Unverzichtbar, aber rar:Die Brückenbauer

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Streetworker sind wichtig, weil sie sich als Unterstützer der Jugendlichen und nicht als Aufpasser verstehen. Da sie oft abends arbeiten, ist der Job jedoch sehr belastend - in Neufahrn und Freising sind die Stellen derzeit vakant

Von Philipp Potthast

Ein knappes Jahr hatte es gedauert, bis mit Melanie Schöglmann eine Nachfolgerin für die ehemalige Neufahrner Streetworkerin Miriam Rasp gefunden werden konnte - ein knappes Jahr, in dem Angebote für Jugendliche wie der Nachtsport in öffentlichen Turnhallen oder das Projekt "Underground" in der Bücherei weitgehend brach lagen. Als Schöglmann zu Beginn dieses Jahres als neue Streetworkerin vorgestellt wurde, versprach sie, sich dafür einzusetzen, dass die Projekte ihrer Vorgängerin wieder aufgenommen werden, was ihr größtenteils auch gelang. Nun jedoch gibt sie ihre Stelle nach nur einem halben Jahr aus persönlichen Gründen wieder auf. Immerhin: Einige Angebote laufen weiter.

Damit ihr Nachfolger nicht ebenfalls alles neu aufbauen muss, hat sich Melanie Schöglmann bereit erklärt, den Neufahrner Nachtsport übergangsweise weiterzuführen. Außerdem steht sie einmal in der Woche für einen Beratungstermin zur Verfügung. Auch das Projekt "Underground", bei dem Jugendliche wöchentlich zu Karaoke- und Spiele-Abenden ins Untergeschoss der Neufahrner Gemeindebibliothek kommen, wird es weiterhin geben, allerdings werden die Treffen nicht mehr so regelmäßig stattfinden wie bisher. "Wir führen das Ganze im kleinen Rahmen weiter", sagt Margarete Heim, stellvertretende Leiterin der Bücherei. So bereitete man in Zusammenarbeit mit Schöglmann beispielsweise ein Kicker-Turnier vor - das dann eben ohne die Unterstützung durch eineDie Brückenbauer

Streetworker sind wichtig, weil sie sich als Unterstützer der Jugendlichen und nicht als Aufpasser verstehen. Da sie

oft abends arbeiten, ist der Job jedoch sehr belastend - in Neufahrn und Freising sind die Stellen derzeit vakant Streetworkerin über die Bühne geht. Wir sehen zu, dass wir puffernd einspringen, wo wir nur können. Aber das Tagesgeschäft dürfen wir darüber natürlich auch nicht vernachlässigen." Aus diesem Grund hoffe man, dass die Streetworker-Stelle bald neu besetzt werden kann.

Im Neufahrner Rathaus läuft die Suche nach einer neuen Kraft derweil auf Hochtouren. "Wir haben bereits eine allgemeine Ausschreibung in der Presse und bei den Fachhochschulen gestartet. Dafür, dass die Stelle dieses Mal nicht so lange vakant bleibt, tun wir alles, was in unserer Macht steht", sagt Michaela Zehnter aus der Neufahrner Gemeindeverwaltung. Einen Grund dafür, dass es sich mitunter schwierig gestaltet, qualifizierte Streetworker zu finden, sieht sie in den Arbeitszeiten. "Während die meisten Sozialarbeiter in ihren Jobs einen festen Zeitrahmen haben, richten Streetworker sich nach den Jugendlichen, mit denen sie in Kontakt treten. Deswegen sind sie vor allem abends und nachts unterwegs." Diese Belastung mache den Beruf für viele potenzielle Interessenten unattraktiv.

Nicht nur in großen Gemeinden wie Neufahrn herrscht Bedarf an der sogenannten mobilen Sozialarbeit. Überall im Landkreis gibt es Jugendliche, die von herkömmlicher Jugendarbeit kaum noch erreicht werden - als zu streng empfinden viele deren Regeln. Rauchen, kiffen, Alkoholkonsum bei Teenagern unter 16 - für solche Erfahrungen, die viele Heranwachsende irgendwann einmal machen, ist kein Platz in Jugendzentren und anderen Einrichtungen der Gemeinden. Ein Streetworker, der Jugendliche direkt auf der Straße anspricht und nicht als Aufpasser, sondern als Unterstützer auftritt, kann da helfen, Brücken zu bauen. "Die Arbeit der Streetworker ist wichtig, weil sie Jugendliche auf einem anderen Weg erreicht, als wir das können", sagt Marcus Gebert vom Kinder- und Jugendzentrum Neufahrn. "Natürlich ist das keine einfache Arbeit, doch sie ermöglicht es immer wieder, kleine und große Erfolge zu erzielen, die sonst nie möglich gewesen wären." Regelmäßig werden Heranwachsende in Neufahrn von der Streetworkerin ans Jugendzentrum vermittelt. "Gerade wenn Bedarf an konkreter Unterstützung da ist, zum Beispiel bei Problemen in der Schule oder bei der Suche nach einer Lehrstelle, können wir schnell helfen."

Auch in Freising sind seit dem Weggang von Kerstin Barth Ende März eineinhalb Streetworker-Stellen noch immer unbesetzt. Man habe bisher gute Erfahrungen gemacht und wolle den Weg einer offensiven, aufsuchenden Jugendarbeit weitergehen, heißt es von Seiten der Stadt. Die Halbtagsstelle ist bereits vergeben, noch im Sommer wird ein Sozialpädagoge die Arbeit in der Domstadt aufnehmen. Mit den Anwärtern auf die Ganztagsstelle laufen derzeit nach Auskunft der Stadt Bewerbungsgespräche.

© SZ vom 30.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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