Hochschulen in Freising:Nur was man kennt, schützt man auch

Lesezeit: 3 Min.

Ein besonders eindrucksvolles Exponat der zoologischen Sammlung ist der Steinadler, den TUM-Mitarbeiter Robin Heinen vorsichtig aus einer der Vitrinen geholt hat. (Foto: Marco Einfeldt)

Die TU München hat in Weihenstephan eine zoologische Sammlung aufgebaut. Teils sind die Präparate über 100 Jahre alt. Bedeutung für die Lehre haben sie noch immer – auch Studierende wissen die analoge Ausbildung zunehmend zu schätzen.

Von Petra Schnirch, Freising

Es ist eine Reise durch die Tierwelt auf engem Raum. Vor Kurzem hat die TU München (TUM) ihre zoologische Sammlung offiziell eingeweiht. Über 800 Präparate sind in den Vitrinen zu sehen, überwiegend Vögel, aber auch etwa 200 Säugetiere. Der Raum im Forstgebäude am Weihenstephaner Campus ist mit Vorhängen abgedunkelt. Herr der Tiere ist Robin Heinen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie – er betreut die Sammlung, die für Lehre und Forschung eingesetzt wird.

Steinadler, Uhu, Schwarzstorch, Luchs, Eiderente, aber auch prächtige kleinere Vögel wie der Bienenfresser oder der Wiedehopf können hier aus der Nähe studiert werden. Viele der Exponate sind in die Jahre gekommen, einigen sieht man ihr Alter an. Neuanschaffungen sind die absolute Ausnahme. In dem ehemaligen Windkanalraum sind mehrere Teilsammlungen zusammengefasst worden. Einige der Präparate sind bereits 120 Jahre alt, sie zählen heute zu den Antiquitäten.

Früher sei es üblich gewesen, Wissenschaftlern Präparate als Geschenk zu überreichen, schildert Heinen. Einige alte Schilder auf den Exponaten erzählen noch davon, zu welchen Anlässen sie übergeben wurden. Viele der Präparate sind im Laufe der Jahrzehnte mehrmals umgezogen. Der Hauptbestand stammt noch von der LMU. Mit dem Wechsel der Forstfakultät von der Ludwig-Maximilians-Universität an die TU München 1999 kam dann auch die Sammlung nach Weihenstephan.

Genutzt wird der neu eingerichtete Raum zum Beispiel für die Lehre im Modul „Funktionelle Diversität“. Dabei stünden die Artenbestimmung und ökologische Aspekte im Fokus. „Es gibt viele Arten, die haben die Studierenden noch nicht gesehen – zumindest nicht so nah“, sagt Heinen. Er halte es für wichtig, dass sie über Artenkenntnis verfügen. „Wenn man etwas nicht kennt, ist es schwierig, etwas zu schützen.“

In der Natur bekommt man den Uhu nur selten zu sehen – und wenn, dann ist in der Dunkelheit schnell wieder verschwunden. (Foto: Marco Einfeldt)
Auch Fledermäuse können in der zoologischen Sammlung genauer studiert werden. (Foto: Marco Einfeldt)
Ein Luchs gehört ebenfalls zur Sammlung. (Foto: Marco Einfeldt)

Gibt es dafür nicht auch Apps? Ist der analoge Unterricht noch zeitgemäß? Es sei einfacher, sich Besonderheiten und Unterschiede einzuprägen, wenn man eine Ente von allen Seiten anschauen könne, erklärt er. Mit Präparaten sowie in der Natur lernten die Studierenden besser als vor einem Bild. „Viele Menschen haben kein Gefühl für die Größe.“ Der Dreiklang digitales, analoges Lernen sowie Exkursionen sei wichtig für eine gute Ausbildung. In der Natur seien die Bestände vieler Tiere zurückgegangen, auch das mache es schwierig, sie draußen im Feld zu sehen. Der „Google-Generation“ wird das offenbar zunehmend bewusst: Das Interesse der Studierenden steige von Jahr zu Jahr. Zuletzt habe es 70 Anmeldungen für das Modul Funktionelle Diversität gegeben, 20 mehr als im Jahr zuvor, sagt Robin Heinen. Mit der deutschen Studie zum Insektensterben 2017 sei die Aufmerksamkeit für das Thema Artenvielfalt gewachsen.

Anfassen dürfen die Studierenden die Präparate nicht – und das nicht nur, weil sie empfindlich sind. „Gesund ist das nicht“, erklärt Heinen. Früher wurden sie mit Pestiziden behandelt. Inzwischen kommt man ohne aus. Er kontrolliert die Vitrinen regelmäßig, ob einzelne Objekte einen Käferbefall aufweisen – zu erkennen an dunklen Kot-Spuren darunter. Ist das der Fall, werden die Präparate tiefgefroren. Diese Prozedur überleben die Käfer nicht. Auch der Flügel eines Mäusebussards ist schon angefressen worden.

Neu hinzugekommen ist in den vergangenen Jahren wenig. Eine Waldohreule, die am Campus gegen eine Scheibe geflogen war, steht nun in der Sammlung. So ein Präparat koste einige tausend Euro, sagt Heinen. Außerdem brauche man heutzutage eine Genehmigung.

Die Sammlung soll nach Möglichkeit weiter wachsen

„Wir würden uns schon freuen, wenn die Sammlung weiter wachsen würde“, sagt Wolfgang Weisser, der den Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie innehat. Platz gibt es noch. Er könnte sich vorstellen, die Sammlung für andere Unis zugänglich zu machen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Unterstützung wäre hier schön, sagt er. Auch Weisser ist froh, dass dafür die Präparate nun ein größerer Raum vorhanden ist, in dem Lehrveranstaltungen möglich sind. Früher waren die Exponate in einem viel kleineren, vollgestopften Raum untergebracht. Außerdem sind sie nun systematisch geordnet, nur die Beschriftung muss noch vervollständigt werden.

In der Sammlung findet man nicht nur einheimische Tiere. Sogar ein Eisbärenschädel ist darunter, der beeindrucke immer besonders. Die Betreuung der Sammlung mache ihm viel Spaß, sagt Robin Heinen. Sein Sohn sage immer, „das ist Papas Museum“.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

1300 Jahre Korbinian in Freising
:Impulse für ein lebenswertes Freising

Die Ausstellung "Landschaft - Bild - Wandel" ermöglicht den Vergleich alter Ansichten des Malers Valentin Gappnigg aus der Zeit um 1700 mit dem Ist-Zustand. Daraus ergeben sich erstaunliche Erkenntnisse - selbst Folgen des Klimawandels lassen sich darin ablesen.

Von Petra Schnirch

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: