Süddeutsche Zeitung

Umstrittene Straßensanierung:Erschließung um jeden Preis

Lesezeit: 2 min

So wie es jetzt aussieht, bleibt den drei Anliegern vom Acheringer Kirchenpoint keine andere Wahl, als die 227 000 Euro Sanierungskosten für die kleine Straße zu 90 Prozent selbst zu tragen. Mit 9:5 Stimmen hat das der Planungsausschuss so beschlossen.

Birgit Goormann-Prugger

Achering - So wie es jetzt aussieht, bleibt den drei Anliegern vom Acheringer Kirchenpoint, zwei Gartenbaubetriebe und das Gasthaus Schredl, keine andere Wahl, als die geschätzten 227 000 Euro Sanierungskosten für die kleine Straße zu 90 Prozent selbst zu tragen. Mit 9:5 Stimmen hat der Planungssausschuss nach heftiger Debatte am Mittwoch beschlossen, den Kirchenpoint grundlegend zu sanieren und die Kosten - so wie es die Erschließungsbeitragssatzung laut Bundesbaugesetz für diesen Fall vorsieht - auf die Anlieger, im Fachjargon die Vorteilsnehmer genannt, abzuwälzen.

Aufgeschlüsselt werden die Kosten nach der Größe der Grundstücke und der jeweiligen Geschoßfläche. Die Firma M + M Galabau beispielsweise müsste demnach laut Aussagen ihres Geschäftsführers Bernhard Mettenleitner rund 100000 Euro aufbringen. "Und das, wo es nach der Krise jetzt langsam wieder aufwärts geht". Die beiden anderen Anlieger wären mit je 50000 Euro dabei.

Bis in die 70er Jahre war der Kirchenpoint einfach nur ein Feldweg. Dann wurde die kleine Straße irgendwann gekiest und mit einer Teerschicht überzogen. So überstand sie Winter um Winter und auch die schwer beladenen Kieslaster auf dem Weg zum Pullinger Weiher. Natürlich ist die Straße jetzt ein einziger Flickenteppich. Aber für die Kieslaster gibt es jetzt den Weiherweg und eigentlich nutzen den Kirchenpoint in der Hauptsache die drei Anlieger und natürlich deren Kunden. Die Anlieger haben der Stadt jetzt sogar das Angebot gemacht, die Straße auf eigene Kosten zu sanieren und eine Asphaltbaufirma damit zu beauftragen, die alte Teerschicht abzufräsen und eine neue auftragen zu lassen. Kostenpunkt um die 30 000 Euro - das macht für jeden rund 10 000 Euro. Diese Form der Sanierung entspricht laut Stadtdirektor Gerhard Koch jedoch nicht dem gesetzlichen Standard für Erschließungsstraßen, was in einem Ministerialerlass aus den 1930er Jahren festgelegt sei. Da wird unter anderem ein frostsicherer Unterbau und eine professionelle Entwässerung verlangt, damit die Straße eben nicht nach jedem Winter neu geflickt werden muss und große Schlaglöcher die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden.

"Unser Bauhof gibt auf Kosten der Allgemeinheit jedes Jahr Unsummen für solche Ausbesserungsarbeiten aus, und um das zu beenden, soll der Kirchenpoint fachgerecht ausgebaut werden", so Koch. Es handle sich hier "um eine erstmalige Herstellung einer noch nie ordnungsgemäß ausgebauten Erschließungsstraße". Zudem stelle sich die Frage der Gewährleistung, wenn die Straße von den Anliegern auf eigene Kosten saniert werde. Außerdem habe die Stadt keine Rechtsgrundlage für eine private Vereinbarung dieser Art. Vielmehr sei sie per Gesetz verpflichtet, Erschließungsbeiträge zu erheben. "Tut sie das nicht, kommt irgendwann der Staatsanwalt", so Koch. "Und was ist denn, wenn die Straße in zehn Jahren wieder kaputt ist und dann ausgebaut werden muss, wollen die Anlieger dann ihr Geld zurück?", gab er Befürwortern dieser unkonventionellen Lösung zu bedenken. Zugunsten der Anlieger wird zumindest auf einen Gehweg verzichtet, obwohl der von der Polizei gewünscht wird. Doch eine Zählung hatte nur drei Fußgänger pro Tag ergeben, was zusätzliche Kosten in Höhe von 115 000 Euro nicht gerechtfertigt hätte.

Bernhard Mettenleitner kann nicht verstehen, warum die Stadt gerade jetzt auf so einen "hochwertigen Ausbau besteht. "Wo steht geschrieben, dass das so sein muss?". Jahrelang habe die Stadt den Kirchenpoint geflickt, von Verkehrssicherheit sei nie die Rede gewesen. "Wir haben uns auch nie beschwert, für uns ist die Straße gut, so wie sie ist und so fährt auch jeder langsam", sagte Mettenleitner. Er sei von der Entscheidung im Planungsausschuss sehr enttäuscht und überlege sich, ob er der Stadt die 55 Quadratmeter Grund überlasse, die für die Verbreiterung der Straße auf 5,50 Meter benötigt würden. "Bei der Straße von Achering nach Pulling haben auch 4,90 Meter gereicht, ich habe es selber nachgemessen, aber da wohnt ja auch keiner."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1107058
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.06.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.