Alle wollen Abitur:Freie Auswahl bei der Ausbildungsstelle

Bauarbeiter

Auch für die Arbeit auf dem Bau finden sich im Landkreis Freising kaum noch Auszubildende, wie Kreishandwerksmeister Martin Reiter klagt.

(Foto: dpa)

Die Handwerker im Landkreis Freising suchen händeringend nach Lehrlingen, doch der Ausbildungsmarkt gibt nichts mehr her. Trotz bester Zukunftsperspektiven ist fast ein Viertel der Lehrstellen unbesetzt.

Von Gudrun Regelein, Landkreis

Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt sei zwar noch keine Katastrophe, sagt Kreishandwerksmeister Martin Reiter. "Aber die Entwicklung ist beunruhigend: Es gibt einfach zu wenige Lehrlinge." Anfang September, zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres, war im Landkreis Freising fast ein Viertel der Lehrstellen noch unbesetzt. 306 freie Angebote zählte die Bundesagentur für Arbeit im August - bei insgesamt 1286 gemeldeten Stellen.

"Erfahrungsgemäß gibt es immer noch einige Nachzügler - eine Nachvermittlung ist auch nach dem offiziellen Ausbildungsbeginn, teilweise sogar bis Weihnachten, noch möglich", sagt Kathrin Stemberger, Sprecherin der Arbeitsagentur Freising. Im Vorjahr beispielsweise seien es im August noch 289 unbesetzte Stellen gewesen, Ende September dann nur noch 210. Für dieses Jahr gebe es noch keine endgültigen Zahlen, "aber es geht nicht Richtung Null".

Die Freisinger SZ hat mit Ausbildern im Landkreis gesprochen

Martin Reiter, der ein Bauunternehmen in Nandlstadt hat, hatte bislang auch kein Glück: "Ich habe für dieses Jahr keinen Azubi gefunden", sagt er. Nicht nur Reiters Suche blieb erfolglos, er könnte auf Anhieb noch 30 andere Firmen nennen, die in diesem Jahr keinen Lehrling haben. Seit Jahren werde es gerade in den Städten immer schwieriger, junge Menschen für einen Ausbildungsberuf zu begeistern, sagt der Kreishandwerksmeister. "Das liegt sicher daran, dass es momentan den Trend zum Abitur gibt." Langfristig, so prophezeit Reiter, werde es einen ausgeprägten Fachkräftemangel geben, "das wird unser großes Problem werden".

Das befürchtet auch die Industrie- und Handelskammer (IHK): Dank der starken Konjunktur seien die Auftragsbücher vieler Unternehmen zwar sehr gut gefüllt. Entsprechend wichtig wären deshalb qualifizierte Mitarbeiter. "Dazu gehören auch Auszubildende, denn sie sind die Fachkräfte von morgen", sagt Otto Heinz, IHK-Vizepräsident für München und Oberbayern. Der Mangel an Azubis sei bereits ein Problem, von dem immer mehr Betriebe im Landkreis Freising betroffen sind.

Auch Heinz führt den Bewerbermangel auf den Trend zur Akademisierung zurück. Diese aber sei nicht der "Königsweg" für Jugendliche und junge Erwachsene. "Es ist essenziell wichtig, wieder mehr Bewusstsein für die duale Ausbildung zu schaffen", fordert Heinz. Eine Ausbildung biete den besten Start ins Berufsleben - die Argumente dafür seien stark: "Verantwortung und Praxiserfahrung vom ersten Tag an, Start der finanziellen Selbstständigkeit und eine exzellente Zukunftsperspektive", zählt Heinz auf. Dennoch werde der Großteil der jetzt noch offenen Stellen frei bleiben - und viele Betriebe könnten keinen Nachwuchs ausbilden. Vor allem gesucht seien derzeit Verkäufer, Einzelhandelskaufleute, Köche und Hotelfachleute.

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