Süddeutsche Zeitung

Verein Stadtteilauto wächst stetig:Carsharing boomt

Die Mitgliederzahl des Freisinger Vereins Stadtteilauto steigt seit Jahren, inzwischen verfügt er über eine Flotte von 19 Fahrzeugen in fünf Kommunen. Per Internetplattform vermieten aber auch einige Privatpersonen ihre Autos.

Von Katharina Aurich, Landkreis

Ein Auto ist für viele Menschen kein Statussymbol mehr, sondern ein reines Fortbewegungsmittel, das funktionieren sollte, einem aber nicht unbedingt gehören muss. Vermutlich deshalb nehmen die Mitgliederzahlen des Carsharingvereins Stadtteilauto zu. Zudem erobern Unternehmen, die Autos per Internet zur stunden- oder tageweisen Nutzung anbieten, den Markt. Dies bedeute jedoch nicht, dass insgesamt weniger Auto gefahren werde, sagt Joachim Joekel, seit 20 Jahren Vorsitzender von Stadtteilauto. Dafür müsste der öffentliche Nahverkehr deutlich verbessert werden.

Die Geschichte des Carsharings begann in den 1980er Jahren in Berlin, im Landkreis Freising gründeten engagierte Bürger 1992 den Verein Stadtteilauto. Inzwischen stellt er 19 Autos an 17 Stationen zur Verfügung, "wir wachsen kontinuierlich", so der Vorsitzende. Der Verein hat zurzeit rund 250 Mitglieder.

Das Besondere an Carsharing: Sie werden meist stundenweise gebucht

Im Gegensatz zu einer normalen Autovermietung stehen die Fahrzeuge der Carsharingflotte in der Nähe der Vereinsmitglieder, maximal 500 Meter von der Wohnung entfernt, dezentral über die ganze Stadt auf feste Stellplätze verteilt. Sie können auch stundenweise gebucht werden, was bei herkömmlichen Autovermietern noch unüblich sei, sagt Joekel zu den Unterschieden.

Die meisten Fahrzeuge von Stadtteilauto stehen in Freising, drei in Moosburg, zwei in Neufahrn und jeweils eines in Marzling und Eching. Obwohl die Mitgliederzahl in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, wie Joekel berichtet, lohnt es sich bisher nicht, ein Fahrzeug zum Beispiel in Zolling oder in seinem Heimatort Attenkirchen anzubieten. Dort fahren viele Pendler morgens mit ihrem Auto zur Arbeit zum Flughafen, für sie rentiere sich Carsharing nicht. Sinnvoll sei dies aber für Menschen, die für den Weg zur Arbeit öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad benutzen und nur für Ausflüge oder für den Großeinkauf ein Auto benötigten. Für tägliche Autofahrten zur Arbeit böten sich Fahrgemeinschaften an.

Damit ein Carsharingauto auch in kleineren Ortschaften stationiert werden kann, bräuchte man acht bis zehn neue Mitglieder, die dieses Auto nutzen, erklärt Joekel. Jedes Mal, wenn er in Allershausen, Kirchdorf oder Haag den Verein Stadtteilauto vorstelle, seien die Zuhörer begeistert. Aber tatsächlich einsteigen würden sie dann nicht, sagt er bedauernd.

Die Mitglieder haben sich zusätzlich ein Elektroauto gewünscht

Die Flotte des Freisinger Vereins bekommt bald Zuwachs, in zwei Wochen gehört auch ein E-Auto dazu, das hätten sich die Mitglieder gewünscht, berichtet Joekel. Der Diplom-Informatiker ist seit 20 Jahren im Ruhestand, bei Stadtteilauto engagiere er sich, weil es ihn fasziniere, dass Menschen bereit sind, auf ein eigenes Auto zu verzichten, sagt der 82-Jährige. Seit 2006 gehört der Verein zum deutschlandweiten Carsharingverbund der Deutschen Bahn. Dadurch steige die Flexibilität, denn die Mitglieder könnten überall in Deutschland ein Auto leihen und im Gegenzug natürlich auch Besucher, die im Landkreis zu Gast sind, schildert Joekel. Gebucht werde bei Flinkster natürlich über das Internet, für jede telefonische Buchung, die auch möglich ist, würden dem Verein allerdings 1,50 Euro in Rechnung gestellt.

Seit Kurzem sind in Freising auch drei private Fahrzeuge über das Internet-Portal Drivy buchbar. Das Unternehmen bringt - ähnlich wie Airbnb für Wohnungen - private Autobesitzer und Automieter zusammen, die für Stunden oder Tage einen fahrbaren Untersatz benötigen. Für jeden Autobesitzer gibt es Bewertungen ehemaliger Kunden im Netz.

Als Konkurrenz empfinde man diese Anbieter nicht, sagt Andreas Fincke, Geschäftsführer von Stadtteilauto. Jeder Nutzer von Drivy sollte sich genau informieren, wie im Falle eines Schadens verfahren werde, gibt er zu bedenken.

Im Gegensatz zum stationären Carsharing kann man beim Floating (Car2go) spontan ein Auto der Flotte ohne feste Mietstationen, das sich zufällig in der Nähe befindet, über die App auf dem Smartphone buchen und dann aufschließen. Auch dieses Modell, das sich bisher in den größeren Städten etabliert habe, sei für das Stadtzeilauto keine Konkurrenz, sagt Joekel. Denn es sei unwahrscheinlich, dass gerade dann, wenn man ein Auto benötige, eines in der Nähe stehe. Bei Stadtteilauto wisse man, wann wo welches Fahrzeug verfügbar sei.

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