Über das Sterben reden:Die letzte Station

Zwei ältere Frauen 78 Jahre und 88 Jahre und Pflegeschwester 31 Freizeitbeschäftigung im Altersh

Nicht immer haben Pflegekräfte so viel Zeit, um sich intensiv um die Betreuung von Seniorinnen und Senioren zu kümmern.

(Foto: Imago)

Bei einem Informationsgespräch mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer wird klar, dass im Palliativ- und Hospizbereich das Personal fehlt

Von Gudrun Regelein, Marzling

Das Sterben, die Palliativ- und Hospizversorgung: "Das sind sicher keine Wunschthemen", sagte Erich Irlstorfer. "Das wird gerne ausgeblendet." Seiner Einladung zu einem Gespräch über die letzten Stationen des Lebens waren an diesem Dienstag dennoch etwa 20 Besucher gefolgt. "Ich möchte mir Meinungen zu diesem Thema einholen, für mich sind diese Gespräche eine Fortbildungsmaßnahme mit der Bürgerschaft", erklärte Irlstorfer, Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Der CSU-Politiker sitzt für den Wahlkreis 214 seit 2013 im Bundestag.

Zu Beginn seiner politischen Karriere sei es noch üblich gewesen, die letzten Lebensjahre im Seniorenheim zu verbringen und dort zu sterben. "Jetzt ist das ganz anders, jetzt möchten die Menschen so lange als möglich Zuhause bleiben." Die Gesellschaft verändere sich, Aufgabe der Politik sei, sich diesen Veränderungen anzunehmen.

Das im Jahr 2015 verabschiedete Palliativ- und Hospizgesetz stehe im kommenden Jahr vor der Evaluierung, berichtete der pflegepolitische Sprecher der CSU und CDU. Deshalb wolle er sich in vielen Gesprächen Wünsche und Vorstellungen einholen. An diesem Nachmittag ging es um die Pflege, den Hausärztemangel, die Frage, wie die Versorgung alter und dementer Menschen optimiert werden könne und um das Sterben. Im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung in den stationären Heimen seien mehr niedrigschwellige Angebote und vor allem auch ein Stellenschlüssel notwendig, forderte Barbara Mallmann von der Hospizgruppe Freising. Zudem müsse mehr in die Fortbildung der Heimmitarbeiter investiert werden. Und: ein wesentlicher Faktor sei die Zeit. Derzeit nämlich hätten die Pflegekräfte oft nicht die Zeit, um sich optimal um ihre Patienten kümmern zu können. Die Gesundheitspolitik, die Themen Pflege und Alter, müssen einen anderen Stellenwert bekommen, sagte Marzlings Bürgermeister Dieter Werner. "Es ist eines der wichtigsten Themen überhaupt." Dem Personal müsse mehr Zeit für die Betreuung gegeben werden, derzeit müsse zu viel Zeit in eine aufwendige Bürokratie investiert werden, sagte auch Werner.

Irlstorfer berichtete an diesem Nachmittag unter anderem von seinem Besuch in einer Einrichtung für demenzkranke Weglaufpatienten. Dort seien beispielsweise die Wände der Gänge in unterschiedlichen Farben gehalten. Je weiter weg ein Patient laufe, umso dunkler werde es und umso kälter. "Ab einer bestimmten Temperatur kehren viele dann wieder um", schilderte Irlstorfer. Der Besuch in dem "Vorzeigebetrieb" habe ihn beeindruckt, "solche Dinge brauchen wir in der Zukunft". In der Heiliggeistspital-Stiftung in Freising gibt es 22 Plätze im beschützenden Wohnen für demenzkranke Menschen. Das ist eine verschlossene Abteilung, die allerdings freien Zugang zu einem Innengarten hat. Die Wandfarben dort sind in einem beruhigenden Blau gehalten, das Mobiliar ist schwerer als in den anderen Abteilungen, schildert Einrichtungsleiter Björn Kummerow-Fuchs. "Wenn man die notwendigen finanziellen Mittel hat, kann man viele Sachen ausprobieren", sagt er. Allerdings sei es einem Menschen mit Weglauftendenz egal, wie kalt es sei. Für Kummerow-Fuchs besteht das Grundproblem im Personalschlüssel, derzeit werden 20 Patienten von einer Pflegekraft betreut. Gerade im Bereich der Demenzerkrankten aber müsse das verbessert werden: "Eigentlich bräuchten wir eine Eins-zu-eins-Betreuung."

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