Von Grün zu Rot:Freisinger Wechselspiele

Wieder verlassen zwei Stadträte ihre Fraktion: Adelheid Nast und Christoph Bauer wandern zur SPD ab. Die Grünen verlieren dadurch ihren Status als stärkste Fraktion an die Freien Wähler.

Von Kerstin Vogel

Der Freisinger Stadtrat kommt nicht zur Ruhe: Nach dem Austritt von Oliver Pflüger aus der Fraktion der Freisinger Mitte vor wenigen Wochen folgte gestern nun der nächste Knall. Adelheid Nast und Christoph Bauer wechseln von den Grünen zur SPD. Der Entschluss dazu sei in den vergangenen Wochen und Monaten "gereift", sagte Nast bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Damit gibt es wieder einmal neue Mehrheitsverhältnisse in dem Gremium: Die Grünen liegen jetzt mit je sieben Stadträten gleichauf mit der SPD und verlieren ihren Status als stärkste Fraktion an die Freien Wähler, die acht Sitze im Stadtrat innehaben.

Dass es bei den Grünen knirschte, haben aufmerksame Beobachter durchaus feststellen können. So herrschte beispielsweise mit dem Aufruf der Fraktionssprecher zur Demonstration für das Camera-Kino nicht eben durchgängiges Einverständnis. Nast und Bauer stimmten zuletzt häufig nicht mit der eigenen Fraktion - beispielsweise, als es im Hauptausschuss um die Hauslärmverordnung ging. Doch offenbar drehte es sich um mehr als lediglich eine abweichende Meinung.

So beklagte Bauer am Dienstagnachmittag, dass es in der Grünen-Fraktion "keine konstruktive und zielgerichtete Arbeit mehr gebe". Der Informationsfluss von der Fraktionsspitze an die übrigen Stadträte sei immer schlechter geworden. Auch die Aktion mit der Sitzblockade vor dem Kino sei mit der Fraktion nicht abgestimmt gewesen. Nast kritisierte außerdem die "Verunglimpfung von Religion in Form von Kabarett", wie bei der diesjährigen Gründonnerstagung und vieles mehr, was sie in den vergangenen Wochen und Monaten gestört habe.

Sie stehe weiter für das, wofür sie auch angetreten sei, versicherte Nast. Ihre Themen blieben der soziale Bereich und die Migration. Der Fraktionswechsel sei jedoch für sie "der einzig vernünftige Schritt gewesen". Davon verspreche sie sich eine Rückkehr zu guter und sachorientierter Arbeit im Stadtrat, bei der auch ökonomische Fragen berücksichtigt würden. Dem schloss sich Bauer an.

Freude herrschte am Dienstag naturgemäß bei der SPD. Fraktionssprecherin Heidi Kammler nannte Bauer und Nast "eine Bereicherung in jeder Beziehung", speziell aber für die Bereiche Umwelt und Soziales. Man habe gute Gespräche mit den beiden neuen Fraktionsmitgliedern geführt und dabei auch den Ortsverband eingebunden. Ziel sei nun, kein Wahlkampfgetöse zu veranstalten, sondern "solide Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger zu leisten".

SPD- Stadtrat Hubert Schwarzer erklärte, dass er - gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt - von der Nachricht zunächst überrascht worden sei. Im Nachhinein aber sei der Schritt von Nast und Bauer gar nicht so unerwartet gewesen. Schließlich habe es mit den beiden auch in der Vergangenheit schon große Übereinstimmungen gegeben. Und schließlich werde hier ja nur eine Entwicklung zurückgedreht, die vor 30 Jahren begonnen habe, sagte Schwarzer augenzwinkernd: Schließlich seien die Grünen damals aus der SPD entstanden.

Nast und Bauer werden nicht nur die Fraktion im Stadtrat, sondern auch die Partei wechseln, wie sie gestern bestätigten. Geplant ist, dass Bauer von Norbert Gmeiner den Sitz im Planungsausschuss übernimmt. Gmeiner wird dafür stellvertretender Fraktionsvorsitzender und löst Helmut Weinzierl ab. Nast wird für Heidi Kammler in den Kulturausschuss einziehen. Inwieweit sich durch die neuen Mehrheitsverhältnisse wieder Änderungen bei der Sitzverteilung in den Ausschüssen ergeben, muss sich noch zeigen. Die Stadtverwaltung ist erst am Dienstag über den Schritt von Nast und Bauer informiert worden - und auch die Grünen-Fraktion wurde am Dienstagabend von der Nachricht überrascht. Die erste Information erreichte die Fraktionssprecher Rosi Eberhard und Jürgen Maguhn via SMS.

In einer ersten Reaktion gab Eberhard die Vorwürfe im Fall von Bauer umgehend zurück. Seit dieser nicht OB-Kandidat geworden sei, sei er "sehr unzufrieden" gewesen und habe in der Fraktion nicht mehr mitgearbeitet. Nast habe - anders als behauptet - sehr wohl über die Kino-Aktion und die Arbeit der Fraktion Bescheid gewusst, weshalb ihre Vorwürfe hier "unfair" seien, so Eberhard: "Da bin ich menschlich schon ein wenig enttäuscht." Dass "etwas im Busch" gewesen sei, habe man allerdings aus dem Verhalten der beiden Kollegen zuletzt durchaus schließen können.

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