Verhagelt und verregnet:Das Wetter spielt nicht mehr mit

An einem Maisfeld sind die Wetterkapriolen auch für Laien nicht zu übersehen. Blätter sind aufgeschlitzt und hängen schlaff an den Stengeln.

Petra Schnirch

Allershausen - Landwirt Helmut Zwingler deutet auf die hellen Streifen, die das Weizenfeld nördlich von Leonhardsbuch durchziehen. Für den Fachmann sind sie ein eindeutiges Indiz, dass das trockene Frühjahr dem Getreide zugesetzt hat, zumindest auf den weniger guten Böden. Ein Teil der Pflanzen reift vorzeitig, auf Kosten der Qualität. Wenige Meter weiter, in einem Maisfeld, sind die Folgen der Wetterkapriolen dieses Jahres auch für den Laien nicht zu übersehen. Viele Blätter sind aufgeschlitzt und hängen schlaff an den Stangen, seit am 7. Juli zum zweiten Mal innerhalb eines Monats ein Hagelschauer durch den Nordwesten des Landkreises gezogen ist. Zwingler, Ortsobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Allershausen, erwartet die Schätzer der Hagelversicherung in den kommenden Tagen, er selbst rechnet auf diesem Feld mit Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent.

Insgesamt hat es die Landwirte im Landkreis Freising nicht ganz so schlimm erwischt wie im deutlich trockeneren Nordbayern. Dennoch zeichnet sich auch hier ab, dass die Wetterextreme zu einer immer größeren Belastung werden, wie Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner bei der traditionellen Erntefahrt in Allershausen betont. Die vergangenen beiden Tagen seien geradezu typisch für dieses Jahr, ergänzt Gerd Sonnleitner, Präsident des Bayerischen und Deutschen Bauernverbands: erst Starkregen mit starkem Wind, dann wieder Sonnenschein. "Das zieht sich wie ein roter Faden durch."

Für den Landkreis geht Gerhard Stock, Kreisgeschäftsführer des BBV, selbst in diesem schwierigen Jahr vorerst noch von durchschnittlichen Erträgen aus. Allerdings benötigen die Bauern für die bevorstehende Ernte dringend einige trockene Tage, vor allem in der Holledau. "Seit Tagen tun die Landwirte nichts anderes mehr, als den Wetterbericht lesen", schildert BBV-Kreisobmann Michael Grünwald. Doch wenn sie raus auf die Felder wollen, "kommt der nächste Schauer". Die schweren Böden in der Holledau seien voll wie ein Schwamm, da könne derzeit kein Mähdrescher fahren. Wenn aber die Wintergerste bis zum Ende der Woche nicht geerntet werden könne, sei bereits der Raps an der Reihe. Zudem reagiere reifes Getreide empfindlicher auf extreme Regenfälle, erläutert Zwingler, der einen Milchviehbetrieb mit 80 Kühen leitet.

Auch ein weiteres Problem drückt BBV-Mann Grünwald, der selbst in der Holledau wohnt. Anfang Juni beschädigten Hagelkörner 1500 Hektar Hopfen-Anbaufläche, auf 500 Hektar erlitten die Hopfenpflanzer einen Total-Ausfall. Einige seien bereits im dritten Jahr in Folge betroffen, sagt Grünwald - mit der Folge, dass die Hagelversicherung für sie immer noch teurer werde. Er habe deshalb Staatsminister Brunner um Unterstützung gebeten. Der zeigt zwar Verständnis, hält sich aber bedeckt. Denn finanzielle Hilfen müssten an anderer Stelle gekürzt werden - "außer der Finanzminister gibt mir mehr Geld", fügt er hinzu, daran aber will er selbst nicht glauben. Eine Umschichtung der Fördermittel sei eine politische Frage, die mit den Berufsständen diskutiert werden, gerade weil das Ausmaß der Unwetter immer stärker zunehme, sagt Brunner im Gespräch mit der SZ.

Auch der Allershausener Bio-Bauer Ralf Huber konfrontiert Brunner mit einem aktuellen Problem: Da auf immer mehr Grund Pflanzen für die Energieerzeugung angebaut wird, steigen die Pachtpreise. "Ein normaler Landwirt wie ich wird die Flächen nicht halten können", befürchtet er. 80Prozent des Ackerlandes habe er gepachtet, sagt Huber, der insgesamt 178Hektar bewirtschaftet. Bisher seien die Verpächter sehr entgegenkommend. "Aber wir haben ein bisschen Angst", gesteht er. Die Entwicklung gehe in eine Richtung, "die nicht mehr gesund ist", da viele sehr große Anlagen entstehen. Ein weiteres Anliegen Hubers ist der Ausbau der Agrarforschung. Seit drei Jahren wachsen aus unerfindlichen Gründen keine Erbsen mehr auf den Feldern der Umgebung. Aufgrund ihres Eiweißgehalts aber wären sie gerade für Öko-Betriebe sehr interessant.

Huber selbst rechnet in diesem Jahr wegen der Witterung mit Ernteeinbußen von 15 bis 20 Prozent. Im Ökolandbau wirke sich das trockene Frühjahr stärker aus, erklärt BBV-Geschäftsführer Stock. Da sich die Preise normalisiert haben, ließen sich die Verluste jedoch auffangen, sagt Huber und fügt hinzu. "Wir leben eben mit der Natur." Er räumt aber ein: Vor fünf Jahren noch wären solche Einbußen wegen der niedrigen Preise eine "Katastrophe gewesen".

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