U18-Wahl im Landkreis Freising:Sympathie für die Grünen

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Kinder und Jugendliche, hier 2019 in Erding, simulieren bei U 18-Wahlen Abstimmungen, für die sie eigentlich noch nicht wahlberechtigt sind. (Foto: Renate Schmidt)

Kinder und Jugendliche bevorzugen bei der U18-Wahl die Umweltpartei. SPD und FDP ernten ebenfalls viel Zustimmung.

Von Thilo Schröder, Freising

Ginge es nach Kindern und Jugendlichen, lägen die Grünen im Landkreis Freising bei der anstehenden Bundestagswahl klar vorne. Auch bundesweit ist die Ökopartei bei jenen, die nach geltendem Wahlrecht noch nicht wählen dürfen, der Favorit. Das zeigt das Ergebnis der U18-Wahl, die der Bundesjugendring und seine lokalen Verbände regelmäßig vor den eigentlichen Wahlen in Deutschland durchführen, so auch heuer zwischen dem 10. und 17. September. Auffallend ist der hohe Anteil an Stimmen, die Minderjährige den Kleinparteien gegeben haben.

Nach KJR-Angaben kommen die Grünen bei den unter 18-Jährigen im Landkreis auf 27,82 Prozent der Stimmen. Es folgen SPD (18,04 Prozent), CSU (15,51 Prozent), FDP (15,18 Prozent) und Linke (7,59 Prozent). Andere Parteien erhalten zusammen 15,85 Prozent der Stimmen. Im Wahlkreis insgesamt, der auch den Landkreis Pfaffenhofen sowie Teile des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen umfasst, sieht das Ergebnis ähnlich aus, allein die FDP liegt hier an dritter Stelle vor der CSU. Von den im Bundestag vertretenen Parteien erhält die AfD als einzige kaum Stimmen (2,64 Prozent). Bundesweit würde sie bei den unter 18-Jährigen aber die Fünf-Prozent-Hürde knacken (5,85 Prozent), ebenso wie die Tierschutzpartei (5,65 Prozent), die im Wahlkreis bei 3,29 Prozent landet.

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Fast 600 Kinder und Jugendliche haben im Landkreis gewählt - ein Rekord

Im Landkreis Freising haben KJR-Angaben zufolge 598 Kinder und Jugendliche gewählt. Fünf dieser Stimmen waren demnach ungültig. Eine Rekordteilnahme sei das, so der Freisinger KJR-Geschäftsleiter Damian Knöpfle, wie auch bayernweit. "Die hohe Wahlbeteiligung und der Rekord bei den Wahllokalen in Bayern zeigen: Junge Menschen wollen, dass ihre Lebenswirklichkeit endlich zum Gegenstand von Politik wird." In fünf Wahllokalen gingen Schülerinnen und Schüler demnach im Landkreis an die Urnen: im Josef-Hofmiller-Gymnasium Freising, im Jugendzentrum Vis-a-Vis Freising, im SFZ Freising, in der Mittelschule Hallbergmoos und in der Staatlichen Realschule Au.

Das Wahllokal des Sonderpädagogischen Förderzentrums (SFZ) Freising hat unter anderem Studienrat Mirko Hester betrieben. Man habe den Ablauf so formal wie möglich gestaltet, "um das Gefühl zu vermitteln, wie es ist, politische Verantwortung zu haben", erzählt der 35-Jährige. So habe man Schüler als Wahlhelfer, Ordner oder Hygienebeauftragter eingeteilt. Im Voraus habe man über das Wählen aufgeklärt, sei den Wahl-O-Mat durchgegangen und habe Grundsätze wie die geheime Wahl erläutert - "das wussten die Schüler sehr zu schätzen".

"Es gibt viele Themen, zu denen die Schüler sich eine Meinung gebildet haben"

Obgleich man am SFZ nur an einem Vormittag über zweieinhalb Stunden habe wählen können, hätten 100 bis 120 Schüler mitgemacht, so Hester. Das entspricht einem Fünftel der in den fünf Landkreiswahllokalen abgegebenen Stimmen. Nach unten gibt es bei der U18-Wahl zwar keine Altersgrenze, vorrangig hätten aber Schüler aus der 6. bis 9. Klasse teilgenommen. Ginge es nach den SFZ-Wählern, würde das Land künftig von SPD und Grünen regiert. Auf eine debattierte Senkung des Wahlalters und seine Erfahrungen damit aus der U18-Wahl angesprochen, sagt Hester: "Es gibt viele Themen, zu denen die Schüler sich eine Meinung gebildet haben und das auch begründen können."

Mit Blick auf die tatsächliche Bundestagswahl ist das Ergebnis der U18-Wahl mit Bedacht zu bewerten. Damian Knöpfle vom KJR sagt: Projiziere man das Ergebnis etwa auf das Wahlverhalten der kaum älteren 18- bis 20-Jährigen, dürfte der Einfluss auf die Wahl "nicht entscheidend" sein. Denn diese Gruppe mache nur dreieinhalb Prozent der Wahlberechtigten aus. Als ein möglicherweise langfristiger Trend lasse sich aber eine wachsende Präferenz für die Grünen als auch die FDP feststellen.

Neuer Anstoß für die Debatte um eine Absenkung des Wahlrechts

Denkbar ist, dass bei künftigen Wahlen auch unter 18-Jährige mitwählen dürfen. Mehrere Parteien als auch der Bayerische Jugendring fordern schon länger eine Absenkung des aktiven Wahlrechts für Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen auf das 14. oder 16. Lebensjahr. Gerade in der Corona-Pandemie sei deutlich geworden, so Knöpfle, dass Kinder und Jugendliche mit ihren Interessen und Bedürfnissen von Entscheidungsträgern nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen würden. Bei der Bundestagswahl an diesem Sonntag wird also indirekt auch darüber entschieden, ob künftig womöglich mehr Menschen zur Wahl zugelassen werden könnten.

© SZ vom 22.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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