Süddeutsche Zeitung

Tag der Arbeit:FMG-Betriebsrat kritisiert Lohnniveau

Bei der Maikundgebung in Freising fordert Gewerkschafter Ralf Krüger außerdem eine offene Diskussion über die dritte Startbahn in den Betrieben.

Von Johann Kirchberger, Freising

Als "Leuchtturm in unserem Alltag" bezeichnete Freisings Sozialreferentin Waldtraud Heinlein-Zischgl den 1. Mai, der heuer unter dem Motto "Zeit für mehr Solidarität" stand. DGB-Kreisvorsitzender Guido Hoyer forderte bei der Mai-Kundgebung im Lindenkeller Solidarität auch für Flüchtlinge, stellvertretende Landrätin Birgit Mooser-Niefanger lobte das Engagement im Landkreis für die Menschen, die aus Kriegs- und Krisenregionen gekommen sind und FMG-Betriebsrat Ralf Krüger trat für eine gerechtere Verteilung des Reichtums im Land ein. Es müsse Schluss damit sein, forderte er, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer würden, was die 80 anwesenden Gewerkschafter mit Beifall bedachten.

Die Flüchtlingssituation sei nicht einfach, sagte Hoyer. Das Unbehagen vieler Menschen werde durch unhaltbare Gerüchte immer wieder angeheizt. Etwa, dass Flüchtlinge Schuld seien, wenn keine Mindestlöhne bezahlt würden, oder Flüchtlinge dafür verantwortlich seien, dass bezahlbare Wohnungen fehlten. "Die gab es schon vorher nicht", sagte er. Solidarität sei auch in der "unsäglichen Debatte über die Rente mit 70" gefragt, so Hoyer. Wer solchen Blödsinn erzähle, wie Finanzminister Schäuble, dem könne er nur raten "selbst sofort in Rente zu gehen".

Die Warnstreiks im Öffentlichen Dienst nannte Hoyer einen vollen Erfolg, sie hätten geholfen, Nullrunden zu verhindern. Mit Sorge betrachte er jedoch, dass es in immer mehr Betrieben keine Betriebsräte mehr gebe und das Mitbestimmungsrecht verwässert werde. Wer mit dem Gedanken spiele, AfD zu wählen, so Hoyer, dem könne er nur raten, sich einmal das Programm dieser Partei anzusehen, die von der "links-rot-grünen Verseuchung" rede.

An den Hauptredner, FMG-Betriebsrat Ralf Krüger, gewandt, sagte Hoyer, er dürfe über alles reden, nur nicht über die dritte Startbahn. Auch Mooser-Niefanger bekräftigte die ablehnende Haltung im Landkreis, "wir brauchen keine dritte Startbahn und wir wollen keine", sagte sie. Krüger hielt sich allerdings nur teilweise an die Empfehlung. Er könne alle Argumente für und gegen die Bahn verstehen, sagte er. Das sei keine Frage, die leicht zu entscheiden sei. Aber es gelte auch zu entscheiden, was wichtiger sei, künftige Rekordgewinne oder der soziale Frieden im Betrieb.

Den Arbeitnehmern würde Lohnverzicht empfohlen, die Manager gewährten sich unverhältnismäßig hohe Gehaltssteigerungen. Die Lebenswirklichkeit sei, dass die Armen die Reichen finanzierten, "das schlägt durch bis auf die dritte Startbahn". Und es stelle sich die Frage, ob man einem Unternehmen erlaube, das Umland immer noch stärker zu belasten. Krüger forderte eine offene Diskussion darüber in den Betrieben: "Die findet bisher nicht statt."

Die dritte Startbahn solle angeblich 30000 neue Arbeitsplätze schaffen, sagte Krüger, durchschnittlich würden 1800 Euro brutto bezahlt, wie Stellenanzeigen zu entnehmen sei. "Und damit kommen diese Leute dann auf den Freisinger Wohnungsmarkt, wo eine normale, kleine Wohnung unter 1000 Euro wie ein Lottogewinn ist." Hier müsse dringend umgesteuert werden.

Am Flughafen, sagte Krüger, sei die Lufthansa deutlich schlimmer unterwegs als FMG und Aeroground. Lufthansa-Chef Carsten Spohr trete unentwegt für niedrigere Personalkosten ein. Die Sozialschwachen sollten die Gürtel immer enger schnallen, die Arbeitnehmer sollten Maß halten bei den Tarifverhandlungen, schimpfte Krüger, so stelle sich Spohr das vor. Was die dritte Startbahn angehe, sei es aber momentan sehr ruhig. Vermutlich, "weil Seehofer sich draufgesetzt hat und keine Anstalten macht, sich zu bewegen".

Krüger prangerte auch an, dass weltweit 62 Familien so viel besitzen, wie der Rest der Menschheit. Dabei habe Reichtum nichts mit Arbeitsleistung zu tun, sagte Krüger, mit der Armut sei dies nicht anders. Kein gutes Haar ließ Krüger in diesem Zusammenhang an der Steuerpolitik. In Bayern etwa fehlten massenhaft Steuerprüfer, "die Steuerdiebe profitieren von schlampigen Kontrollen". So gehe die Schere zwischen Reichtum und Armut immer weiter auseinander. Die Armen hätten sogar ein kürzeres Leben, wie jetzt ermittelt worden sei. Und die Benachteiligungen gingen in allen Lebensbereichen weiter, "weil wir es nicht schaffen, Reichtum gerecht zu verteilen".

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SZ vom 02.05.2016/zim
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