Nordostumfahrung Freising:Mehr Schaden als Nutzen

Nordostumfahrung Freising: Den enormen Flächenverbrauch der Freisinger Nordostumfahrung sehen die Naturfreunde bei einer Baustellen-Wanderung sehr kritisch.

Den enormen Flächenverbrauch der Freisinger Nordostumfahrung sehen die Naturfreunde bei einer Baustellen-Wanderung sehr kritisch.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auf einer Wanderung an der künftigen Umgehungsstraße beklagen Naturschützer den hohen Flächenverbrauch.

Von Johann Kirchberger, Freising

Josef Rohrer von den Naturfreunden stellt gleich zu Beginn der Osttangenten-Wanderung die entscheidende Frage: "Braucht's des, überwiegt der Nutzen den Schaden?." Die Antwort von Manfred Drobny, dem Geschäftsführer des Bundes Naturschutz (BN) in Freising fällt eindeutig aus: "Der Flächenverbrauch steht in keinem Verhältnis zum Nutzen."

Die Nordostumgehung, deren Trasse am Sonntag besichtigt wurde, soll einmal den Verkehr aus der Hallertau aufnehmen und um Freising herumleiten. Sie ist 4,2 Kilometer lang und beginnt an der B 301 kurz nach dem Ortsschild in Erlau. Dort entsteht ein Kreisel, dann geht es an den Häusern vorbei durch ein Waldstück die Amperleite hinauf, vorbei an Zurnhausen, Jaibling, Altenhausen und Ast zum Marzlinger Kreisel und von da auf der Staatsstraße 2350 (früher B 11) zur Autobahn A 92. Der BN habe als Kompromiss vorgeschlagen, den Kreisel oben an der Amperleite zu bauen und die bestehende Abzweigung nach Zurnhausen zu nutzen, sagt Drobny. Darauf sei das Straßenbauamt nicht eingegangen. Es habe die bequemere Trasse für die Lastwagen gewählt, mit den gleichmäßigeren Steigungen.

30 Millionen Euro für 8000 Fahrzeuge am Tag

Fertig gestellt werden soll die Trasse 2021, die Kosten von knapp 30 Millionen Euro trägt der Bund. Von den rund 27000 Fahrzeugen, die derzeit täglich aus der Hallertau durch Freising fahren, sollen dann rund 8000 die Umfahrung nutzen. Eine Entlastung der Kreisstadt, die weit geringer ist, als erhofft. Viele Leute würden vielleicht gar nichts merken, glaubt Drobny. Denn 80 Prozent der Autos auf den Straßen der Stadt seien nach neuesten Verkehrsuntersuchungen Ziel-, Quell- und Binnenverkehr.

Demgegenüber stehe ein enormer Flächenverbrauch, eines der schönsten Freisinger Naherholungsgebiete mit seinen Hecken und Pflanzen, mit seinen kleinen Bachläufen, Wiesen und Äckern werde unwiederbringlich zerstört. Dazu kämen die jahrelangen Belästigungen der Anlieger durch die Baustelle. Und wie bei der Westtangente gebe es auch hier ein Nadelöhr. Ist es dort die Schlüterbrücke, ist es hier die Verbindung von Marzling zur Autobahn, auf der sich der Verkehr stauen wird. "Ein vierspuriger Ausbau droht", prophezeit Drobny.

Geht man von Marzling Richtung Zurnhausen, fallen anfangs vor allem eine Reihe großer Brückenbauwerke auf. Ob die alle notwendig sind? Die Zahl der Über- und Unterbauten von Feldwegen werde oft unterschätzt, sagt Drobny. Überschwemmte Straßen prophezeit ein Anlieger. Man hätte auch einen großen Kreisel bauen können, meint ein anderer, aber das habe das Straßenbauamt nicht gewollt. Wie es mit dem Lärm aussehe, wird gefragt. Für den werde vor allem der Schwerlastverkehr sorgen, sagt Drobny, weil der schnell fahren könne. Später kommt man an einen aufgeschütteten Hügel, auf dem Kinder spielen. Rotbrauner, tertiärer Sand sei das, erzählt Drobny. Kuppen würden abgetragen, Täler aufgefüllt, damit möglichst wenig Steigungen entstehen.

Eine Klage hätte keine Chance gehabt

Warum denn der Bund Naturschutz nicht gegen diese Trasse geklagt habe, es werde ja auch ein Krötenwanderweg zerstört, wird gefragt. "Wir haben uns das schon überlegt", sagt Drobny, so eine Klage habe aber kaum Aussicht auf Erfolg. Der Wert der Natur habe vor Gericht wenig Bedeutung. Naherholungsgebiete und so Dinge, die Lebensqualität ausmachten, seien bei Klagen belanglos. Wichtig seien den Richtern Ausgleichsmaßnahmen. "Aber was da als Ausgleich verkauft wird, ist ein Hohn", ärgert sich der BN-Geschäftsführer, das laufe nach dem Motto, "wir malen alles wieder grün an". Da bekomme ein Bächlein ein paar Kurven, ein paar Bäumchen würden gepflanzt, und fertig sei das Biotop. Rechtlich mag das in Ordnung sein, tatsächlich aber würden dadurch nur die massiven Eingriffe in die Natur überdeckt.

Die Umfahrung sei ein Beispiel dafür, was in der Verkehrspolitik schief läuft. Je mehr Straßen in das Land hinaus gebaut würden, umso mehr Leute zögen hinaus, und dadurch entstehe dann noch mehr Verkehr, sagt Drobny. Am Anfang habe sie gedacht, "ja, diese Umfahrung bringt was", sagt Freisings mitmarschierende Bürgermeisterin Eva Bönig. Inzwischen aber sei sie skeptisch, ob die zu erwartende Entlastung für die Stadt diese Maßnahmen rechtfertigen. Wer aus der Hallertau zum S-Bahnhof wolle, "für den bringt die Trasse gar nichts". Einer nickt, "da müsste schon in Marzling ein S-Bahnhof gebaut werden".

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