Süddeutsche Zeitung

Vogelgrippe:Stallpflicht drückt die Preise

Die Vogelgrippe macht eine Freilandhaltung von Hühnern derzeit unmöglich. Deren Eier dürfen deshalb nur noch mit dem Label "aus Bodenhaltung" verkauft werden. Für die Landwirte bedeutet das enorme Einbußen.

Von Katharina Aurich, Freising

Die Stallpflicht für Geflügel gilt auf unbestimmte Zeit weiter und stellt die Eierproduzenten im Landkreis Freising vor immer größere Probleme. Die Tiere würden auf dem engen Raum zunehmend unruhiger und wenn die Sonne jetzt häufiger scheine, steige die Temperatur in den Ställen, berichtet Landwirt Hubert Schranner aus Hörgertshausen.

Dazu komme seit dieser Woche, dass Eier aus konventioneller Freilandhaltung nach einer dreimonatigen Übergangsfrist jetzt nur noch als Bodenhaltungseier vermarktet werden dürften - für vier Cent pro Ei weniger, weil die Tiere eingesperrt sind. Einzig für biologisch wirtschaftende Betriebe wie den von Lydia Lochinger in Bergen gelten andere Regeln. Sie dürfen die Eier ihrer Hühner weiterhin als Freilauf-Eier verkaufen, da die Ställe über Scharrräume und Volieren verfügen, so dass die Vögel an die frische Luft können.

Die Vogelgrippe mit Erreger H5N8 breitete sich 2016 in ganz Deutschland aus

Am 18. November 2016 ist in Bayern die Stallpflicht für Geflügel angeordnet worden, weil sich die Vogelgrippe mit dem hoch ansteckenden Erreger H5N8 in ganz Deutschland ausbreitete. Die Verordnung gilt sowohl für gewerbsmäßige Geflügelhalter als auch für Züchter und Privatpersonen, die Geflügel halten. Landwirt Schranner hat kürzlich einen Stall für 12 000 Legehennen gebaut - in Freilaufhaltung. Seit drei Monaten müssen die Tiere drinnen bleiben, bis jetzt konnte Schranner seine Eier aber dennoch als Freilauf-Eier vermarkten, 11 000 Stück am Tag. Seit Montag aber stammen seine Eier "offiziell" aus Bodenhaltung, weshalb er pro Stück vier Cent weniger als für die Freilauf-Eier erhält.

Das klinge zunächst nicht schlimm, bedeute jedoch täglich 450 Euro weniger Erlös, so Schranner. Außerdem müsse er auf jeder Eierschachtel von Hand die Kennzeichnung "Freiland", durch "Bodenhaltung" ersetzen, bevor die Kisten mit den Kartons an eine Supermarktkette in der Region ausgeliefert würden. Das verursache erhebliche Mehrarbeit. Dazu kämen Investitionen, um den an Auslauf gewöhnten Tieren das Dasein so erträglich wie möglich zu gestalten und Verluste aufgrund von Kannibalismus zu vermeiden. Er gehe viel häufiger in den Stall und sehe nach, ob es den Tieren gut gehe und kaufe Beschäftigungsmaterial für die Hühner, damit sie nicht begännen, sich gegenseitig zu bepicken, schildert Schranner. Einen finanziellen Ausgleich für die Kosten der Stallpflicht erhalte er nicht. Lediglich wenn die Tiere gekeult werden müssten, erhielte er den aktuellen Verkehrswert eines Huhns.

Die Landwirte müssen mit dem Preisdruck umgehen

Neben den zusätzlichen Kosten fürchtet Schranner noch einen anderen Effekt der Stallpflicht: Da jetzt alle konventionell erzeugten Freilandeier als Bodenhaltungseier auf den Markt drängten, entstehe ein Preisdruck. Er rechne damit, dass er bald noch weniger für seine Eier erhalte, sagt der Landwirt, auf dessen Hof seine Eltern schon 1970 mit der Hühnerhaltung und Eierproduktion begonnen haben.

Zudem ärgert sich Schranner über die Ungleichbehandlung von konventionellen und biologischen Betrieben. Auch seine Tiere hätten Scharrräume und könnten in einer Voliere nach draußen. Lydia Lochinger, die in ihrem Biobetrieb in einem mobilen Stall Legehühner hält, hat ganz andere Sorgen. Wenn ein Huhn nicht drei Viertel seines Lebens im Freien herumlaufe, sei es kein Biohuhn mehr, schildert sie. Sollte die Stallpflicht länger anhalten, werde ihren Hühnern der Biostatus aberkannt, fürchtet Lochinger. Diese Einschätzung teilt der Geschäftsführer der Vermarktungsinitiative "Freisinger Land", Matthias Maino. Wenn die Stallpflicht länger gelte, werde die Bio-Freilandhaltung von Legehennen verschwinden, da die Betriebe neue Bestände aufbauen müssten, prognostiziert er.

Sowohl Schranner als auch Lochinger hoffen jetzt auf wärmere Temperaturen und Sonne, die zwar die Stallluft stickiger und heißer machten, aber vermutlich die Verbreitung des Virus in der Natur eindämmten. Und es sei bald Ostern, dann steige die Nachfrage nach allen Eiern und damit die Preise, egal, ob sie drinnen oder draußen, konventionell oder biologisch erzeugt würden.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2017/zim
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