Verweigerter Handschlag:Streit in Neufahrner Lokal eskaliert

Wer tatsächlich Täter und wer Opfer ist, lässt sich kaum noch feststellen - Richterin stellt Verfahren gegen zwei Brüder ein.

Von Alexander Kappen, Freising

Ein Menge Alkohol, ein verweigerter Handschlag und wüste Beschimpfungen - das war die Gemengelage, aus der sich in einer Nacht im März in einem Neufahrner Café eine Schlägerei zwischen zwei Brüdern, 36 und 28 Jahre alt, und ihrem 58-jährigen Widersacher entspann. Das Brüderpaar musste sich deshalb am Montag am Freisinger Amtsgericht wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Im Laufe der Verhandlung verschwammen die Grenzen zwischen Tätern und Opfer jedoch immer mehr. Der 58-Jährige machte zudem widersprüchliche Angaben im Vergleich zur Polizeivernehmung. Richterin Tanja Weihönig stellte mit Zustimmung der Staatsanwältin sowie der Verteidiger das Verfahren schließlich ein.

Unstrittig war, dass die beiden Angeklagten in besagter Nacht gegen 1.15 Uhr alles andere als nüchtern in das Neufahrner Keller-Lokal kamen, wo sich neben dem Inhaber auch der 58-Jährige sowie ein weiterer Gast, 42, befanden. Alle kannten sich mehr oder weniger gut. Er habe zuvor in der Nähe in seinem eigenen Lokal mit seinem Bruder und einem Bekannten getrunken, berichtete der ältere Angeklagte. "Zu dritt zwei Flaschen Whisky", präzisierte er. Bei dem 36-Jährigen sind später bei einem Alkoholtest 2,12 Promille gemessen worden. Der jüngere Bruder gab an, nur zwei Gläser Whisky getrunken zu haben. Die beiden gingen in das andere Café, begrüßten dort den Inhaber per Handschlag und wollten das auch beim vermeintlich Geschädigten machen. Doch der lehnte das ab. Soweit bestätigten alle Beteiligten fast gleichlautend das Geschehen.

"Dann lüge ich. Ich weiß es nicht"

Doch dann gingen die Darstellungen auseinander. Laut Anklage beschimpften die Beschuldigten den 58-Jährigen wüst. Einer der Brüder soll einen Kugelschreiber oder ein Messer aus der Tasche gezogen und dem Handschlagverweigerer gedroht haben, ihn umzubringen. Die beiden hätten seinen Tisch mit der Platte in seine Richtung umgeworfen, so dass er zwischen Tisch und Wand zu Fall gekommen sei, berichtete der 58-Jährige. Beim Versuch zu entkommen habe er einen Schlag ans Auge erhalten und sei dabei verletzt worden. "Außerdem haben sie mich mehrmals getreten", erzählte er der Richterin. Er selbst habe "mit Sicherheit keine Schimpfwörter gesagt". Die Richterin hielt dem Mann vor, dass er elf Tage nach dem Vorfall bei der Polizei auf mehrmalige Nachfrage nur von einem Schlag ins Gesicht gesprochen habe. "Warum berichten Sie dann heute auf einmal von mehreren Schlägen und Tritten? Das ist schon komisch." Der Mann entgegnete darauf: "Dann lüge ich. Ich weiß es nicht."

Der 42-jährige Lokalbesucher, der in dem Streit zu schlichten versucht hatte, sagte als Zeuge: "Ich mag die alle drei nicht." Daher habe er keinen Anlass, zu Gunsten des einen oder anderen auszusagen. Er sprach von wechselseitigen Beleidigungen. Der Tisch sei in eine andere Richtung umgefallen, als vom 58-Jährigen angegeben. Er habe alle drei Streithähne am Boden liegen sehen, aber keinen konkreten Schlag mitbekommen, "weil der umgefallene Tisch dazwischen lag".

Die angeklagten Brüder waren in ihren Augen die eigentlichen Opfer. Der Ältere sagte, er sei vom 58-Jährigen beleidigt und mit einem Messer bedroht worden. Der Jüngere meinte: "An dem Tag gab es nur einen Geschädigten - und das bin ich." Das vermeintliche Opfer habe ihm ein Weißbierglas ins Gesicht geschlagen. Das sei zerbrochen und habe ihm stark blutende Schnittwunden zugefügt. Er musste später im Krankenhaus genäht werden. Die vom Café-Betreiber gerufene Polizei fand Scherben, aber kein abgebrochenes Glas, berichtet ein Beamter in der Verhandlung. Die Lage war unübersichtlich. Das Gericht stellte das Verfahren letztlich wegen Geringfügigkeit ein.

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