Theater im Wohnzimmer:Sauerei mit Sauerkraut

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Was alles passieren kann, wenn man sich das Impro-Theater "Bühnenpolka" ins Wohnzimmer einlädt und warum eine Party auch mal ganz anders ablaufen kann.

Von Thomas Radlmaier

Unter den nobel wirkenden Villen-Anwesen an der Ganzenmüller Straße fällt an diesem Abend ein Haus besonders auf. Rotes, weißes und grünes Licht leuchtet abwechselnd aus einem der hinteren Fenster im zweiten Stock. Von außen ahnt man noch nicht, dass sich im Inneren des Gebäudes gerade eine kleinen Katastrophe ereignet hat. Ein großer Bottich ist umgefallen und ein riesige Menge Sauerkraut hat sich über den Fußboden ergossen. Christl Sittenauer und Tobias Zettelmeier stehen fassungslos vor der dampfenden und deftig-duftenden Masse. Erst allmählich realisieren sie das Ausmaß der Verwüstung. Als dann auch noch der Hund darüber läuft, ist schließlich klar: Das Ganze ist eine furchtbare Sauerei. Doch der Gastgeberin Antonia ist das herzlich wurscht. Sie sitzt auf dem Boden und lacht. Und ihre annähernd 30 Gäste lachen alle mit - das ist echtes Improvisationstheater des Ensembles "Bühnenpolka".

Bevor Sophie Meinecke, Christl Sittenauer, Lukas Maier und Tobias Zettelmeier auf dieser privaten Party auftreten, ist es eine ganz normale WG-Feier. Die 25-jährige Antonia hat ein paar Freunde eingeladen. In der Küche gibt es feine Häppchen, Oliven und belegte Brote, und draußen auf der Veranda lagert das Bier kalt. Immer wieder kommen neue Gäste mit Weinflaschen oder anderen Geschenken zur Tür herein. Nach und nach füllt sich die geräumige Etagen-Wohnung, so dass man sich durch die Diele von Zimmer zu Zimmer schlängeln muss.

Gegen 20 Uhr verlagert sich das Geschehen ins rechte hintere Zimmer. Dort dienen eine Couch, ein paar Stühle und vor allem der Boden als Sitzmöglichkeiten. In der Ecke steht ein Klavier und drei Mikrofonständer. Eine Lampe vor dem Fenster wechselt zwischen roten und grünen Licht hin und her. Plötzlich stürmt Lukas Maier herein, sprintet ans Klavier und haut in die Tasten. Dann ruft er ins Mikrofon: "Let me introduce to you the famous Bühnenpolka."Das dreiköpfige Ensemble betritt die Bühne. Sofort fordert Zettelmeier alle sitzenden Anwesenden auf, sich zu erheben. "Jetzt wird aufgewärmt", meint er und hebt ein rotes Schild hoch. Darauf steht: "Pulp Fiction". Umgehend liefern sich die Uma Thurmans und John Travoltas im Raum einen Twist-Wettbewerb. Das geht so lange bis Zettelmeier auf das Erdbeben aufmerksam macht, das sich gerade ereignet. Aufgrund der massiven Erschütterungen haben die 30 Kellner in dem kleinen Zimmer Probleme damit, die Getränke auf ihrem Tablett zu halten.

Christl Sittenauer will von einem Gast wissen, was er an diesem Tag eingekauft hat. Als dieser antwortet: "eine Birne", beginnt "Das Birnenkomplott". So lautet der Titel eines Filmes, der kein eindeutiges Genre hat. Das Birnenkomplott verbindet Elemente des Science-Fiktion mit denen des Heimatfilms und der Tierdokumentation. Die Handlung geht so: Eine junge Frau klaut Birnen vom Baum des Nachbarn und wird dabei erwischt. Irgendwann stellt sich aber heraus, dass der Nachbar ein fieser Alien ist, aus dessen Kopf Tentakeln heraussprießen. Kurze Zeit danach soll Sophie Meinecke ihre neueste Erfindung erläutern. Meinecke hat eine Elefanten-Hornhaut-Raspel erfunden, die es in Indien schneien lassen kann. Meinecke tut sich schwer, die richtigen Worte zu finden. Das liegt daran, dass sie als einzige im Raum nicht weiß, was sie selbst erfunden hat. Meineckes' Hände, die eigentlich Christl Sittenauer gehören, vollführen zur Hilfestellung ständig einen beidseitigen Stockeinsatz. Schließlich fällt der Erfinderin ihre Erfindung nach einiger Zeit wieder ein.Irgendwann ist dann aber auch alles wieder vorbei. Sophie Meinecke, Tobias Zettelmeier, Christl Sittenauer und Lukas Maier bleiben noch ein bisschen auf der Party. Für die Sauerei mit dem Sauerkraut müssen sie sich bei der netten Gastgeberin Antonia nicht entschuldigen. War ja alles bloß gespielt.

Nächster Termin am 22. Dezember um 20 Uhr in der Freisinger "Orangerie", Infos unter www.bühnenpolka.de.|

© SZ vom 30.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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