Landgericht Landshut:Freisingerin um 130 000 Euro betrogen

Mordprozess Landshut

Der 24-jährige Angeklagte wies am ersten Verhandlungstag in Landshut alle Schuld von sich.

(Foto: dpa)

Im Auftrag einer international agierenden Betrügerbande soll ein 24-Jähriger auf Partnerbörsen im Internet Frauen kontaktiert haben, um diesen Geld aus der Tasche zu ziehen - auch einer Freisingerin.

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Es war offenbar eine sehr einträgliche Einnahmequelle - wenn auch vornehmlich für die noch nicht ermittelten Hintermänner und nur bedingt für den heute 24-jährigen Angeklagten, der sich seit Mittwoch vor dem Landshuter Landgericht verantworten muss. Ihm wird vorgeworfen, Teil einer international agierenden Betrügerbande gewesen zu sein, die in der Verhandlung auch als "Nigeria-Connection" bezeichnet wurde.

Die Gruppe warb offenbar junge Afrikaner an, die auf Partnerbörsen im Internet auftragsgemäß den Kontakt zu Frauen suchten, um diesen unter Vorspielen einer finanziellen Notlage Geld aus der Tasche zu ziehen. So wurde auch eine Freisingerin im Sommer 2017 innerhalb nur eines Monats um rund 130 000 Euro betrogen.

Der angeklagte Nigerianer, der bis zu seiner Verhaftung bei seiner Mutter und seinem Stiefvater in München wohnte und zum Prozessauftakt alle Vorwürfe abstritt, soll auf der Internetplattform neu.de unter dem falschen Namen Bill Turner die Freisingerin kennengelernt haben. Zunächst chattete man auf dem Portal, dann über Skype und Whatsapp. Im Juni 2017 berichtete ihr der 24-Jährige, der sich im Netz auch als Bauingenieur ausgab, dass sein Bankkonto gehackt worden sei und er keinen Zugriff auf sein Geld habe. Ein paar Tage später bat er die Freisingerin telefonisch, ihm für die Reparatur seiner Maschinen 5000 Euro auf ein türkisches Konto zu überweisen.

129 000 Euro überwies die Freisingerin in mehreren Raten

Um Bedenken auszuräumen und seine Rückzahlungsfähigkeit zu demonstrieren, schickte er der Geschädigten eine E-Mail mit den Zugangsdaten für sein angebliches Bankkonto. Die Frau kam so auf eine Internetseite, die einen Kontostand von 3,9 Millionen Euro oder Dollar auswies. Von Anfang Juli bis Anfang August überwies die Freisingerin in mehreren Raten 129 000 Euro. Dazu überließ sie dem Angeklagten ein i-Tunes-Guthaben von 500 Euro. Ähnlich erging es einer Frau aus Wadgassen, die dem 24-Jährigen nach genanntem Muster ebenfalls auf den Leim ging. Sie überwies ihm insgesamt 10 700 Euro.

Der Angeklagte, so ging aus den Ausführungen des Vorsitzenden Richters Ralph Reiter hervor, hat von den erbeuteten 140 000 Euro offenbar nur rund zehn Prozent erhalten. Die Vorgehensweise der "Nigeria-Connection" sei aus einem Parallelverfahren bekannt, "in dem der Angeklagte gestanden und genau erklärt hat, wie es läuft, wie man sich in den Portalen ein Profil anlegt und so weiter". Die Hintermänner "in Nigeria oder wo auch immer im Ausland haben das geringste Risiko und verdienen das meiste Geld damit".

Der Richter wies den Angeklagten darauf hin, "dass ein mutmaßlicher Kollege von Ihnen im anderen Verfahren Angaben gemacht hat". Durch die Auswertung des Handys des Angeklagten sowie der Whatsapp-Chats und Kontobewegungen "existiert eine Indizienkette, die sehr schlüssig erscheint". Der Verteidiger will den Angeklagten bis zum nächsten Verhandlungstermin noch einmal mit dem Geständnis aus dem Parallelverfahren konfrontieren. Am Mittwoch blieb der 24-Jährige jedoch dabei, mit der Sache nichts zu tun zu haben. Gleiches beteuerten seine Mutter und sein Stiefvater - wobei Letzterer, so die Meinung der Staatsanwältin, "da auch mit drin hängt".

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