Süddeutsche Zeitung

Teure Führerscheine:Busfahrer verzweifelt gesucht

Für die Unternehmen im Landkreis wird es immer schwieriger, Personal zu finden, weil der Führerschein hierzulande sehr teuer ist. Ausländische Bewerber verfügen jedoch oft über sehr schlechte Deutschkenntnisse.

Von Laura Dahmer, Freising

Ist der Mangel an Busfahrern im Landkreis ein großes Problem? Auf diese Frage bekommt man immer wieder die gleiche Antwort, meist begleitet von einem bitteren Lachen. "Es ist kein großes Problem, es ist ein riesengroßes", sagt Dorothea Hadersdorfer. "Es gibt keine deutschen Busfahrer mehr auf dem Markt", bestätigt auch Marita Schwarz. Beide Frauen sind Inhaberinnen von Busunternehmen im Landkreis und kämpfen gegen ein strukturelles Problem. Weil die Ausbildung hierzulande so teuer ist, greift man vermehrt auf ausländische Kräfte zurück. Thema für die Betriebe ist dabei nicht deren Herkunft, sondern meist fehlende Deutschkenntnisse.

Der Arbeitskräftemangel hat seinen Grund: Wer in Deutschland einen Busführerschein machen will, muss dafür eine Summe von 10 000 bis 15 000 Euro hinblättern. "Wer bitte hat als Berufseinsteiger so viel Geld?", fragt Dorothea Hadersdorfer von Hadersdorfer Reisen in Moosburg. Dies ist eine hohe Investition für einen Job, bei dem man in Bayern laut der Plattform gehalt.de zwischen 2017 und 2717 Euro brutto verdient. Früher war das Problem nicht so groß: "Als es noch den Wehrdienst gab, haben die Leute bei der Bundeswehr einen Lkw-Führerschein machen können", erklärt Marita Schwarz, Inhaberin von Reinhard Schwarz Reisebüro und Omnibusse in Au. Den konnte man sich danach einfach umschreiben lassen, um als Busfahrer zu arbeiten. Mittlerweile aber fallen diese Kräfte weg, es kommen kaum neue nach - es fehlen vor allem deutschsprachige Bewerber.

Im Ausland kostet ein Führerschein nur 1500 oder 2000 Euro

Viele der Unternehmen besetzen ihre Stellen deshalb mit ausländischen Kräften. "Im Ausland kostet ein Führerschein eben nur 1500 oder 2000 Euro", sagt ein Mitarbeiter von Boos-Bus in Allershausen. Natürlich sei es schwierig, wenn die Fahrer kaum Deutsch sprechen. "Aber uns bleibt nichts anderes übrig, unsere Busse müssen schließlich fahren." Immerhin habe die Firma Boos so genügend Fahrer und müsse aktuell keine Stellen besetzen.

Bei Hadersdorfer Reisen geht man einen Mittelweg. Der Betrieb stellt auch ausländische Busfahrer ein, die noch kein Deutsch sprechen. "Sie müssen aber die Bereitschaft dazu zeigen, die Sprache zu lernen. Sonst trennen wir uns wieder von ihnen", erklärt Dorothea Hadersdorfer. Bei deren Einstellung steht sie aber meist schon vor dem nächsten Problem: der Freisinger Wohnungsmarkt. "Für unsere ausländischen Fahrer eine Wohnung zu finden, ist schwierig", klagt sie. "Wir haben uns schon Gedanken über einen Wohnblock auf dem Betriebsgelände gemacht", sagt sie und lacht.

Die Freisinger Stadtwerke stellen keine eigenen Busfahrer ein, beziehen ihre Fahrer aber unter anderem von Hadersdorfer Reisen. Fehlen dort Arbeitskräfte, überträgt sich das Problem damit auf die Stadtbusse der Stadtwerke. "Auch uns ist der - bundesweite - Mangel in der Branche deshalb durchaus bekannt", sagt Sonja Ziesak, die bei den Stadtwerken für den Stadtbusverkehr verantwortlich ist. "Anders als in anderen Gebieten haben wir Fahrtausfälle bisher vermeiden können." Wenn aber zum Beispiel eine Grippewelle kommt, werde die Planung schwierig.

Die Arbeitsagentur fördert die Unternehmen teilweise

Das Unternehmen von Marita Schwarz und ihrem Mann will das Einstellen nicht deutschsprachiger Kräfte bisher noch vermeiden. "Wir machen Vereinsausflüge, stellen den TUM-Shuttlebus und Schulbusse - wenn wir da Fahrer einstellen, die nicht mit den Passagieren reden können, brechen uns die Kunden weg", sagt Marita Schwarz. Besonders auf dem Land sei das keine Option. Ausländische Mitarbeiter nehme sie nur, wenn Deutschkenntnisse vorliegen. "Am Montag haben wir einen eingestellt, der spricht ganz gut Deutsch. Aber der ist auch schon in Rente", sagt die Inhaberin. Mit Blick auf die Zukunft "wäre nicht übel, wenn sich da was täte".

Damit meint sie vor allem staatliche Zuschüsse bei der Umschulung und dem Busführerschein. Die gibt es von Seiten der Agentur für Arbeit in Freising, wie Pressesprecherin Kathrin Stemberger sagt: "Wir fördern sehr individuell, je nach Stellen der Unternehmen und Bewerbern." Darunter fallen zum Beispiel Förderungen der Grundscheine wie den Busführerschein, aber auch für Deutschunterricht, wenn einem Bewerber die nötigen Sprachkenntnisse noch fehlen. In Freising ist laut Stemberger aktuell nur eine kleine Zahl an Stellen ausgeschrieben. "Wir können natürlich nur fördern, wenn die Unternehmen Kontakt zu uns aufnehmen." Was diese jederzeit tun können, so ihr Appell.

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