Tankstellenüberfall:Nüchterne Planung

Um seine Sucht zu finanzieren, hat ein 21-Jähriger eine Tankstelle in Moosburg überfallen. Das Gericht senkt in der Revisionsverhandlung zwar das Strafmaß, die Einweisung in eine Entziehungsanstalt wird aber verweigert

Von Peter Becker, Landshut/Moosburg

Aus Geldnot hat im Januar 2016 ein 21-jähriger Landshuter mit einem Freund zunächst eine Tankstelle in Moosburg, dann eine in Altdorf überfallen. Dafür wurde er von der Jugendkammer am Landshuter Landgericht zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Dagegen ging er in die Revision. Er wolle in eine therapeutische Einrichtung eingewiesen werden, um von seiner Drogen loszukommen. Der Bundesgerichtshof gab der Revision teilweise recht, indem er befand, dass der Jugendliche aufgrund seiner Sucht in einer Entziehungsanstalt hätte untergebracht werden müssen. Es verwies das Verfahren an die Jugendkammer in anderer Besetzung zurück. Diese senkte das Strafmaß auf eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten herab, verweigerte aber die Einweisung in eine therapeutische Einrichtung.

Der Haken an der Geschichte ist, dass der 21-Jährige im Juni gegenüber der Jugendstrafkammer falsche Angaben bezüglich seiner Sucht gemacht hatte, um in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen zu werden. Neben Alkohol will er in größerem Umfang Drogen konsumiert haben, darunter Kokain. Der Bundesgerichtshof hatte deshalb im Gegensatz zur Jugendkammer die Tankstellenüberfälle als in engem Zusammenhang mit seiner Sucht stehend gewertet. Er habe sich für teures Geld Drogen beschafft und versucht, den Kauf über die Überfälle zu finanzieren. Bei denen hatte der 21-Jährige die jeweilige Kassierin mit einer Gaspistole bedroht. In einem Fall konnte die Frau flüchten, im anderen übergab die Überfallene 600 Euro.

Deshalb wurde der 21-Jährige wegen versuchter räuberischer Erpressung und räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe verurteilt. In Untersuchungshaft hatte er eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker begonnen. "Mein Traumberuf", sagte er vor Gericht. Aber es plagt ihn die Sorge, dass er wieder extrem zu trinken anfange, wenn er in Freiheit sei. Deshalb möchte er eine Therapie beginnen, die er mit seiner Ausbildung kombinieren könnte.

Jugendkammer und Staatsanwältin schlossen sich jedoch der Ansicht des Sachverständigen Bernd Weigel an, dass der Angeklagte nur leichtere Haftbedingungen und eine möglicherweise frühere Entlassung erwirken wolle. Der Angeklagte ist seit seiner Kindheit mit den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums konfrontiert. Zunächst mit einem Trinker als Vater. Später selbst als Alkoholiker, der in seinem Rausch ständig Straftaten beging. Offenbar hat der Jugendliche nie therapeutische Hilfe gesucht, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Auch in Ebrach nicht, wo er seine Strafe absitzt.

Dort gibt es zwar die Möglichkeit einer Suchtberatung, doch die nimmt der 21-Jährige nicht ernst. "Da wird nur geredet", sagte er. In einer Einrichtung, hofft er, gebe es vielleicht Tabletten, die ihn von seiner Sucht heilen könnten. Insgesamt kam die Jugendkammer zu der Ansicht, dass eine Einweisung in eine Entziehungsanstalt geringe Erfolgsaussichten habe, weil der 21-Jährige nicht den unbedingten Willen dazu zeige. "Mit den Tankstellenüberfällen haben Sie den Schritt zur Schwerkriminalität überschritten", warnte Richter Kring. Die Pläne dazu seien im Übrigen nicht im Rausch, sondern in nüchternem Zustand gefasst worden. Er verwies auf das Trauma, unter dem eine der beiden Überfallenen noch heute leidet. Beide Frauen lehnten eine Entschuldigung ab.

Gleichwohl erkennt das Gericht die Anstrengungen des 21-Jährigen an, die Ausbildung zum Mechatroniker abzuschließen. "Dies ist ein Weg, sich aus ihrem schwarzen Loch herauszuarbeiten", sagte Kring. Er riet dem 21-Jährigen dringend, die Suchtberatung im Gefängnis in Anspruch zu nehmen. Beim Strafmaß hat die Jugendkammer Strafen, die aus früheren Verurteilungen stammen und mittlerweile verbüßt sind, herausgerechnet. Das Urteil bezeichnete Kring als "milde".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: