seine Anstellung bangen. Karl Strauß, ein Bürger aus Hohenkammer, der mit an der Ausstellung beteiligt ist und den Kontakt zur Familie von Thomas Held hergestellt hatte, sagt, dass die Schüler nicht mehr "Grüß Gott" hätten sagen dürfen. Stattdessen hieß es jetzt "Heil Hitler" und der Unterricht begann statt mit einem Gebet mit einem Hitlerspruch.

"Eine rote Oppositionsgruppe arbeitet uns seit Wochen mit allen Mitteln entgegen"

Die Nationalsozialisten übten starken Druck auf all diejenigen aus, die mit dem Schloss in Beziehung standen. Dort residierte nicht nur der Stützpunktleiter, sondern auch ein Wehrertüchtigungslager mit einem berüchtigten Offizierskorps.

Mit den Nationalsozialisten gerieten die vier jungen Hohenkammerer aneinander. Sie wollten sich dem Regime nicht so ohne weiteres unterwerfen. Münsterer schrieb deshalb an den Freisinger Sonderkommissar. "Eine rote Oppositionsgruppe arbeitet uns seit Wochen mit allen Mitteln entgegen." Mit dem Brief überstellte er drei der vier jungen Männer, die festgenommen worden waren. Sie sollen eines Nachts Hammer und Sichel auf die Straße gemalt haben. Strauß sagt, dass das nicht so gewesen sei. Die Nazis hätten das so dargestellt, dass die drei Männer zur KPD gehört hätten. Dies war der Anlass, warum drei der jungen Männer zum ersten mal verhaftet worden waren.

Von Nazis inhaftiert: Alte Ansichten von Hohenkammer gibt es in der Ausstellung im Schloß zu sehen.

Alte Ansichten von Hohenkammer gibt es in der Ausstellung im Schloß zu sehen.

(Foto: privat)

Die Schüler des Camerloher-Gymnasiums haben die Infos zu den damaligen Geschehnissen zusammengetragen

Den zweiten Anlass bot ein Kirchweihtanz im Gasthaus Riesch in Unterwohlbach. Organisiert hatten ihn Burschen aus Hohenkammer, die weder der Partei noch der SA beigetreten waren. Die beiden Held-Brüder berichteten 1947, dass die Nazis kolportiert hätten, dort finde ein "Kommunistenball" statt. Als der Ball zu Ende war, wartete eine Delegation der Wehrsportschule auf die Burschen. Es kam zu einer Schlägerei, in deren Folge Anton und Thomas Held sowie Geisenhofer verhaftet wurden.

Zusammengetragen haben die Informationen zur Ausstellung Schüler des Camerloher-Gymnasiums unter der Leitung von Sabine Gerhardus von der Organisation Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau. Lydia Thiel, Heimatforscherin aus Petershausen, hat die Quellen recherchiert und die Ausstellung zu Hohenkammer während der Zeit von 1933 bis 1945 zusammengestellt. Strauß stellte den Kontakt zur Familie von Thomas Held her. Letztere war anfangs reserviert. "Die Familie von Anton Held war gleich bereit", sagt Sabine Gerhardus. Sie sei froh gewesen, dass sich jemand mit dessen Geschichte interessiere und nicht nur immer die Häftlinge aus dem Ausland im Mittelpunkt stünden.

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