Bei Streikaktion am Flughafen:Verdi klagt über „Einschüchterungsversuche“

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Verdi kritisiert die Flughafengesellschaft, dass sie Vertrauensleute der Gewerkschaft während eines Streiks behindert habe. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Während eines Streiks werden Vertrauensleute der Gewerkschaft aus dem Sicherheitsbereich des Flughafens verwiesen, als sie Kollegen über die aktuelle Tarifrunde informieren wollen. Auch ihre Ausweise werden zeitweise eingezogen. Die harsche Reaktion ist für Verdi  „weder nachvollziehbar noch tragbar"

Von Petra Schnirch, Flughafen

Es sind massive Vorwürfe, die Verdi gegen die Flughafen München GmbH (FMG) erhebt. Es geht um nicht weniger als die Behinderung von Gewerkschaftsarbeit. Bei einem Arbeitsstreik am vergangenen Freitag waren acht Verdi-Vertrauensleute im Terminal eins, Modul C, von etwa zehn Beamten der Bundespolizei und Mitarbeitern der FMG-Konzernsicherheit aus dem Sicherheitsbereich verwiesen – die Gewerkschaft sagt: vor Passagieren und Beschäftigten abgeführt – worden.

Ihre Flughafenausweise wurden zeitweise eingezogen. Nach Auskunft von Verdi waren ihre Vertrauensleute gerade auf dem Weg zu den Aufenthaltsräumen, um mit Kolleginnen und Kollegen über die aktuelle Tarifrunde zu sprechen. Das aber sei ihnen verwehrt worden.

Er arbeite seit 30 Jahren bei der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München (SGM), sagt Vertrauensleute-Sprecher Sepp Winderl. So etwas aber habe er bisher nicht erlebt. Die SGM ist am Flughafen für die Passagier- und Gepäckkontrollen zuständig. Aufenthaltsräume, aber auch das Schwarze Brett und die Infotafeln der Gewerkschaft befänden sich alle im Sicherheitsbereich. „Wo sollen wir sonst Gewerkschaftsarbeit machen, wenn nicht dort?“, fragt Winderl. „Das Einzige, was wir wollten, ist, über die Tarifrunde zu informieren.“ Für die Geschäftsführung der SGM sei das kein Problem gewesen. Die FMG aber „hat eine große Sache daraus gemacht“.

Am Freitag hatte die Gewerkschaft insgesamt 80 Mitarbeitende aus sechs Betrieben am Flughafen zum Streik aufgerufen. 56 von ihnen beteiligten sich nach Angaben von Verdi daran, darum 15 Beschäftigte der SGM. Erster Verhandlungstag der Tarifrunde im öffentlichen Dienst war am 24. Januar in Potsdam. Am Flughafen München gehören etwa 9000 Beschäftigte zu diesem Tarifvertrag. Verdi fordert acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro, und Zuschläge für besonders belastende Arbeiten, außerdem drei zusätzliche freie Tage sowie einen weiteren für Gewerkschaftsmitglieder. Es gehe auch darum, am Flughafen Jobs aufzuwerten, die teils nur knapp über dem Mindestlohn liegen, und die Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen, erklärt Winderl.

Er kam dazu, als sich die Gruppe bereits im öffentlichen Bereich befand. Über eine Stunde hätten sie darum gekämpft, von der Konzernsicherheit ihren Flughafenausweis zurückzubekommen, ohne den wären sie nicht einmal vom Parkplatz gelangt.  „Das war für die Kollegen keine schöne Situation.“ Alle Betroffenen seien mehrmals sicherheitsüberprüft. Mitarbeitende an den Schleusen seien nicht angesprochen, der laufende Betrieb nicht behindert worden.

Da es sich zunächst um eine nicht angemeldete Versammlung im Sicherheitsbereich des Airports gehandelt habe, seien die Teilnehmer in den öffentlichen Bereich verwiesen worden, heißt es vonseiten der FMG.  „Vielleicht hat man sie versehentlich für Klimakleber gehalten“, sagt der Vertrauensleute-Sprecher sarkastisch. Der Vorwurf, die betroffenen Kollegen hätten eine Versammlung abgehalten, sei „an den Haaren herbeigezogen“. Die beiden Vierer-Gruppen, die sichtbar mit Verdi-Westen unterwegs waren, hätten sich nur kurz gemeinsam absprechen wollen, wo sie als Nächstes hingehen. Was er nicht versteht: Zeitgleich seien Vertrauensleute der FMG auf dem Vorfeld gewesen, um dort mit Beschäftigten zu reden. „Bei denen war das kein Problem.“

Die FMG hat keine Anzeige erstattet

Monika Ludwig, die Vorsitzende des Ortsvereins Verdi-Flughafenregion übt in einer schriftlichen Stellungnahme harsche Kritik: „Wir verurteilen aufs Schärfste jede Form von Repression gegen Streikende.“ Die Wahrnehmung von Arbeitsrechten und das Streikrecht seien in einer demokratischen Gesellschaft „unantastbar“. Auf die Ausübung dieser Grundrechte mit dem Einsatz von Polizeikräften zu reagieren, „ist für uns weder nachvollziehbar noch tragbar“, so Ludwig. Sollte Anzeige gegen die acht Verdi-Mitglieder wegen einer Ordnungswidrigkeit erstattet werden, will Verdi dagegen vorgehen. Nach Auskunft der FMG wurde keine Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet.

Verdi beklagt, dass das Klima für Gewerkschaften am Flughafen nicht gut sei. Monika Ludwig verweist auf die fristlose Entlassung einer engagierten Betriebsrätin bei der FMG-Tochter Eurotrade. Die Entwicklung beobachte Verdi „mit großer Sorge“. „Einschüchterungen und polizeiliche Eingriffe in legitime Streikaktionen“, schreibt sie weiter, „sind alarmierende Zeichen dafür, dass die Flughafengesellschaft den Dialog verweigert.“

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