Süddeutsche Zeitung

Kandidaten für den Tassilo 2018:Einfach "erstklassik"

Vladimir Genin und sein Team aus Hallbergmoos organisieren eine bemerkenswerte Konzertreihe. Im April kommt der Stargeiger Valeriy Sokolov.

Von paula gerhardus, Hallbergmoos

- Nicht umsonst trägt der Bürgerarbeitskreis den Namen "Erstklassik", denn das kann man von der Konzertreihe durchaus behaupten: Sie bietet erstklassige musikalische Unterhaltung. Viermal jährlich wird unter der Leitung von Vladimir Genin eine Veranstaltung auf die Beine gestellt, bei der das Publikum "die Magie der Musik" spüren soll. Für dieses Engagement ist der Freundeskreis für den Tassilo-Kulturpreis nominiert.

"Wir haben an der Volkshochschule hier in Hallbergmoos eine wunderbare Musikabteilung mit circa 250 Schülern, das ist sehr viel für eine so kleine Gemeinde", schwärmt Genin, der diesen Bereich leitet. Daher beschloss er, die drei ersten Reihen bei den Erstklassik-Konzerten immer für Kinder bis 14 Jahre frei zu halten. "Alle in diesem Alter dürfen die Veranstaltungen kostenlos besuchen, das gilt nicht nur für unsere Schüler". Er sehe seine Aufgabe immer darin, etwas neues in Gang zu bringen, so entstand auch die Idee zu der Konzertreihe, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert. "Ich hole große Künstler hierher, das gelingt mir vor allem durch meine Kontakte. Mit einigen habe ich zum Beispiel musiziert, die kommen dann, obwohl wir ihnen keine wahnsinnig hohe Gage bieten können."

Nachdem das erste Konzert im Mai 2008 noch im Sitzungssaal des neuen Rathauses stattgefunden hatte, brauchte man einen Raum mit größerer Kapazität. Schnell fand man den Gemeindesaal von Hallbergmoos, der sich als echtes Juwel herausstellte: "Der Saal ist von der Akustik her so perfekt, dass ich es erst nicht geglaubt hab", freut sich der Komponist. "Viele Besucher haben gesagt, dass der Raum gar nicht geeignet sein könnte, weil sie ihn nur von anderen Veranstaltungen kannten und von der Akustik nicht sehr begeistert waren. Für eine Band mit Verstärker oder eine Blaskapelle stimmt das wohl, aber für Kammermusik ist er einfach nur genial. Das fanden bisher auch alle Künstler". Besonders dankbar ist die Gruppe für die Unterstützung der Gemeinde. "Auch Bürgermeister Harald Reents steht total hinter der Konzertreihe".

Neben der besonderen Akustik und den außergewöhnlichen Musikern macht aber noch etwas die Konzertreihe einzigartig: "Es ist vor allem die Organisation. Das "Erstklassik"-Team ist einfach perfekt, die kümmern sich um alles, das Ambiente ist immer passend. Es gibt Plakate und Blumen und alles sieht immer sehr schön aus", weiß der Leiter zu schätzen. Was das Team aber ebenfalls auszeichnet, ist der besondere Umgang mit den Künstlern. "Sie begrüßen die Künstler, begleiten sie den Abend über und bieten ihnen Snacks an, manchmal gibt es sogar eine heiße Suppe, wenn die Proben mal länger dauern. Nach dem Konzert gibt es für die Künstler dann noch Blumen. So eine Behandlung sind sie meist nicht gewohnt, ich höre dann oft, dass sie bei großen Events bloß den Schlüssel vom Hausmeister bekommen, und den Veranstalter überhaupt nicht zu Gesicht bekommen, das ist bei uns ganz anders. Und das alles führt dazu, dass Künstler gerne zu uns kommen, auch welche die sonst unbezahlbar wären", freut er sich. So hat die Gruppe es beispielsweise geschafft, den Stargeiger Valeriy Sokolov mit seiner Stradivari für das nächste Konzert am Samstag, 14. April, zu gewinnen. Er unterstützt die Konzertreihe sogar mit seinem Orchester aus Kiew und verzichtet dabei auch noch gänzlich auf seine Gage. "Dass wir ein Orchester bei uns haben, ist eine Premiere für uns", berichtet der Leiter, der selbst Pianist ist, begeistert.

Bei "Erstklassik" bemüht man sich darum, dem Publikum ständig etwas Neues zu präsentieren. "Ich will immer eine breite Palette an Künstlern bieten und die Besetzung und die Stilrichtung soll sehr bunt sein. Deshalb sage ich vor den Konzerten auch immer: Seien sie offen". Trotzdem begeistern einige Künstler die Gäste so sehr, dass sie ein zweites oder sogar drittes mal im Rahmen der Konzertreihe auftreten. "Es geht nicht darum, die Musik bloß zu konsumieren, sondern um das Erlebnis. Die Künstler die zu uns kommen sind nicht nur gut, sondern ausdrucksstark und energetisch in dem was sie machen." Kein Wunder, dass der Gemeindesaal schon oft überfüllt war.

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Quelle:
SZ vom 17.02.2018
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